Wenn ein geliebter Mensch stirbt, bleibt oft nicht nur die Trauer. Auch finanzielle Sorgen kommen hinzu – besonders, wenn das Einkommen des Verstorbenen wegfällt. In solchen Fällen springt die Hinterbliebenenrente, landläufig bekannt als Witwenrente, ein. Doch ihr Anspruch ist an klare, teils überraschende Bedingungen geknüpft – und längst nicht jeder Verwitwete kann auf Unterstützung hoffen.
Was viele nicht wissen: Die Witwenrente gilt auch für Männer
Früher dachten viele: Witwenrente – das bekommen nur Frauen. Doch das stimmt längst nicht mehr. Das deutsche Rentenrecht unterscheidet heute nicht mehr zwischen Geschlechtern. Auch verwitwete Ehemänner sowie Partnerinnen und Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft können Hinterbliebenenrente beantragen.
Voraussetzung ist jedoch stets: Der oder die Verstorbene muss gesetzlich rentenversichert gewesen sein – also etwa Beiträge in die Deutsche Rentenversicherung eingezahlt haben.
Die zwei Arten der Hinterbliebenenrente
Grundsätzlich unterscheidet die Rentenversicherung zwei Arten:
- Kleine Witwen- oder Witwerrente
Sie beträgt 25 Prozent der Rente, auf die der Verstorbene Anspruch hatte.
Diese Leistung wird maximal zwei Jahre lang gezahlt – sie ist also als Übergang gedacht, bis die Hinterbliebenen sich finanziell neu orientieren können. - Große Witwen- oder Witwerrente
Hier gibt es 55 Prozent (in alten Fällen sogar 60 Prozent) der Rente des Verstorbenen – und das lebenslang, sofern bestimmte Bedingungen erfüllt sind.
Wann bekommt man die große statt der kleinen Rente? Entscheidend ist die persönliche Lebenssituation des Hinterbliebenen.
Voraussetzungen für die große Witwenrente
Die Deutsche Rentenversicherung prüft vor allem vier Punkte:
- Der Hinterbliebene ist mindestens 47 Jahre alt (Stand 2025; die Altersgrenze wurde schrittweise angehoben).
- Es wird ein eigenes Kind erzogen oder ein behindertes Kind betreut.
- Der Hinterbliebene ist erwerbsgemindert – also gesundheitlich nicht in der Lage, regulär zu arbeiten.
- Die Ehe oder Lebenspartnerschaft bestand mindestens ein Jahr, bevor der Partner verstorben ist.
Dieses sogenannte „Ein-Jahres-Kriterium“ soll Missbrauch – etwa durch Scheinehen – verhindern. Stirbt ein Partner innerhalb des ersten Ehejahres, wird genau geprüft, ob es sich um eine dauerhafte Lebensgemeinschaft handelte. Nur wenn das glaubhaft gemacht werden kann, fließt Rentenleistung.
So berechnet sich die Hinterbliebenenrente
Die Deutsche Rentenversicherung orientiert sich bei der Berechnung an der Entgeltpunktezahl, die der Verstorbene zu Lebzeiten erworben hat. Diese Punkte spiegeln das Verhältnis des eigenen Einkommens zum bundesweiten Durchschnittseinkommen wider.
Ein Beispiel:
Wurde der Ehepartner bereits Rentner und bezog etwa 1.500 Euro monatlich, würde die große Witwenrente etwa 825 Euro betragen (55 Prozent).
Bei der kleinen Witwenrente wären es hingegen nur rund 375 Euro – für maximal zwei Jahre.
Doch Vorsicht: Das eigene Einkommen des Hinterbliebenen spielt eine entscheidende Rolle. Es kann angerechnet werden und damit die Rentenzahlung mindern oder gar zum Wegfall führen.
Einkommensanrechnung – die versteckte Falle
Viele Verwitwete sind erstaunt, wenn sie weniger Rente bekommen als erwartet. Grund ist die sogenannte Einkommensanrechnung nach §97 SGB VI. Hierbei wird geprüft, ob der oder die Hinterbliebene eigene Einkünfte hat – etwa aus Arbeit, Vermietung oder anderen Renten.
Es gilt ein Freibetrag von monatlich 992,64 Euro (West) bzw. 967,35 Euro (Ost).
Was darüber hinausgeht, wird zur Hälfte auf die Hinterbliebenenrente angerechnet. Gerade berufstätige Hinterbliebene oder Pensionäre erhalten dadurch oft deutlich weniger als gedacht.
Steuerpflicht und Krankenversicherung
Auch steuerlich kann die Witwenrente eine Rolle spielen. Zwar ist sie wie die normale Altersrente steuerpflichtig, jedoch mit dem sogenannten Rentenfreibetrag. Dadurch bleibt ein Teil der Zahlung steuerfrei – abhängig vom Jahr des Rentenbeginns.
Zudem unterliegen Bezieher der Hinterbliebenenrente meist der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung auf Rentnerbasis. Die Beiträge werden direkt einbehalten.
Besondere Regelungen nach altem und neuem Recht
Ein weiterer Punkt sorgt für Verwirrung: das unterschiedliche Rentenrecht.
Für Ehen, die vor 2002 geschlossen und deren Partner vor 1962 geboren wurden, gilt noch das alte Recht – dort liegt der Satz der großen Witwenrente bei 60 Prozent, und die Einkommensanrechnung ist oft günstiger.
Bei späteren Ehen greift das neue Recht mit 55 Prozent. Wichtig: Liegt eine Scheidung mit späterer Wiederheirat vor, kann ein Wiederaufleben der Rentenansprüche beantragt werden – unter bestimmten Bedingungen.
Antragstellung: So funktioniert es
Der Antrag auf Hinterbliebenenrente sollte zeitnah nach dem Todesfall gestellt werden, am besten innerhalb der ersten drei Monate, damit keine Ansprüche verloren gehen.
Benötigt werden:
- Sterbeurkunde
- Heirats- oder Lebenspartnerschaftsurkunde
- Rentenversicherungsnummer des Verstorbenen
- Eigene Einkommensnachweise
- Nachweise über Kindererziehung oder Pflegebedarf (falls relevant)
Viele Betroffene wenden sich an ein Versicherungsamt oder direkt an die Deutsche Rentenversicherung. Dort helfen Berater bei der Antragstellung und prüfen auch, ob zusätzlich ein Anspruch auf Rentenabfindung oder Übergangszahlungen besteht.
Fazit: Information schützt vor bösen Überraschungen
Die Hinterbliebenenrente ist ein wichtiger finanzieller Schutzschild für Menschen, die ihren Lebenspartner verloren haben. Aber: Nicht jeder hat automatisch Anspruch, und die Höhe kann stark schwanken.
Wer frühzeitig weiß, welche Kriterien erfüllt sein müssen, kann besser vorsorgen – etwa durch private Rentenversicherungen oder gemeinsame Finanzplanung. So wird der Schock über den Verlust nicht auch noch zu einer finanziellen Belastung.


