Viele Deutsche zahlen längst mehr für ihre private Krankenversicherung, als sie jemals gedacht hätten. Besonders Rentner und Selbstständige mit moderatem Einkommen erleben zum Jahreswechsel ein böses Erwachen: Erneut ziehen viele private Krankenversicherungen (PKV) ihre Beiträge kräftig an. Experten sprechen von einem „unhaltbaren Zustand“ – und von einer Kostenfalle, die sich im Alter schleichend schließt.
Beitragsschock zum Jahreswechsel
Zum 1. Januar erhöhen mehrere große Versicherer ihre Tarife – teils um 8 bis 12 Prozent. Betroffen sind Millionen Versicherte, die in jungen Jahren mit attraktiven Einsteigerbeiträgen gelockt wurden. Doch mit zunehmendem Alter steigen die Kosten oft sprunghaft.
Ein Beispiel: Wer mit 40 Jahren in die PKV gewechselt ist und damals rund 350 Euro im Monat zahlte, liegt mit 70 Jahren häufig bei 800 Euro oder mehr. Dazu kommen steigende Zuzahlungen, Selbstbehalte und Zusatzkosten für Medikamente oder Brillen. Für viele Rentner bedeutet das: Ein immer größerer Teil ihrer Rente fließt in die Krankenversicherung.
Die Ursache: teure Medizin und sinkende Zinsen
Der Hauptgrund für die Beitragserhöhungen liegt nicht nur bei den Versicherern selbst. Medizinische Leistungen werden teurer, die Lebenserwartung steigt – und die langanhaltende Niedrigzinsphase hat die Rücklagen der Kassen angegriffen.
PKV-Unternehmen sind verpflichtet, Teile der Beiträge als Altersrückstellungen anzulegen, um künftige Kosten abzufedern. Doch je geringer die Verzinsung, desto langsamer wachsen diese Rücklagen – und desto höher müssen die laufenden Beiträge angesetzt werden.
Anders gesagt: Die Zinsen von gestern schützen die Rentner von heute nicht mehr ausreichend.
Für Selbstständige besonders bitter
Besonders hart trifft es Selbstständige mit unregelmäßigem oder geringem Einkommen. Wer in guten Jahren hohe Umsätze hatte, konnte sich eine private Police leisten – doch wenn die Auftragslage später schwächelt, wird die PKV schnell unbezahlbar.
Während Angestellte im Ernstfall in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zurückkehren können, wenn sie wieder unter die Jahresarbeitsentgeltgrenze fallen, bleibt Selbstständigen diese Tür in der Regel verschlossen.
Bei vielen führt das dazu, dass sie im Ruhestand ihre Police nur noch mit Hilfe von Zusatzrenten, Ersparnissen oder gar Krediten finanzieren. Einige lassen sich auf Notlagentarife herabstufen – ein drastischer Schritt, der jedoch den Leistungsumfang massiv einschränkt.
Warum ein Wechsel zurück so schwierig ist
Ein weit verbreiteter Irrtum lautet: „Dann gehe ich einfach später wieder in die gesetzliche Kasse.“ Doch dieser Plan scheitert in den allermeisten Fällen.
Denn für den Wechsel in die GKV gelten strenge Vorgaben. Wer älter als 55 Jahre ist, hat praktisch keine Chance mehr auf Rückkehr. Nur in Ausnahmefällen – etwa bei einer neuen abhängigen Beschäftigung unter der Versicherungspflichtgrenze – wäre es noch denkbar.
Selbst ein freiwilliger Beitritt zur GKV ist nahezu ausgeschlossen, wenn mehr als die Hälfte des Erwerbslebens in der PKV verbracht wurde. Das betrifft vor allem ältere Selbstständige und Freiberufler, die sich in jungen Jahren bewusst privat versichert haben.
Senioren in der PKV – gefangen im System
Für viele Rentner entsteht so eine paradoxe Situation: Sie haben ihr Leben lang vorgesorgt, stehen im Alter aber mit hohen Fixkosten da, die sie nicht mehr steuern können.
Während gesetzlich Versicherte Rentner mit nur 15,9 Prozent Beitragssatz (auf die Rente und Betriebsrenten) auskommen, müssen Privatversicherte mit individuellen Beiträgen leben – egal, wie hoch oder niedrig ihre Rente ist.
Hinzu kommen oft hohe Selbstbehalte: Wer 1.000 oder 1.200 Euro im Jahr erst selbst zahlen muss, bevor Leistungen greifen, sieht sich schnell finanziell überfordert.
Experten raten: Früh planen, bevor es zu spät ist
Versicherungsexperten empfehlen daher, spätestens ab 50 Jahren die eigene Situation kritisch zu prüfen. Wer eine Beitragsentwicklung nicht mehr stemmen kann, sollte frühzeitig handeln – etwa durch Tarifoptimierung innerhalb der eigenen PKV. Einige spezialisierte Versicherungsberater helfen dabei, günstigere Tarife mit gleichen Leistungen zu finden.
Auch der Wechsel in den Basistarif kann eine Option sein, wenn gar nichts mehr geht. Er entspricht in etwa dem Leistungsniveau der gesetzlichen Kasse, ist aber immer noch teuer – durchschnittlich rund 750 Euro im Monat für ältere Versicherte.
Eine komplette Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung ist nur bei besonderen Lebensänderungen möglich – etwa durch eine abhängige Beschäftigung mit geringem Einkommen oder durch Familienversicherung über den Ehepartner. Doch diese Wege sind selten und oft mit erheblichen Nachteilen verbunden.
Reformdruck wächst
Angesichts der immer höheren Altersbeiträge wächst der politische Druck. Verbraucherschützer fordern seit Jahren, den Wechsel zurück in die gesetzliche Kasse zu erleichtern oder zumindest für Rentner mit geringem Einkommen zusätzliche Entlastungen zu schaffen.
Bislang sind die Hürden jedoch hoch, denn das duale System aus PKV und GKV gilt in Deutschland als politisch sensibel. Leistungsunterschiede, Beamtenprivilegien und die Interessen privater Versicherungsunternehmen blockieren tiefgreifende Reformen.
Für die Betroffenen heißt das: Sie müssen selbst aktiv werden, um steigende Beiträge abzufangen. Vorsorge, Rücklagen und eine frühzeitige Tarifkontrolle sind heute wichtiger denn je.


