Die Diskussion um das Bürgergeld für ukrainische Flüchtlinge in Deutschland hat eine neue Kontroverse erreicht. Vor allem die Christlich-Soziale Union (CSU) fordert aktuell, dass ukrainische Männer im wehrfähigen Alter künftig kein Bürgergeld mehr erhalten sollen. Die Initiative heizt die öffentliche Debatte über Zuwanderung, Integrationsleistungen und Unterstützung im Kontext des Ukraine-Kriegs neu an.
Was fordert die CSU konkret?
Der außenpolitische Sprecher der CSU, Stephan Mayer, brachte die Debatte an die Öffentlichkeit: Männer zwischen 18 und 63 Jahren aus der Ukraine, die in Deutschland leben und wehrpflichtig wären, sollen entweder arbeiten gehen oder in der Ukraine Wehrdienst leisten – aber kein Bürgergeld mehr erhalten. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit beziehen etwa 150.660 männliche Ukrainer im wehrfähigen Alter derzeit Bürgergeld – das entspricht fast der Hälfte der seit Kriegsbeginn eingereisten 304.144 Männer aus dieser Altersgruppe. Der finanzielle Aufwand für die Bundesrepublik liegt laut Angaben bei rund 1,33 Milliarden Euro jährlich.
Die Argumente der CSU
Die CSU begründet ihre Forderung mit mehreren Aspekten:
- Solidarität mit der Ukraine: Deutschland solle nicht indirekt diejenigen unterstützen, die sich möglicherweise dem Wehrdienst in ihrem Heimatland entziehen.
- Arbeitsintegration: Bürgergeld für diese Personengruppe sei Fehlanreiz. Ukrainische Männer im erwerbsfähigen Alter sollen in Deutschland arbeiten, sofern sie bleiben wollen.
- Haushaltsbelastung: Angesichts der aktuellen Haushaltslage und Sparzwänge sei es nicht vermittelbar, dass so viele leistungsfähige junge Männer Sozialleistungen beziehen.
Stephan Mayer formuliert provokant: „Diese Personengruppe hat keinen Anspruch auf diese Sozialleistung und muss entweder hier bei uns in Deutschland arbeiten gehen oder in der Ukraine Wehrdienst leisten“.
Reaktionen und Gegenstimmen
Die Forderung stößt auf breite Kritik und ruft auch juristische wie humanitäre Bedenken hervor:
- Ukrainische Botschaft: Der Sprecher betont, nicht jeder ukrainische Mann im Ausland entziehe sich automatisch der Mobilmachung. Viele hätten legale Ausreisegründe, dazu sei die Ausreise nur mit entsprechenden Nachweisen möglich. Zudem seien zahlreiche im Ausland registriert und hätten ihre Daten für eine eventuelle Mobilisierung aktualisiert.
- Politische Gegner und Verbände: Vertreter von SPD, Grünen und sozialen Organisationen sehen in dem CSU-Vorstoß eine populistische Pauschalisierung. Es würde der deutschen Verpflichtung zu humanitärem Schutz und Integration nicht gerecht, schutzsuchende Menschen unter Generalverdacht zu stellen oder zu „Sozialtouristen“ abzustempeln.
- Fachleute für Sozialrecht weisen darauf hin, dass Ukrainer in Deutschland aufgrund der Massenzustrom-Richtlinie formalrechtlich Anspruch auf Bürgergeld haben und die Ausdifferenzierung nach Geschlecht und Alter schwer oder gar nicht rechtssicher durchzusetzen wäre.
Fakten zur Situation
Kategorie | Zahl/Info |
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Ukrainische Männer (18-63 J.) | 304.144 seit Kriegsbeginn |
Bürgergeld-Bezieher davon | 150.660 (49,54%) |
Jahreskosten (geschätzt) | 1,33 Mrd. Euro |
Durchschnittliche Leistung | 882€/Person/Monat |
Quellen in den Textzitaten angegeben.
Hintergrund: Warum Bürgergeld für Ukrainer?
Eigentlich hätten Geflüchtete aus der Ukraine zunächst Leistungen aus dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Um die Belastung der Ausländerbehörden zu verringern und die Integration zu fördern, wurden sie jedoch ins Bürgergeld aufgenommen. Dadurch erhalten ukrainische Flüchtlinge seit Sommer 2022 direkt Zugang zu höheren Leistungen sowie zu Beratung und Vermittlung in Arbeit.
Eine Frage der Abwägung
Die Debatte verdeutlicht den komplexen Spagat zwischen humanitärer Verpflichtung, Unterstützung der Ukraine und Haushaltsdisziplin in Deutschland. Während die CSU auf finanzielle Verantwortung und konsequentes Handeln pocht, warnen Kritiker vor einer pauschalen Stigmatisierung schutzsuchender Männer aus der Ukraine.
Zusammenfassung: Kein Bürgergeld für wehrfähige Ukrainer – CSU Forderung
Ein politischer und gesellschaftlicher Diskurs über Sozialleistungen, Integration und grenzüberschreitende Verantwortung ist nötig. Der Vorschlag der CSU erscheint wenig durchdacht, jedenfalls berücksichtigt er die Fakten nur unvollständig und trägt dazu bei, die Vorurteile gegenüber Bürgergeld Beziehern aufrechtzuerhalten.