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Urteil zur Rente: Überstundenabgeltung auf Erwerbsminderungsrente anzurechnen – neue Regeln für Rentner!

Das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) mit dem Aktenzeichen B 5 R 15/24 R vom 25.09.2025 hat enorme Bedeutung für alle Empfänger von Erwerbsminderungsrente, betrifft die Praxis der Überstundenabgeltung und setzt neue Maßstäbe für das Rentenrecht in Deutschland. Im Fokus steht die Frage, ob nach Ende des Arbeitsverhältnisses ausgezahlte Überstunden als Hinzuverdienst auf die Erwerbsminderungsrente anzurechnen sind. Einzelheiten zum höchstrichterlichen Urteil hier auf Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e.V.!

Sachverhalt des Bundessozialgericht Urteils

Im Streitfall ging es um eine Bankangestellte, die seit Dezember 2019 eine volle Erwerbsminderungsrente bezieht. Ihr Arbeitsverhältnis endete am 30.04.2021. Im Anschluss zahlte der Arbeitgeber Überstunden aus dem sogenannten Langzeitkonto aus. Die Deutsche Rentenversicherung rechnete diese Zahlung ab Juli 2021 als Hinzuverdienst an und kürzte entsprechend die Rente. Die Betroffene klagte dagegen und bekam zunächst beim Sozial- sowie Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Recht, da die Gerichte der Ansicht waren, die Überstunden seien zwar Arbeitsentgelt, aber kein „rentenschädlicher Hinzuverdienst“, da es an einer sogenannten „zeitlich-rechtlichen Kongruenz“ fehle.

Die Rentenversicherung legte Revision ein und das Bundessozialgericht bestätigte nach jahrelanger Rechtsunsicherheit die Anrechnung von Auszahlungen aus Überstunden auf die Erwerbsminderungsrente.

Entscheidungsgründe und rechtlicher Hintergrund

Das Bundessozialgericht stellte klar:

  • Überstundenabgeltungen, die nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgezahlt werden, sind grundsätzlich als Hinzuverdienst zu betrachten und dürfen auf die Erwerbsminderungsrente angerechnet werden.
  • Die DRV erhält damit Rechtssicherheit, künftig solche Zahlungen als rentenschädlichen Hinzuverdienst zu werten, wenn Anspruch und Auszahlung zeitlich und rechtlich dem laufenden Beschäftigungsverhältnis zugeordnet werden können.

Das Kongruenzprinzip, das zwischen dem Zeitraum der Arbeitsleistung und dem Rentenbezug unterscheidet, bleibt weiterhin bestehen und ist durch das Flexirentengesetz nicht aufgehoben worden. Entscheidend ist die Frage, ob die angesparten Ansprüche tatsächlich während des Arbeitsverhältnisses bestanden und von dort aus abgegolten wurden.

Überstundenabgeltung ist Hinzuverdienst bei EM-Rente!

Das BSG-Urteil bringt erhebliche Auswirkungen für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die vor Rentenantritt Überstunden ansammeln:

  • Ab sofort müssen Empfänger einer Erwerbsminderungsrente damit rechnen, dass Überstundenabgeltungen als Hinzuverdienst gewertet werden können, wenn sie nach einem regulären Beschäftigungsverhältnis ausgezahlt werden.
  • Die Deutsche Rentenversicherung ist berechtigt, solche Einmalzahlungen bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen und ggf. die Rentenzahlung zu kürzen.

Nicht betroffen sind Fälle, in denen das Arbeitsverhältnis tariflich ruht oder die Auszahlung nicht dem Beschäftigungsverhältnis zugeordnet werden kann. Hier hat die DRV in einem Parallelverfahren (Az. B 5 R 12/24 R) ihre Revision zurückgezogen, sodass für diese Konstellation weiterhin kein Hinzuverdienst vorliegt.

Einmalzahlungen und Abfindungen haben Auswirkungen auf EM-Rente

Das Urteil verschafft Klarheit für zukünftige Fälle, aber auch für die Sozialgerichte. Arbeitnehmer können sich in der Praxis nun an der höchstrichterlichen Linie orientieren, die Einmalzahlungen wie Überstunden und Abfindungen einer strikten Prüfung auf Hinzuverdienst unterstellt. In der Vergangenheit gab es eine Grauzone zwischen Arbeitsentgelt und rentenneutralen Zahlungen – diese Lücke wurde nun geschlossen.

Zahlungen nach Rentenbeginn können die EM-Rente kürzen

Für Rentner mit voller Erwerbsminderung und langjährigem Arbeitsverhältnis bedeutet das Urteil:

  • Bei Auszahlung von Überstunden nach Ende des Arbeitsverhältnisses kann die Rente gekürzt werden.
  • Wer vor Rentenbeginn Überstunden angespart hat, sollte mit dem Arbeitgeber genau klären, wann und wie diese ausgezahlt werden, um finanzielle Nachteile zu vermeiden.

Zusammenfassung

Das Urteil B 5 R 15/24 R des Bundessozialgerichts aus September 2025 beendet eine langjährige Unsicherheit im deutschen Rentenrecht. Überstundenabgeltungen nach Ende des Arbeitsverhältnisses gelten als Hinzuverdienst und werden künftig von der Rentenkasse als rentenschädlich angesehen. Arbeitnehmer sollten diese Änderungen bei der Planung des Renteneintritts unbedingt berücksichtigen, um böse Überraschungen bei der Erwerbsminderungsrente zu vermeiden!

Quelle

Bundessozialgerichts (BSG), Urteil Aktenzeichen B 5 R 15/24 R

Redakteure

  • ik

    Sozialrechtsexperte und Redakteur

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an. Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen. Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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  • Peter Kosick
    Experte:

    Jurist und Redakteur

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen. Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein. Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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