Warum reicht die Rente oft nicht fürs Pflegeheim?
Die reinen Kosten für einen Heimplatz liegen in Deutschland 2025 je nach Region und Einrichtung zwischen 2.500 und über 4.000 Euro pro Monat. Selbst mit einer guten gesetzlichen oder privaten Rente sind die monatlichen Eigenanteile für Unterkunft, Verpflegung und Pflege oft nicht zu stemmen:
- Durchschnittliche Altersrente 2025: Rund 1.100 bis 1.400 € brutto
- Pflegeheimkosten: Im Schnitt 2.500 – 4.000 €
- Typischer Eigenanteil trotz Pflegeversicherung: 2.000 € und mehr
Wer zahlt, wenn das Geld nicht mehr reicht?
- Eigene Mittel ausschöpfen:
Die betroffene Person muss bis auf ein gesetzliches Schonvermögen ihr Erspartes und ggf. Wohneigentum für die Pflegeheimkosten einsetzen. Auch das Einkommen und Vermögen eines im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehepartners oder Lebenspartners wird herangezogen. - Pflegeversicherung:
Die Versicherung zahlt je nach Pflegegrad Zuschüsse, die aber häufig nur einen Teil des Eigenanteils abdecken. - Sozialamt („Hilfe zur Pflege“):
Reichen Rente, Pflegekassen-Zuschlag und eigenes Vermögen nicht aus, springt unmittelbar das Sozialamt ein. Es übernimmt die ungedeckten Heimkosten mit der speziellen Leistung „Hilfe zur Pflege“ nach SGB XII. - Familienangehörige:
Das Sozialamt prüft: Gibt es unterhaltspflichtige Kinder? Haben sie ein Jahreseinkommen über 100.000 €? Falls ja, werden sie ggf. zur Kasse gebeten (sog. Elternunterhalt).
Kinder haften nur ab 100.000 Euro Jahreseinkommen
Seit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz (2020) sind erwachsene Kinder für Pflegekosten ihrer Eltern nur verpflichtet, wenn ihr eigenes Jahresbruttoeinkommen 100.000 Euro oder mehr beträgt.
Was zählt zum maßgeblichen Jahreseinkommen?
- Bruttoarbeitslohn/-gehalt (vor Steuern)
- Gewinne aus selbstständiger Arbeit
- Einkünfte aus Kapitalvermögen
- Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
Nicht berücksichtigt wird privates Vermögen, etwa Immobilien oder Wertpapiere. Auch das Einkommen des Ehepartners der Tochter/des Sohnes zählt nicht mit.
Beispiele zur Veranschaulichung
| Kind (ledig/verheiratet) | Bruttojahreseinkommen | Elternunterhalt fällig? |
|---|---|---|
| Sohn: Angestellter, 90.000 € | 90.000 € | Nein |
| Tochter: Unternehmerin, 110.000 € | 110.000 € | Ja, anteilig |
| Sohn: 70.000 € + Partnerin 70.000 € | 70.000 € (Kind zählt allein) | Nein |
Wie viel müssen Kinder zahlen?
Liegt das Einkommen über dieser Schwelle, wird im Einzelfall der sogenannte Elternunterhalt nach den Leitlinien (z. B. Düsseldorfer Tabelle) berechnet. Dabei werden auch eigene Verpflichtungen, wie Unterhalt für eigene Kinder, anerkannt, das Einkommen wird also gemindert.
Was, wenn es mehrere Kinder gibt?
Die Unterhaltspflicht wird auf alle Kinder mit mehr als 100.000 € Einkommen verteilt. Kinder mit weniger Einkommen sind aus der Haftung raus. Es wird anteilig nach Einkommen berechnet – Geschwister, die weniger oder gar nichts verdienen, müssen nicht „einspringen“.
Müssen auch Geschwister zahlen?
Klare Antwort: Nein.
Nur Kinder (bzw. ihre eigenen Kinder für die Eltern) sind nach § 1601 BGB unterhaltspflichtig. Geschwister (Bruder, Schwester) sind weder für Eltern noch für einander beim Sozialamt in der Pflicht – auch nicht, wenn sie wohlhabend sind.
Geschiedene Ehepartner?
Sind ehemals verheiratete Personen betroffen, kann das Sozialamt ggf. auch Ex-Partner bei ausreichendem Einkommen zur Kasse bitten, solange entsprechende gesetzliche Verpflichtungen existieren.
Welche Rolle spielt das Sozialamt?
Reicht das gesamte eigene Einkommen und das der Ehepartner/Lebenspartner nicht für die Pflegeheimkosten, springt das Sozialamt ein („Hilfe zur Pflege“). Es zahlt direkt ans Pflegeheim – alle anderen Möglichkeiten werden nur geprüft, sofern das Kind das Mindesteinkommen überschreitet.
- Das Sozialamt prüft vorab Erspartes und Vermögen.
- Bestimmtes Vermögen bleibt verschont: z.B. eine Rücklage (Schonvermögen) bis zu 10.000 € pro Person.
- Für Angehörige in Pflege (Ehepartner) gelten großzügigere Schonvermögensgrenzen.
Vermögen: Was bleibt unangetastet?
