Es liegt ein aktueller Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vor. Danach besteht ein Anspruch auf Eilanordnung hinsichtlich einer vorläufigen Rentenzahlung bei einem Antrag auf Altersrente, Az. S 12 R 1202/25 ER. Das Sozialgericht hat den Kläger auf die allgemeine Sozialhilfe in Form der Grundsicherung im Alter verwiesen. De facto heißt das: Sozialhilfe geht einer einstweiligen Rente vor! Die Hintergründe der Entscheidung erklären wir hier auf Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e.V.
Sachverhalt: Einstweilige Anordnung zur Auszahlung der Altersrente
Der Gerichtsentscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Antragsteller, geboren am 2. Januar 1959, hatte die Regelaltersgrenze für die gesetzliche Altersrente im April 2025 erreicht. Trotz wiederholter außergerichtlicher Bemühungen erhielt er von der Deutschen Rentenversicherung bislang keinen Bescheid über die Bewilligung seiner Altersrente. Zur Bestreitung seines Lebensunterhalts sah sich der Antragsteller gezwungen, sein Girokonto zu überziehen. Aus diesem Grund beantragte er beim Sozialgericht Karlsruhe eine einstweilige Anordnung, um die sofortige Auszahlung seiner Altersrente zu erreichen.
Gerichts entscheidet: Darum wurde der Eilantrag abgelehnt
Das Sozialgericht Karlsruhe lehnte den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Entscheidend war, dass nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eine einstweilige Anordnung nur dann ergehen kann, wenn der Antragsteller einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund glaubhaft macht. Ein Anordnungsanspruch besteht nur, wenn der Antragsteller auch in der Hauptsache einen Anspruch auf die begehrte Leistung hat. Ein Anordnungsgrund liegt vor, wenn eine Entscheidung in der Hauptsache nicht abgewartet werden kann, weil dem Antragsteller sonst schwere, unzumutbare und nicht anders abwendbare Nachteile drohen.
Das Gericht stellte fest, dass kein Anordnungsgrund vorliegt. Der Antragsteller kann für die Zeit bis zum Beginn der Altersrentenzahlung Leistungen nach dem SGB XII (Grundsicherung im Alter) beim zuständigen Sozialamt beantragen, wenn er bedürftig ist. Wird er ausreichend durch Sozialleistungen versorgt oder wurde er mangels Bedürftigkeit abgelehnt, besteht kein Grund für eine gerichtliche Eilanordnung zur sofortigen Rentenzahlung.
Kritik der Gerichtsentscheidung – unsere Meinung
In den Medien ist Kritik an der Gerichtsentscheidung geübt worden. Wir bewerten den Gerichtsbeschluss wie folgt:
Juristische Bewertung
Die Entscheidung des Sozialgerichts Karlsruhe ist nach unserer Meinung gemäß geltendem Recht korrekt:
Das Gericht hat sich strikt an die gesetzlichen Vorgaben gehalten:
- § 86b SGG (Sozialgerichtsgesetz): Eine einstweilige Anordnung ist nur möglich, wenn ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund vorliegen.
- Anordnungsanspruch: Der Antragsteller muss in der Hauptsache einen Anspruch auf die begehrte Rente haben.
- Anordnungsgrund: Es muss ein dringender Grund vorliegen, der es rechtfertigt, nicht auf die reguläre Entscheidung zu warten.
Das Gericht stellt fest, dass der Antragsteller in der Zeit bis zur Rentenzahlung Leistungen nach dem SGB XII (Grundsicherung im Alter) beantragen kann. Solange diese Möglichkeit besteht, liegt kein Anordnungsgrund vor, weil der Lebensunterhalt gesichert werden kann.
Rechtspolitische Betrachtung
Aus Sicht der Betroffenen ist die Situation natürlich unbefriedigend – ganz klar:
Wer sein Leben lang gearbeitet und eingezahlt hat, möchte zu Recht zeitnah seine Rente erhalten. Verzögerungen bei der Bearbeitung dürfen nicht zu seinen Lasten gehen und zu finanziellen Engpässen führen.
Aus Sicht des Sozialstaats ist die Entscheidung jedoch nachvollziehbar:
Das Sozialrecht sieht vor, dass Menschen im Alter nicht ohne Unterstützung dastehen. Die Grundsicherung nach SGB XII soll genau solche Lücken schließen.
Zusammenfassung: Keine Eilanordnung bei bestehenden Sozialhilfe-Anspruch
Das Sozialgericht Karlsruhe hat entschieden: Wer auf die Auszahlung seiner Altersrente wartet und in dieser Zeit seinen Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten kann, hat grundsätzlich Anspruch auf staatliche Unterstützung nach dem SGB XII, Grundsicherung im Alter. Nur wenn diese Möglichkeit nicht besteht, kommt eine einstweilige Anordnung in Betracht.