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Barrierefrei online: Neue digitale Hilfen machen Behördengänge für Menschen mit Schwerbehinderung einfacher

Digitale Barrierefreiheit ist entscheidend für die Inklusion von Menschen mit Schwerbehinderung. In unserem Beitrag für „Bürger & Geld“, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e.V., erfahren Sie, wie digitale Behördengänge unkomplizierter und barrierefreie Apps sowie Assistenzlösungen das Leben Schwerbehinderter erleichtern können. Tipps, Trends und rechtliche Vorgaben warten darauf, entdeckt zu werden.

Die Digitalisierung bietet große Chancen, insbesondere für Menschen mit Schwerbehinderung. Digitale Behördengänge ermöglichen mehr Selbstständigkeit, barrierefreie Websites eröffnen neue Informationswege und spezielle Apps unterstützen im Alltag. Doch die digitale Gesellschaft ist noch längst nicht barrierefrei – und oft sind gerade öffentliche Stellen Nachzügler in Sachen Zugänglichkeit. Erfahren Sie, wie digitale Angebote verbessert werden könnten und welche digitalen Hilfsmittel heute schon neue Perspektiven eröffnen.

Digitale Barrierefreiheit: Rechtlicher Rahmen und aktuelle Herausforderungen

Nach deutschem Recht müssen digitale Verwaltungsangebote barrierefrei gestaltet werden. Das Bundesbehindertengleichstellungsgesetz (BGG, §10 und §12a), das Onlinezugangsgesetz (OZG, §7) sowie die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) verpflichten öffentliche Behörden dazu, ihre Websites, Portale und digitale Dokumente ohne Hürden zugänglich zu machen – für alle, unabhängig von Art und Ausmaß einer Behinderung.
Seit 2021 besteht diese Pflicht in ganz Deutschland, ab Juni 2025 müssen alle Websites und Apps auch privatwirtschaftlicher Akteure nach dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) barrierefrei sein. Doch die Realität offenbart Nachholbedarf: Prüfberichte zeigen, dass kaum eine staatliche Website komplett barrierefrei ist. Häufig fehlen das technische Know-how und die nötigen Ressourcen, was Betroffene massiv benachteiligt.

Wie gelingt digitale Barrierefreiheit im Behördenkontakt?

Barrierefreiheit in digitalen Behördengängen bedeutet weit mehr als nur einen präsenten Antrag im Internet.

  • Barrierefreie Antragsportale müssen klar, einfach und in Leichter Sprache strukturiert sein – ergänzt durch deutsche Gebärdensprache, Vorlesefunktionen und kontrastreiche Darstellung.
  • Formulare und Bescheide sollten großschriftlich, maschinenlesbar (z.B. barrierefreies PDF, PDF/UA-Standard) sowie für Screenreader optimiert angeboten werden.
  • Digitale Verwaltungsleistungen benötigen einen Mehrsinne-Ansatz: Informationen sollen sowohl schriftlich, visuell als auch auditiv bereitstehen – etwa mittels Videos mit Untertiteln oder Gebärdensprach-Dolmetscher.
  • Relevante Behördenkontakte müssen alternativ auch per E-Mail, Videochat oder Telefon erreichbar sein – und zwar barrierefrei.
  • Die Möglichkeit, Anliegen mündlich (etwa per Telefon) oder digital (per E-Mail, Online-Formular) ebenso rechtssicher wie schriftlich einzureichen, kann Barrieren abbauen.
    Die Einhaltung dieser Anforderungen wird in regelmäßigen Stichproben überprüft. Mängel müssen behoben werden; Betroffene haben Anspruch auf barrierefreie Ausführungen aller Verwaltungsdokumente und -leistungen.

Erfolgreiche Beispiele und praktische Tipps für barrierefreie Webseiten

Effiziente digitale Inklusion gelingt, wenn

  • Textalternativen zu Bildern und Videos vorhanden sind (für Screenreader)
  • klare, einfache Sprache die Navigation bestimmt
  • Tastaturbedienung vollständig unterstützt wird (wichtig für motorisch Eingeschränkte)
  • responsives Design eine Nutzung auf allen Endgeräten ermöglicht und sich die Darstellung individuell skalieren lässt (z.B. für Sehbehinderte)
  • alle Formulare und Dokumente mit assistiven Technologien kompatibel sind und eine Erklärung zur Barrierefreiheit veröffentlicht wird
    Die internationale Norm DIN EN 301 549 sowie die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) geben hierzu den technischen Rahmen.

Digitale Hilfsmittel-Apps: Innovationen für mehr Teilhabe

Digitale Hilfsmittel haben das Leben von Menschen mit Schwerbehinderung revolutioniert.

  • Kommunikationshilfen wie die App „Be My Eyes“ vernetzen blinde und sehbehinderte Nutzer mittels Live-Video mit sehenden Freiwilligen, die bei Alltagsproblemen helfen.
  • Sprachsynthese-Apps, augmentative und alternative Kommunikationssysteme (AAC), bieten Menschen mit Sprachbehinderung die Möglichkeit zur eigenständigen Kommunikation.
  • Wheelmap ist eine App, die rollstuhlgerechte Orte in der Nähe anzeigt und so Mobilität und Teilhabe fördert13.
  • Navigationshilfen und Routenplaner mit Fokus auf barrierefreie Wege erleichtern die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und Orientierung im öffentlichen Raum.
  • Digitale Assistenzsysteme wie videogestützte Dienste ermöglichen spontane Hilfestellungen und unterstützen so autonomes Wohnen und Arbeiten.
    Der Einsatz solcher Lösungen kann insbesondere für Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung, Autismus oder Lernschwierigkeiten neue Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten schaffen.

Digitale Assistenz: Neue Freiheiten im Alltag und Beruf

Die Digitalisierung ermöglicht es, Assistenzleistungen flexibel und ortsunabhängig zu erhalten. Videobasierte Assistenzdienste erlauben spontane Unterstützung, zum Beispiel beim Einkaufen, im Haushalt oder beim Ausfüllen von Online-Anträgen. Intelligente Assistenzsysteme unterstützen auch im Berufsleben, indem sie Arbeitsplatzanpassungen ermöglichen, Aufgaben strukturieren oder direkt Anleitungen für Arbeitsvorgänge geben.

Fazit: Digitalisierung als Chance für mehr Teilhabe

Der Weg zur inklusiven digitalen Gesellschaft hat begonnen, doch erst eine gelebte digitale Barrierefreiheit erfüllt das Recht auf gleichberechtigte Teilhabe. Die technische Umsetzung ist machbar – es braucht jedoch den festen Willen, auch in der öffentlichen Verwaltung, die Standards durchzusetzen und die Nutzerperspektive konsequent einzubinden. Digitale Hilfsmittel und barrierefreie Verwaltungsportale sollten in allen Lebensbereichen selbstverständlich werden. Davon profitieren nicht nur Menschen mit Schwerbehinderung, sondern die gesamte Gesellschaft.

Der Verein Für soziales Leben e.V. fordert: Nur gemeinsam schaffen wir ein digitales Deutschland ohne Barrieren – für mehr Selbstbestimmung, Unabhängigkeit und soziale Teilhabe.

Redakteure

  • Peter Kosick

    Jurist und Redakteur

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen. Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein. Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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  • ik

    Sozialrechtsexperte und Redakteur

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an. Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen. Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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