Nicht alles muss verwertet werden. Das sog. Schonvermögen bleibt erhalten. Dazu gehören:
- Ein angemessenes Sparguthaben (mind. 10.000 € pro Person, oft höhere Freibeträge)
- Eigentumswohnung, wenn ein Ehepartner noch darin wohnt
- Zweckgebundene Beträge für Bestattung und Grabpflege
Zusätzlich werden persönliche Gegenstände, Hausrat und kleine Vermögensanlagen grundsätzlich geschützt.
Können auch Enkel oder andere Verwandte zur Kasse gebeten werden?
Nur Pflichtigen der geraden Linie (§ 1601 BGB) – also Eltern gegenüber Kindern und Kinder gegenüber Eltern sind unterhaltspflichtig.
Enkel, Nichten, Neffen, Geschwister, Onkel und Tanten sind vollständig von der Unterhaltspflicht für Heimplätze ausgeschlossen.
Praxisbeispiel: Wenn die Rente nicht reicht
Frau Schmitz (78):
- Rente: 1.320 €/Monat
- Pflegeheim: 3.400 €/Monat
- Pflegegrad 4: Pflegekasse zahlt 1.330 €/Monat
- Eigenanteil: 3.400 € – 1.320 € (Rente) – 1.330 € (Pflegekasse) = 750 €/Monat fehlen
Ihr Sohn:
- Einkommen: 80.000 €/Jahr
- Sozialamt übernimmt Differenz, Sohn muss NICHT zahlen
Ihr Bruder:
- Einkommen: 100.000 €/Jahr
- Muss NICHT zahlen, weil Geschwister ausgeschlossen sind
Ihre Tochter:
- Einkommen: 110.000 €/Jahr
- Einkommen über 100.000 € → Das Sozialamt berechnet, ob und wie viel Unterhalt sie zahlen kann; eigene Kinder, Belastungen werden abgezogen.
Was tun, wenn das Sozialamt beteiligt werden muss?
- Antrag auf „Hilfe zur Pflege“ beim Sozialamt stellen
- Nachweise zu Einkommen, Rente, Pflegekassen-Leistung und Vermögen vorbereiten
- Sozialamt prüft, setzt ggf. Rückforderungen an Kinder mit hohem Einkommen um (Elternunterhalt)
- Kinder mit Einkommen unter 100.000 €: Keine Nachzahlung oder Unterhaltsforderung zu befürchten
Steuerliche Aspekte
Wer für Eltern Unterhalt zahlt, kann diese Leistungen steuerlich als „außergewöhnliche Belastungen“ absetzen. Pflegekosten, die für Angehörige übernommen werden, zählen als Unterhaltsleistungen. Selbst gepflegt? Dann gibt es 2025 den Pflegepauschbetrag:
- Pflegegrad 2: 600 €
- Pflegegrad 3: 1.100 €
- Pflegegrad 4/5: 1.800 €
Welche Ansprüche können noch helfen?
- Wohngeld für Heimbewohner: Unter bestimmten Voraussetzungen ist auch im Pflegeheim ein Wohngeldanspruch möglich, solange keine „Hilfe zur Pflege“ bezogen wird.
- Pflegewohngeld: Einige Bundesländer vergeben zusätzliche Zuschüsse speziell für Heimplätze, informiere dich bei der Heimleitung, Beratungsstellen oder Landesbehörden.
Tipps und Checkliste für Betroffene
- Möglichst früh monatliche Heimkosten und eigenes Einkommen/Vermögen prüfen
- Frühzeitig Antrag beim Sozialamt stellen, wenn Lücke besteht
- Kinder mit Einkommen über 100.000 € frühzeitig informieren, damit sie keinen unangenehmen Brief vom Amt bekommen
- Keine Angst: Geschwister, Enkelkinder und entfernte Verwandte bleiben außen vor
- Steuerrechtliche Vorteile nutzen
- Beratungsstellen (Pflegestützpunkt, Verbraucherzentrale) aufsuchen, um Rechte zu kennen und gezielt prüfen zu lassen
Übersicht: Wer zahlt, wenn die Rente fürs Pflegeheim nicht reicht?
| Gruppe | Unterhaltspflicht? | Bedingungen |
|---|---|---|
| Kinder | Ja, aber erst ab 100.000 € | Nur eigenes Bruttoeinkommen |
| Geschwister | Nein | Nie |
| Ex-Partner | Möglich, wenn gesetzl. verwandt | Einzelfall |
| Enkelkinder | Nein | Nie |
| Sozialamt | Ja (letztlich für die Lücke) | Prüfung Vermögen/Einkommen |
Zusammenfassung: Rente reicht nicht fürs Pflegeheim
Reicht die eigene Rente für den Pflegeheimaufenthalt nicht, hilft in Deutschland ein gesetzlich klar geregeltes System: Zuerst springt das Sozialamt ein, nur leistungsstarke Kinder mit mindestens 100.000 Euro Jahresbruttoeinkommen werden beteiligt. Geschwister, Enkel oder weiter entfernte Angehörige sind immer ausgenommen. Damit bleibt auch bei steigenden Kosten die Existenz gesichert – und es gibt Schutz für Familien mit durchschnittlichem Einkommen.


