Der Begriff Lohnabstand ist in der Diskussion um das Bürgergeld immer wieder ein zentrales Thema. Viele Menschen fragen sich: Wie viel mehr verdiene ich wirklich, wenn ich arbeite, statt Bürgergeld zu beziehen? Und warum ist der Lohnabstand so wichtig für die sozialpolitische Debatte? Der folgende Artikel auf dem Nachrichtenmagazin Bürger & Geld klärt die wichtigsten Fragen rund um das Thema Lohnabstand beim Bürgergeld.
Was ist der Lohnabstand?
Der Lohnabstand beschreibt die Differenz zwischen dem verfügbaren Einkommen eines Erwerbstätigen und dem Einkommen eines Bürgergeldempfängers. Ziel ist es, dass sich Arbeit finanziell immer lohnt und das System “Grundsicherung” Anreize zur Aufnahme einer Beschäftigung bietet.
Wie wird der Lohnabstand beim Bürgergeld berechnet?
Für die Berechnung des Lohnabstands werden typischerweise Haushalte mit unterschiedlichen Konstellationen verglichen. Berücksichtigt werden dabei:
- Regelsatz des Bürgergelds (z.B. 563 Euro für Alleinstehende, 506 Euro für Partner in einer Bedarfsgemeinschaft, verschiedene Sätze für Kinder).
- Kosten der Unterkunft und Heizung, die zusätzlich zum Regelsatz übernommen werden.
- Einkommen aus Erwerbstätigkeit (z.B. Mindestlohn, Brutto- und Nettolöhne).
- Freibeträge und Anrechnungsregeln beim Bürgergeld: Ein Teil des Einkommens bleibt anrechnungsfrei, sodass Aufstocker trotz Arbeit mehr Geld zur Verfügung haben als reine Bürgergeldempfänger.
- Zusätzliche Leistungen wie Wohngeld oder Kinderzuschlag für Erwerbstätige, die keinen Anspruch mehr auf Bürgergeld haben.
Wie groß ist der Lohnabstand in der Praxis?
Studien und Berechnungen zeigen: Der Lohnabstand ist in allen Haushaltskonstellationen deutlich vorhanden.
Zum Beispiel:
- Alleinstehende: Eine Person, die 38 Stunden pro Woche zum Mindestlohn arbeitet, hat nach Abzug aller Kosten ein verfügbares Einkommen von etwa 1.515 Euro (inklusive Wohngeld). Ein Bürgergeldempfänger kommt auf etwa 990 Euro (inklusive Miete). Das bedeutet ein Plus von rund 525 Euro für den Arbeitnehmer.
- Vierköpfige Familie: Ein arbeitendes Elternteil (Mindestlohn) hat ein verfügbares Einkommen von etwa 3.275 Euro (inklusive Kindergeld, Kinderzuschlag und Wohngeld). Die gleiche Familie im Bürgergeldbezug kommt auf etwa 2.609 Euro (inklusive Miete). Der Unterschied beträgt rund 660 Euro pro Monat.
Fazit: In allen untersuchten Konstellationen ist das verfügbare Einkommen von Erwerbstätigen deutlich höher als das von Bürgergeldempfängern.
Lohnabstandsgebot: Gibt es das noch?
Das sogenannte Lohnabstandsgebot war früher ein Prinzip im Sozialrecht, das vorsah, dass das Einkommen aus Erwerbstätigkeit immer deutlich über dem aus Sozialleistungen liegen muss. Seit 2011 ist dieses Prinzip jedoch abgeschafft. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Höhe der Grundsicherung ausschließlich am existenznotwendigen Bedarf orientiert werden muss, nicht am Einkommen aus Erwerbstätigkeit.
Warum ist der Lohnabstand so wichtig für die Debatte?
Der Lohnabstand wird häufig als ein Argument gegen angemessene Bürgergeld Regelsätze in der politischen Diskussion genutzt. Kritiker behaupten, dass Bürgergeldempfänger fast so viel wie Erwerbstätige hätten und deshalb der Anreiz zu arbeiten fehle. Tatsächlich zeigen aber alle aktuellen Berechnungen, dass Arbeit sich immer lohnt und Erwerbstätige deutlich mehr zur Verfügung haben als Bürgergeldempfänger!
Noch einmal: Die Höhe des Bürgergelds richtet sich ausschließlich nach dem existenznotwendigen Bedarf. Die Anreize, eine Arbeit aufzunehmen, werden durch Freibeträge und zusätzliche Leistungen wie Wohngeld und Kinderzuschlag gesichert.
Zusammenfassung: Lohnabstand beim Bürgergeld – Mythos und Wirklichkeit
Der Lohnabstand beim Bürgergeld ist in der Realität deutlich vorhanden. Wer arbeitet, hat immer mehr Geld zur Verfügung als jemand, der ausschließlich Bürgergeld bezieht. Die Debatte um den Lohnabstand ist oft emotional aufgeladen, aber wissenschaftliche Analysen und Beispielrechnungen zeigen: Arbeit lohnt sich – und das Bürgergeld sichert das Existenzminimum für alle, die darauf angewiesen sind.
Wer über den Lohnabstand diskutiert, sollte auch über faire Löhne und gute Arbeitsbedingungen sprechen. Denn die eigentliche Herausforderung ist nicht das Bürgergeld, sondern die Verbesserung der Einkommen für Geringverdiener und die Stärkung der Tarifbindung. Deshalb ist ein Mindestlohn von 15 Euro bereits im Jahr 2026 dringend notwendig!
Quelle
Ifo Institut: https://www.ifo.de/publikationen/2024/aufsatz-zeitschrift/lohnt-sich-arbeit-noch-lohnabstand-und-arbeitsanreize-2024