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Abfindung nach Kündigung: Wie viel Geld steht mir wirklich zu?

Eine Kündigung wirft viele Fragen rund um die Abfindung auf: Bekomme ich überhaupt eine Abfindung – und wie hoch fällt sie aus? Der Anspruch und die Höhe der Abfindung hängen von verschiedenen Faktoren ab, darunter das Kündigungsmodell, die Verhandlungssituation und die Betriebszugehörigkeit. Alle Einzelheiten erklären wir hier in nachfolgendem Artikel auf Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e.V.!

Wann steht mir eine Abfindung bei Kündigung zu?

Grundsätzlich gilt: Es gibt in Deutschland keinen automatischen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung. Eine Abfindung wird meist im Rahmen von Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer angeboten, etwa um einen Kündigungsschutzprozess zu vermeiden oder das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zu beenden. Sie kann außerdem über Sozialpläne, Tarifverträge oder individuelle Arbeitsverträge geregelt sein.

Gesetzlicher Anspruch: § 1a KSchG

Ein rechtlich gesicherter Anspruch besteht nach § 1a Kündigungsschutzgesetz (KSchG) bei einer betriebsbedingten Kündigung:

  • Der Arbeitgeber muss im Kündigungsschreiben auf einen Abfindungsanspruch hinweisen, falls auf eine Kündigungsschutzklage verzichtet wird.
  • In diesem Fall erhält der Arbeitnehmer für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit ein halbes Bruttomonatsgehalt als Abfindung.

Wann wird eine Abfindung gezahlt?

Abfindungen werden häufig gezahlt, wenn:

  • Der Arbeitnehmer im Rahmen eines Aufhebungsvertrags gemäß gegenseitiger Einigung ausscheidet.
  • Die Kündigung sozial ungerechtfertigt ist, aber eine außergerichtliche Einigung erzielt werden soll.
  • Im Ablauf eines Kündigungsschutzprozesses ein Vergleich geschlossen wird und der Arbeitgeber eine Abfindung zahlt, um das Prozessrisiko auszugleichen.
  • Ein Sozialplan im Unternehmen eine Abfindung vorsieht.

Wie berechnet sich die Höhe der Abfindung?

Eine weit verbreitete Faustformel lautet:

Abfindung = 0,5 × Jahre der Betriebszugehörigkeit × Bruttomonatsgehalt

Diese Formel ergibt sich aus § 1a KSchG und dient als Orientierung in Verhandlungen und gerichtlichen Verfahren.

Beispiele zur Abfindung

  • Fünf Jahre Betriebszugehörigkeit, 3.000 € Bruttomonatsgehalt: Abfindung ca. 7.500 €.
  • Zehn Jahre Betriebszugehörigkeit, 4.000 € Bruttomonatsgehalt: Abfindung ca. 20.000 €.
    Höhere Abfindungen sind in der Praxis möglich, insbesondere bei langjähriger Betriebszugehörigkeit oder besonderen Kündigungsschutzrechten.

Sonderfall: Aufrunden

Bei Kündigung mitten im Jahr kann ab 6 Monaten Beschäftigung auf ein volles Jahr aufgerundet werden – das erhöht die Höhe der Abfindung in vielen Fällen.

Steuerliche Betrachtung

Abfindungen zählen als Einkommen und unterliegen der Steuerpflicht, allerdings gibt es steuerliche Vergünstigungen, die sogenannte „Fünftelregelung“ (§ 34 EStG). Damit reduziert sich die Steuerlast auf die Abfindung deutlich. Eine professionelle Steuerberatung lohnt sich häufig.

Verhandlungsspielraum und Einflussfaktoren

Die konkrete Abfindungshöhe ist in der Praxis ein Verhandlungsergebnis. Einflussfaktoren sind:

  • Verhandlungsgeschick
  • Prozessrisiko für den Arbeitgeber
  • Besonderer Kündigungsschutz (Schwerbehinderung, Elternzeit, Betriebsrat)
  • Fehler in der Kündigung (formale oder materielle Fehler)
  • Dauer des Kündigungsschutzverfahrens

Wann kann ich eine Abfindung verlangen?

Du kannst eine Abfindung fordern:

  • Bei betriebsbedingter Kündigung mit Verzicht auf Kündigungsschutzklage (wenn der Arbeitgeber das im Kündigungsschreiben anbietet).
  • Wenn im Sozialplan, Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag Abfindungen geregelt sind.
  • Fast immer als Verhandlungsmasse im Aufhebungsvertrag.

Anrechnung der Abfindung auf das Bürgergeld

Eine Abfindung gilt als Einkommen, wenn sie während des laufenden Bezugs von Bürgergeld zufließt. Sie wird im Monat des Zuflusses angerechnet und ggf. auf bis zu sechs Monate verteilt, sofern der Anspruch bei einmaliger Berücksichtigung entfallen würde.

Erfolgt die Auszahlung vor dem Bürgergeldantrag, zählt sie als Vermögen – es gelten höhere Freibeträge, aktuell bis 15.000 € pro Person (bzw. 40.000 € in der Karenzzeit). Wird die Abfindung als Einkommen behandelt und übersteigt deren Betrag die Anrechnungsgrenzen, kann für die Dauer der Anrechnung kein Bürgergeld gezahlt werden.

Abfindung und Arbeitslosengeld – Anrechnung?

Beim Arbeitslosengeld wird die Abfindung nicht mit dem Leistungsbetrag verrechnet. Entscheidend ist aber, ob die gesetzliche Kündigungsfrist durch den Aufhebungsvertrag oder eine einvernehmliche Kündigung verkürzt wurde. Wird das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der regulären Kündigungsfrist beendet, kann eine Sperrzeit von bis zu zwölf Wochen oder ein Ruhen des Anspruchs bis zum Ablauf der Kündigungsfrist eintreten. Die Höhe des Arbeitslosengeldes bleibt grundsätzlich unverändert, lediglich der Zeitraum des Bezugs kann sich verschieben.

Fazit: Abfindung bei Kündigung – wann habe ich Anspruch?

Eine Abfindung steht bei Kündigung nicht automatisch zu, sondern muss individuell verhandelt oder durch gesetzliche Vorgaben (besonders bei betriebsbedingter Kündigung nach § 1a KSchG) erwirkt werden. Die Höhe orientiert sich meist am halben Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr, kann in besonderen Fällen aber auch deutlich höher liegen.

Redakteure

  • ik

    Sozialrechtsexperte und Redakteur

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an. Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen. Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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  • Peter Kosick
    Experte:

    Jurist und Redakteur

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen. Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein. Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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