Rentner arbeiten nicht genug – Kommt jetzt die Aktivrente?

Angesichts des Fachkräftemangels und der Herausforderungen im Rentensystem setzt die Bundesregierung auf die Aktivrente. Dieses neue Modell soll Rentner motivieren, freiwillig länger zu arbeiten. Was steckt hinter dem Konzept und welche politischen Stimmen gibt es dazu? Lesen Sie hier!

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Die Diskussion um die Erwerbstätigkeit von Rentnern in Deutschland geht weiter. Angesichts des demografischen Wandels und des zunehmenden Fachkräftemangels plant die Bundesregierung mit der sogenannten Aktivrente ein neues Renten-Modell, das ältere Menschen motivieren soll, länger im Berufsleben zu bleiben. Wie genau das funktionieren soll erfahren Sie auf Bürger & Geld. Das ist das Nachrichten-Magazin des Vereins Für soziales Leben e.V..

Aktivrente – was ist das?

Die Aktivrente gibt es noch nicht. Es handelt sich dabei um Konzept, das ab dem 1. Januar 2026 eingeführt werden soll. Es sieht vor, dass Rentner, die nach Erreichen des gesetzlichen Rentenalters freiwillig weiterarbeiten, bis zu 2.000 Euro pro Monat (24.000 Euro jährlich) steuerfrei hinzuverdienen dürfen. Auf diese Weise verdoppelt sich der bisherige Steuerfreibetrag für diese Rentner. Ziel ist es, älterer Menschen im Arbeitsmarkt zu halten, ohne das Renteneintrittsalter generell anzuheben.

Warum ist die Aktivrente auf dem politischen Tisch?

Das deutsche Rentensystem hat – plump gesagt – Probleme: Die Lebenserwartung der Menschen in Deutschland steigt, die Geburtenrate sinkt – die Gesellschaft altert. Immer weniger Erwerbstätige müssen für immer mehr Rentner aufkommen. Die Aktivrente soll helfen, die Rentenversicherung zu entlasten und das Rentenniveau langfristig zu sichern. Zudem möchte die Regierung mit ihrer Hilfe dem Fachkräftemangel entgegenwirken.

Wer hat Vorteile von der Aktivrente?

Rentner, die nach der Regelaltersgrenze (aktuell etwa 66 Jahre) freiwillig weiterarbeiten, würden von der Aktivrente profitieren.

Das trifft allerdings nur auf solche Personen in Rente zu, die gesundheitlich in der Lage sind, auch im höheren Alter noch einer Beschäftigung nachzugehen. Das sind häufig Akademiker oder Fachkräfte mit ohnehin höheren Einkommen.

Für Rentner, die nur geringfügig oder sporadisch arbeiten, ist der finanzielle Vorteil nicht so groß, da sie die 2.000-Euro-Grenze meist nicht erreichen.

Schwer körperlich arbeitende Menschen werden ebenfalls nicht in der Lage sein, nach Erreichen des Renteneintrittalters weiter zu arbeiten.

CDU-Positionen zur Aktivrente

Insbesondere ist es die CDU, die  sich seit Monaten offensiv für die Einführung der Aktivrente einsetzt . Führende CDU-Politiker haben wiederholt öffentlich die Notwendigkeit betont, mehr Rentner für eine längere Erwerbstätigkeit zu gewinnen und entsprechende Anreize zu schaffen.

Carsten Linnemann, CDU-Generalsekretär, erklärte kürzlich in der Talkshow “Caren Miosga”, dass Rentner in Deutschland zu wenig arbeiten würden. Er sagte, die Aktivrente solle einen attraktiven Anreiz bieten, freiwillig länger im Berufsleben zu bleiben. Niemand solle aber verpflichtet werden, länger zu arbeiten. Es müsse aber die Möglichkeit hierzu geben und diese müsse attraktiver werden. Der CDU-Politiker sagte: „Deutschland soll arbeiten – länger, mehr, effizienter. Und gerne auch über das Rentenalter hinaus.“

Die CDU wolle mittels Aktivrente erreichen, dass zehntausende, vielleicht sogar hunderttausende Senioren weiterarbeiten.

Auch Bundeskanzler Friedrich Merz hat betont, dass die Deutschen insgesamt zu wenig arbeiten würden und insbesondere Rentner stärker in den Arbeitsmarkt eingebunden werden sollten. Die Aktivrente sei ein zentrales Element, um das Rentensystem zu stabilisieren und den Fachkräftemangel zu bekämpfen.

Kritik an der Aktivrente

Experten und Sozialverbände sehen die Aktivrente kritisch, und zwar mit folgenden Argumenten:

Die Aktivrente helfe vor allem diejenigen, die ohnehin nach dem regulären Renteneintrittsalter arbeiten wollen – die Mehrheit der Rentner gehe aber schon vorher in Rente.

Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht weiterarbeiten können, profitierten nicht – hier entstehe eine Ungleichbehandlung gegenüber jüngeren Arbeitnehmern und weniger privilegierten Rentnern.

Die tatsächlichen Effekte auf den Arbeitsmarkt und die Rentenversicherung seien schwer quantifizierbar. Es besteht die Gefahr, dass vor allem diejenigen profitierten, die ohnehin weitergearbeitet hätten – für sie wäre die Aktivrente dann ein nicht notwendiges Steuergeschenk.

Finanzierungsfragen und mögliche rechtliche Probleme (Stichwort Gleichbehandlung) seien ebenfalls noch nicht abschließend geklärt.

Aktuelle Statistik-Zahlen: Arbeiten Rentner wirklich zu wenig?

Ende 2022 waren mehr als 1,3 Millionen Rentner in Deutschland erwerbstätig, die Mehrheit davon in Minijobs. Die Motive für Rente plus Arbeit sind vielfältig: Neben finanziellen Gründen spielen auch Spaß an der Arbeit, das Bedürfnis nach sozialer Teilhabe und sinnvollen Aufgaben eine Rolle. Dennoch bleibt der Anteil derjenigen, die nach der Regelaltersgrenze Vollzeit weiterarbeiten, vergleichsweise gering.

Tabelle: Vor- und Nachteile der Aktivrente

Vorteile der AktivrenteNachteile der Aktivrente
Bis zu 2.000 Euro monatlich steuerfrei hinzuverdienen möglich, deutliche finanzielle Verbesserung für Rentner.Erreicht vor allem Rentner ab der Regelaltersgrenze, viele gehen aber schon früher in Rente und profitieren nicht.
Ersparnis bei Sozialabgaben, z. B. keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, erhöht das Netto.Gefahr von Mitnahmeeffekten, da viele Betroffene ohnehin weiterarbeiten würden – eher ein Steuergeschenk.
Wer länger arbeitet, erhält eine Rentenerhöhung von bis zu 6 % pro Jahr über die Regelaltersgrenze hinaus.Ungleichbehandlung älterer Arbeitnehmer gegenüber Jüngeren, mögliche rechtliche Probleme.
Beitrag zur Bekämpfung des Fachkräftemangels durch längere Verfügbarkeit erfahrener Arbeitskräfte.Finanzierungsfragen sind offen; unklar, ob sich die Maßnahme für den Staat langfristig rechnet.
Flexibler und freiwilliger Übergang in den Ruhestand wird gefördert, ohne das Rentenalter anheben zu müssen.Für körperlich oder gesundheitlich eingeschränkte Rentner ist die Aktivrente kaum geeignet.
Anerkennung der Lebensleistung älterer Menschen durch steuerliche Anreize.Komplexität bei der steuerlichen Ausgestaltung und mögliche Einschränkungen könnten den Nutzen mindern.

Zusammenfassung zu: Aktivrente, damit mehr Rentner arbeiten?

Die Aktivrente ist ein Versuch der Politik, mehr ältere Menschen im Arbeitsleben zu halten und das Rentensystem zu stabilisieren. Sie bietet steuerliche Anreize, stößt aber auch auf große Kritik, da sie nicht alle Rentner gleichermaßen erreicht und soziale Ungleichheiten verstärkt. Auch ist sehr fraglich, ob sie tatsächlich einen spürbaren Beitrag gegen den Fachkräftemangel leisten kann.

Für viele Rentner bleibt folgende Frage offen: Lohnt es sich, länger zu arbeiten – und wer kann es sich gesundheitlich und sozial leisten? Die Aktivrente ist ein Schritt in Richtung flexibler Altersübergang, aber kein Allheilmittel für die Herausforderungen des deutschen Rentensystems.

Redakteure

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    Sabine Martholt hat Recht und Journalismus studiert und fundierte Kenntnisse im Bereich des Sozialrechts und des Rentenrechts. Beide Rechtsgebiete sind gleichzeitig ihr Hobby, wie sie gern verrät. Bereits vor ihrem ersten Volontariat bei einer Zeitung hat sie sich dem Schreiben gewidmet. Die Entwicklung des Sozialrechts in Deutschland hat sie mit großer Aufmerksamkeit, manchmal aber auch mit Kopfschütteln verfolgt – wie sie selbst sagt. Sie schreibt seit vielen Jahren für unser Online-Magazin. Gute Recherche und die eigene Meinung – beides ist ihr wichtig.

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  • Peter Kosick
    Experte:

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen. Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein. Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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