Lebensmittelgutscheine statt Bürgergeld: Wann dürfen Jobcenter Sachleistungen ausgeben?

Lebensmittelgutscheine statt Geld – ist das erlaubt? Hier in unserem Beitrag erfahren Sie, wann Jobcenter anstelle von Bürgergeld Sachleistungen ausgeben dürfen.

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Das Jobcenter ist verantwortlich dafür, Menschen zu unterstützen, die ihren Lebensunterhalt vorübergehend oder dauerhaft nicht selbst bestreiten können. Meist geschieht dies durch die Auszahlung von Geldleistungen, dem sogenannten Bürgergeld. Es gibt jedoch auch Fälle, in denen Jobcenter Lebensmittelgutscheine anstelle von Bargeld ausgeben. Doch ist das rechtlich zulässig und unter welchen Voraussetzungen darf das Jobcenter so vorgehen? Die Antwort auf diese Frage geben wir hier auf Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin!

Gesetzliche Regelungen zu Lebensmittelgutscheinen

Nach der aktuellen Gesetzeslage im SGB II ist es möglich, dass Jobcenter die Leistungen für den Lebensunterhalt – also das Bürgergeld – bis zur Höhe des Regelbedarfs ganz oder teilweise in Form von Sachleistungen erbringen. Das bedeutet, dass in bestimmten Situationen auch Lebensmittelgutscheine ausgegeben werden dürfen.

Die Rechtsgrundlage für die Erbringung von Sachleistungen beim Bürgergeld ist § 24 Absatz 2 des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II). Dort heißt es, dass die Leistungen für den Lebensunterhalt bis zur Höhe des Regelbedarfs ganz oder teilweise in Form von Sachleistungen gewährt werden können.

Wann dürfen Jobcenter Lebensmittelgutscheine ausgeben?

Die Ausgabe von Lebensmittelgutscheinen ist keine Standardmaßnahme, sondern eine Ausnahme. Sie ist nur unter bestimmten Umständen zulässig:

  • Suchtproblematik: Wenn Leistungsberechtigte eine Alkohol- oder Drogenabhängigkeit aufweisen und nicht in der Lage sind, mit dem Regelbedarf ihren Lebensunterhalt zu sichern, können Jobcenter Sachleistungen gewähren.
  • Unwirtschaftliches Verhalten: Auch wenn nachgewiesen wird, dass das Geld systematisch für andere Zwecke als den Lebensunterhalt ausgegeben wird, etwa bei Spielsucht oder Verschwendung, ist die Ausgabe von Lebensmittelgutscheinen möglich.
  • Sanktionen: Bei einer Minderung der Leistungen um mehr als 30 Prozent können Lebensmittelgutscheine auf Antrag ausgegeben werden. Leben Kinder im Haushalt, ist das Jobcenter sogar verpflichtet, Sachleistungen zu gewähren – auch ohne Antrag.
  • Notlagen: In besonderen Notlagen, etwa bei verzögerter Antragsbearbeitung, Buchungsfehlern oder akuter finanzieller Notlage, kann das Jobcenter ebenfalls Sachleistungen bereitstellen.

Auswirkungen

Lebensmittelgutscheine schränken die Entscheidungsfreiheit der Betroffenen ein. Sie können nur in bestimmten Geschäften eingelöst werden und dürfen ausschließlich für Lebensmittel verwendet werden. Alkohol, Zigaretten und andere Genussmittel sind ausgeschlossen. Es gibt kein Wechselgeld, und die Gutscheine können nicht in Bargeld umgetauscht werden. Für viele Menschen ist dies eine belastende und beschämende Erfahrung.

Kritik und Herausforderungen bei Ausgabe von Lebensmittelgutscheinen

Die Praxis der Gutscheinvergabe durch die Jobcenter wird von Wohlfahrtsverbänden oft kritisiert, und zwar mit folgenden Argumenten:

  • Einschränkung der Freiheitsrechte: Betroffene können nicht mehr selbst entscheiden, wie sie ihr Geld ausgeben.
  • Stigmatisierung: Die Ausgabe von Gutscheinen wird oft als demütigend empfunden, da sie für alle sichtbar ist und die Betroffenen als „unfähig“ markiert.
  • Rechtswidrige Praxis: Es gibt Berichte, dass Gutscheine auch dann ausgegeben werden, wenn keine gesetzliche Grundlage vorliegt bzw. der Sachverhalt nicht eindeutig zu ihr passt.
  • Verzögerungen: Oft werden Gutscheine bei Sanktionen nicht rechtzeitig ausgegeben, was zu zusätzlichen Belastungen führt.

Zusammenfassung zu Lebensmittelgutscheine durch Jobcenter

Jobcenter dürfen Lebensmittelgutscheine nur in Ausnahmefällen ausgeben – etwa bei Suchtproblemen, unwirtschaftlichem Verhalten, Sanktionen oder besonderen Notlagen. Die Ausgabe muss vom Jobcenter im Einzelfall geprüft werden und darf nicht willkürlich erfolgen. Für die Betroffenen bedeutet dies nämlich eine Einschränkung ihrer Freiheitsrechte und oft auch eine zusätzliche Belastung.

Redakteure

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    Unser Redaktionsmitglied Dirk van der Temme (Jahrgang 1973) hat in Düsseldorf Diplom-Sozialarbeit studiert und erfolgreich  abgeschlossen. Schon als Schüler hat er sich sozial engagiert und die Liebe zu den Menschen beibehalten. Er hat die Entwicklung der Sozialhilfe, die Hartz Gesetze und die Einführung des Bürgergeldes mit großem Interesse verfolgt. Seine Beiträge in unserem Magazin zeigen, dass er weiß, worüber er schreibt.

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    Experte:

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an. Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen. Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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