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Zurechnungszeit – was das ist und wie sie 700 Euro mehr an Rente bringen kann – monatlich!

Die Zurechnungszeit spielt eine zentrale Rolle für die Rentenhöhe bei der Erwerbsminderungsrente und bei Renten für Hinterbliebene. Dieser ausführliche Artikel auf Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e.V., erklärt, was die Zurechnungszeit ist, warum sie für die Rentenberechnung so wichtig ist, wie sie sich 2025 verändert hat und wie Betroffene oft hunderte Euro mehr Rente erhalten können.

Was bedeutet Zurechnungszeit bei der Rente?

Zur „Zurechnungszeit“ zählt die Rentenversicherung eine bestimmte Zeitspanne, als hätte die Person weitergearbeitet – und das, obwohl sie eigentlich aus gesundheitlichen Gründen ausscheiden musste oder verstorben ist. Die Zurechnungszeit ist somit eine fiktive Versicherungszeit für die Rente, die bei der Berechnung der Erwerbsminderungsrente, Witwenrente / Witwerrente und bei der Erziehungsrente berücksichtigt wird.

Beispiel: Wird jemand wegen Krankheit mit 48 Jahren erwerbsgemindert, rechnet die Rentenversicherung für ihn so, als habe er – im Schnitt seines bisherigen Berufseinkommens – weitergearbeitet bis zum Ende der jeweils gültigen Zurechnungszeit. Für Hinterbliebene gilt: Die Rente wird so berechnet, als hätte die verstorbene Person bis zu diesem Zeitpunkt weiter verdient.

Für wen ist die Zurechnungszeit relevant?

  • Menschen, die eine Erwerbsminderungsrente beziehen (voll oder teilweise)
  • Hinterbliebene, die Witwenrente / Witwerrente oder Waisenrente erhalten
  • Geschiedene Alleinerziehende mit Erziehungsrente.

Vor allem Erwerbsgeminderte profitieren direkt: Ihre Rente fällt oft deutlich höher aus, da fehlende Verdienste durch die fiktive Anrechnung ausgeglichen werden.

Wie wird die Zurechnungszeit berechnet?

Die Zurechnungszeit beginnt bei der Erwerbsminderungsrente mit dem Tag der anerkannten Erwerbsminderung. Die entscheidende Neuerung: Das Ende der Zurechnungszeit wird seit 2019 Jahr für Jahr angehoben und erreichte 2025 das 66. Lebensjahr und 2 Monate. Damit werden immer mehr beitragsfreie Monate angerechnet.

Jahr RentenbeginnEnde der Zurechnungszeit
201965 Jahre + 8 Monate
202065 Jahre + 9 Monate
202566 Jahre + 2 Monate
203167 Jahre

Die Rentenversicherung nimmt einen Durchschnittswert aus dem bisherigen Berufsleben und rechnet diesen monatlich für die gesamte Zurechnungszeit weiter – als ob bis zum entsprechenden Alter weiter gearbeitet worden wäre. Die letzten vier Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung werden nur dann einbezogen, wenn sie die Durchschnittsberechnung verbessern.

So wirkt sich die Zurechnungszeit finanziell aus

Die Zurechnungszeit bietet häufig eine massive finanzielle Verbesserung. Ein Rechenbeispiel zeigt, wie viel Geld die Zurechnungszeit bringen kann:

Praxisbeispiel:
Ein Angestellter wurde am 31.12.1979 geboren und hat von seinem 20. bis zum 45. Lebensjahr 25 Entgeltpunkte erwirtschaftet (rund 1 Punkt pro Jahr). Er wird zum 01.01.2025 voll erwerbsgemindert.

  • Ohne Zurechnungszeit (nur echte Beitragsjahre): 25 Entgeltpunkte × Rentenwert 2025 (40,79 €) × Zugangsfaktor 0,892 = ~909 Euro monatlich
  • Mit Zurechnungszeit (fiktive Zusatzpunkte bis 66 Jahre + 2 Monate): Die durchschnittlichen Entgeltpunkte werden für 242 zusätzliche Monate gerechnet (über 20 zusätzliche Punkte!). Ergibt insgesamt über 45 Entgeltpunkte; ergibt ~1.656 Euro monatlich

Die Zurechnungszeit kann also über 700 € mehr monatlich bringen – und das ein Leben lang.

Zurechnungszeit und gesetzliche Änderungen 2025

Im Jahr 2025 wurde das Ende der Zurechnungszeit erneut verlängert: Sie reicht nun bis zum 66. Lebensjahr und 2 Kalendermonate. Entsprechend bekommen Betroffene mehr Entgeltpunkte und eine deutlich höhere Rente. Der aktuelle Rentenwert beträgt seit Juli 2025 40,79 € pro Entgeltpunkt.

Diese Verlängerung betrifft alle, deren Rentenbeginn im Jahr 2025 liegt; für Rückfälle oder Rentenbeginn vor 2025 gilt die vorherige Altersgrenze.

Wer legt die Zurechnungszeit fest und wie erfährt man sie?

Die Zurechnungszeit ist im Sozialgesetzbuch, insbesondere § 253a SGB VI und § 59 SGB VI, geregelt. Die Deutsche Rentenversicherung teilt die Zurechnungszeit im Rentenbescheid mit. Wer eine Erwerbsminderungsrente beantragen will, kann sich vorab beraten lassen; Rentenberater und die Deutsche Rentenversicherung rechnen mögliche Rentenhöhen mit und ohne Zurechnungszeit vor.

Zusammenfassung: Zurechnungszeit bringt bares Geld und Sicherheiten

Die Zurechnungszeit stärkt den sozialen Ausgleich: Wer krankheitsbedingt früh ausscheidet oder einen Angehörigen verliert, gewinnt durch die verlängerte fiktive Versicherungszeit oft viele zusätzliche Rentenpunkte und damit eine deutlich höhere monatliche Rente. 2025 kann das – je nach Erwerbsbiografie – einen Unterschied von bis zu 700 € monatlich ausmachen und im Schnitt die Erwerbsminderungsrente um fast 500 € monatlich erhöhen.

Für alle Betroffenen gilt: Die Zurechnungszeit sollte bei den eigenen Rentenplanungen unbedingt berücksichtigt und gezielt abgefragt werden. Veränderungen bei Beginn, Ende und Höhe werden Jahr für Jahr angepasst, weshalb betroffene Rentner und Hinterbliebene sich regelmäßig beraten lassen sollten.

Quelle

Deutsche Rentenversicherung

Redakteure

  • ik

    Sozialrechtsexperte und Redakteur

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an. Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen. Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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  • Peter Kosick
    Experte:

    Jurist und Redakteur

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen. Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein. Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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