In Deutschland steht das Thema Altersvorsorge seit Jahren im Fokus der öffentlichen Diskussion. Die Entwicklung zeigt klar: Immer mehr Menschen müssen feststellen, dass die gesetzliche Rente im Alter nicht ausreicht, um den gewohnten Lebensstandard zu halten – oder gar das Existenzminimum zu sichern. Die Prognosen für die kommenden Jahre sind ebenfalls alles andere als rosig. In unserem Artikel auf Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e. V., informieren wir Sie über die Hintergründe und Gefahren der Entwicklung des Rentenniveaus.
Die Faktenlage: Immer mehr Rentnerinnen und Rentner armutsgefährdet
Die Zahl der von Armut bedrohten Menschen im Rentenalter ist in den vergangenen Jahren dramatisch gestiegen. Im Jahr 2024 galten rund 3,5 Mio. Menschen über 65 als armutsgefährdet. 2010 betrug dieser Anteil noch knapp 11%, die Entwicklung ist also rasant negativ.
Armutsgefährdet ist, wer weniger als 60% des mittleren Nettoeinkommens zur Verfügung hat. Für Alleinstehende lag diese Schwelle 2025 bei 1.314 € netto pro Monat. Über die Hälfte aller Rentnerinnen und Rentner in Deutschland erhält weniger als diese Summe.
Ursachen: Demografie, Niedriglöhne, Unterbrechungen im Erwerbsleben
Das deutsche Rentensystem basiert hauptsächlich auf dem sogenannten Umlageverfahren – die heutige Generation der Berufstätigen finanziert mit ihren Beiträgen die aktuellen Rentenbezieher. Aufgrund des demografischen Wandels (immer mehr ältere Menschen stehen immer weniger Beitragszahlern gegenüber) steigt der Druck enorm. Die Geburtenrate bleibt niedrig, gleichzeitig leben die Menschen immer länger und beziehen somit länger Rente.
Besonders betroffen von Altersarmut sind Frauen, Langzeitarbeitslose und Beschäftigte mit durchgängig niedrigem Stundenlohn. Viele Frauen haben Lücken im Erwerbsverlauf durch Kindererziehung oder Pflege, Geringverdienende können keine ausreichende Rente ansparen; selbst nach 45 Arbeitsjahren fällt die Rente oft unter das Existenzminimum.
Entwicklung und Reformen: Warum reichen Rente und Vorsorge immer seltener?
Trotz politischer Maßnahmen wie der Einführung von Riester- oder Rürup-Renten konnte das Grundproblem nicht gelöst werden. Anfang der 2000er wurde die private und betriebliche Altersvorsorge als zweite und dritte Säule neben der gesetzlichen Rente politisch gestärkt, aber besonders Geringverdienende können sich häufig keine ausreichende zusätzliche Vorsorge leisten.
Gleichzeitig stagniert das Rentenniveau – das Verhältnis von Rentenhöhe zum vorherigen Einkommen – seit Jahren und droht weiter zu sinken. Die Anhebung des Renteneintrittsalters sorgt zusätzlich dafür, dass manche Menschen entweder sehr lange arbeiten müssen oder Abschläge bei vorzeitigem Renteneintritt akzeptieren müssen. Besonders für Berufsgruppen mit hohen körperlichen Anforderungen oder gesundheitlichen Problemen ist die Verlängerung des Arbeitslebens kaum realistisch.
Die Folgen: Rekordzahlen bei Grundsicherung und wachsender Handlungsdruck
Immer mehr Rentner sind gezwungen, Grundsicherung im Alter zu beantragen. Im März 2025 lag diese Zahl bei 742.000 Personen – ein historischer Höchststand, mit einem Zuwachs von 178.000 Betroffenen allein in den letzten fünf Jahren. Die Grundsicherung soll das Existenzminimum sichern, reicht aber oft nur knapp dafür.
Zukunftsausblick: Altersarmut nimmt weiter zu
Verschiedene Studien prognostizieren eine verschärfte Altersarmut in den kommenden Jahrzehnten. Die Quote der Älteren könnte in den 2030er Jahren sogar über 20% steigen, in manchen Regionen sogar noch darüber.
Handlungsempfehlungen und Lösungsansätze
- Stabilisierung des Rentenniveaus statt weiterer Absenkungen,
- Erweiterung der Beitragszahlerbasis (z. B. Einbeziehung von Selbstständigen und Beamten in die gesetzliche Rente),
- Förderung betrieblicher und privater Vorsorge, gezielt auch für Geringverdiener,
- Vermeidung von Erwerbsunterbrechungen und Förderung gleichberechtigter Arbeitsmarktchancen für Frauen,
- Bessere Arbeitsbedingungen für ältere Arbeitnehmer.
Die Rente der Zukunft steht vor massiven Herausforderungen. Wer nicht früh und umfassend privat vorsorgt, wird immer häufiger erleben, dass die gesetzliche Rente alleine nicht genug für ein würdevolles Leben im Alter bietet. Die Politik steht unter Zugzwang, nachhaltige Lösungen zu entwickeln, damit Altersarmut nicht zur gesellschaftlichen Normalität wird.