Mit der geplanten Aktivrente möchte die Bundesregierung ältere Arbeitnehmer dazu motivieren, nach Erreichen der Regelaltersgrenze weiterhin im Berufsleben zu bleiben. Doch eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigt: Die Vorteile kommen vor allem gutverdienenden Rentnern zugute, während die Finanzierung und die Wirkung auf den Arbeitsmarkt umstritten bleiben. Einzelheiten zur Aktivrente und zur Kritik daran in nachfolgendem Artikel auf Bürger & Geld!
Was steckt hinter der Aktivrente?
Die Aktivrente ist ein zentrales Vorhaben der aktuellen Koalitionsregierung. Sie sieht vor, dass Rentnerinnen und Rentner, die das gesetzliche Rentenalter erreicht haben und freiwillig weiterarbeiten, künftig bis zu 2.000 Euro monatlich steuerfrei hinzuverdienen dürfen. Ziel ist es, ältere Menschen länger im Arbeitsmarkt zu halten und so dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Ergebnisse der DIW-Studie: Wer profitiert?
Laut DIW würden rund 230.000 bis 234.000 erwerbstätige Rentnerinnen und Rentner unmittelbar von der geplanten Aktivrente profitieren – insbesondere solche mit höheren Einkommen. Die Studie basiert auf Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) und zeigt, dass die Steuerentlastung vor allem bei gutverdienenden Rentnern ankommt. Geringfügig Beschäftigte, etwa in Minijobs, profitieren hingegen kaum, da sie ohnehin wenig bis keine Steuern zahlen.
Finanzielle Auswirkungen: Steuerausfälle und Mitnahmeeffekte
Die Einführung der Aktivrente würde zunächst zu jährlichen Steuermindereinnahmen von etwa 770 bis 800 Millionen Euro führen. Diese Verluste könnten nur dann ausgeglichen werden, wenn die Reform tatsächlich dazu führt, dass mehr Rentnerinnen und Rentner arbeiten. Laut DIW müssten mindestens 75.000 zusätzliche ältere Menschen in den Arbeitsmarkt eintreten, um die Steuerausfälle durch zusätzliche Steuer- und Beitragseinnahmen zu kompensieren.
Die Unsicherheit über die tatsächlichen Beschäftigungseffekte ist groß. Die Forschung schwankt in ihren Prognosen zwischen 50.000 und 300.000 zusätzlichen Beschäftigten, je nachdem, wie stark ältere Menschen auf finanzielle Anreize reagieren und wie hoch die Nachfrage nach Arbeitskräften ist. Zudem kritisiert das DIW, dass die Aktivrente parallel zu anderen Maßnahmen steht, die den vorzeitigen Erwerbsaustritt fördern – etwa die vorgezogene abschlagsfreie Altersrente nach 45 Beitragsjahren.
Kritik und soziale Spaltung
Der Sozialverband VdK warnt vor einer sozialen Spaltung durch die Aktivrente. Die Mehrheit der über die Regelaltersgrenze hinaus arbeitenden Menschen ist in Minijobs oder Teilzeit tätig und würde von der Steuerentlastung nicht profitieren. Gleichzeitig werden jüngere Beschäftigte im gleichen Job und mit gleichem Einkommen weiterhin stärker besteuert, was als ungerecht empfunden wird.
Ein weiteres Problem: Selbstständige sind bei der Aktivrente bisher ausgeschlossen. Die DIW-Forscher halten dies aus verfassungsrechtlicher Perspektive für problematisch. Würden Selbstständige einbezogen, müsste der Staat mit deutlich höheren Steuerausfällen rechnen – die DIW schätzt, dass die Mindereinnahmen dann über 1,5 Milliarden Euro jährlich liegen könnten.
Der Verein Für soziales Leben e.V. schließt sich der Kritik an: Die Einführung einer sog. Aktivrente in der geplanten Form löst die Problme nicht, die mit ihr eigentlich gelöst werden sollten. Es werden zu wenig Rentner erreicht, und größtenteils nur die ohnehin gut verdienenden Senioren.
Fazit: Aktivrente – Reform mit Risiken
Die DIW-Studie zeigt, dass die Aktivrente vor allem gutverdienenden Rentnern zugutekommt und zunächst erhebliche Steuerausfälle verursacht. Ob die Reform tatsächlich mehr ältere Menschen zum Arbeiten motiviert, bleibt ungewiss. Die Gefahr sozialer Ungleichheit und von Mitnahmeeffekten ist groß, insbesondere wenn Selbstständige einbezogen werden.
Für die Rentenpolitik bedeutet dies: Die Aktivrente ist ein ambitionierter Ansatz, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Ihre Wirkung auf den Arbeitsmarkt und die Staatsfinanzen bleibt jedoch fraglich und sollte kritisch begleitet werden.
Quelle
Die Studie zur Aktivrente wurde vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) durchgeführt. Die zentralen Ergebnisse sind im DIW Wochenbericht Nr. 25/2025 unter dem Titel „Aktivrente entlastet vor allem besserverdienende Rentner*innen – mit unsicheren Beschäftigungseffekten“ veröffentlicht. Die Studie basiert auf Mikrosimulationsanalysen mit Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP v39) und wurde von Stefan Bach, Hermann Buslei, Johannes Geyer, Peter Haan und Joris Pieper verfasst.