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Bürgergeld: Jobcenter zahlt nicht volle Miete – Wohngeld als Ergänzung?

Immer mehr Bürgergeld-Empfänger stehen vor dem Problem: Das Jobcenter zahlt nicht die volle Miete! Ist Wohngeld eine Lösung zur finanziellen Entlastung? Wir erklären hier auf Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e.V. die Zusammenhänge, rechtliche Hintergründe und zeigen Alternativen auf.

Die steigenden Mieten in Deutschland bringen immer mehr Menschen, die auf Bürgergeld / Neue Grundsicherung angewiesen sind, in finanzielle Schwierigkeiten. Häufig übernimmt das Jobcenter nicht die volle Miete für die Wohnung – und Betroffene fragen sich, ob Wohngeld als Ergänzung möglich ist, um die Lücke zu schließen. Im folgenden Artikel erhalten Sie einen detaillierten Überblick über die Hintergründe, rechtlichen Rahmenbedingungen und mögliche Alternativen.

Wie funktioniert die Mietübernahme beim Bürgergeld?

Das Bürgergeld ersetzt seit 2023 das frühere Hartz IV und ist als Grundsicherung für erwerbsfähige Personen in Deutschland gedacht. Ab 2026 soll es Neue Grundsicherung heißen. Es umfasst neben dem monatlichen Regelsatz auch die Übernahme der Kosten der Unterkunft und Heizung, sofern diese „angemessen“ sind. Die Angemessenheit richtet sich nach regionalen Mietobergrenzen, die Städte und Landkreise festlegen. Dazu zählen die Kaltmiete und alle umlagefähigen Nebenkosten, mit Ausnahme des Stroms, der aus dem Regelsatz gezahlt werden muss.

Als „angemessen“ gelten nur Wohnungen, die nach Größe und Preis bestimmten Vorgaben entsprechen. Diese hängen unter anderem von der Haushaltsgröße, den lokalen Mietspiegeln und Sonderfällen wie Behinderung oder Alter der Bewohner ab. Auch Wohnungen im sozialen Wohnungsbau gelten meist als angemessen – hierfür gibt es inzwischen auch Gerichtsurteile, die im Zweifel zugunsten der Betroffenen entscheiden können.

Was passiert, wenn das Jobcenter nicht die volle Miete zahlt?

Die Realität vieler Bürgergeld-Bezieher sieht jedoch anders aus: Ein signifikanter Teil erhält vom Jobcenter nicht die volle Miete erstattet. Gründe sind zumeist überhöhte Mietkosten im Vergleich zu den als angemessen festgelegten Höchstgrenzen oder eine zu große Wohnung. Insbesondere in Ballungsgebieten sind passende Wohnungen oft kaum zu finden, was dazu führt, dass der „nicht angemessene“ Teil der Miete aus dem Regelsatz gezahlt werden muss.

Im Durchschnitt fehlen Betroffenen laut aktuellen Erhebungen rund 100 Euro monatlich zur vollständigen Mietzahlung. Dies geht zulasten des ohnehin schmalen Regelsatzes – dadurch stehen weniger Mittel für Lebensmittel, Kleidung und andere lebensnotwendige Ausgaben zur Verfügung.

Wenn das Jobcenter einen Teil der Miete als „unangemessen“ einstuft, gibt es zunächst eine Karenzzeit: Im ersten Jahr nach Antragstellung wird meist die tatsächliche Miete übernommen – erst danach kann das Amt die Übernahme der Kosten kürzen und Sie auffordern, Ihre Unterkunftskosten zu senken, zum Beispiel durch Umzug oder Untervermietung.

Wohngeld als Ergänzung zum Bürgergeld – geht das?

Die naheliegende Idee, das Bürgergeld durch Wohngeld aufzustocken, ist jedoch nicht möglich. Bürgergeld und Wohngeld sind voneinander ausschließende Leistungen: Wer Bürgergeld vom Jobcenter bezieht und damit seine Unterkunftskosten als Teil der Grundsicherung bekommt, hat keinen Anspruch auf zusätzliches Wohngeld.

Das liegt daran, dass das Bürgergeld bereits alle relevanten Wohnkosten innerhalb der gesetzlichen Vorgaben abdeckt. Das Wohngeld ist grundsätzlich vorrangig – aber nur für Menschen, die ihren Lebensunterhalt aus eigenem oder ergänzendem Einkommen bestreiten, sich aber schwer mit den Mietkosten tun. Sobald der Bedarf darüber hinausgeht und das Einkommen für das gesamte Existenzminimum nicht reicht, kommt das Bürgergeld zum Einsatz – und schließt einen parallelen Wohngeldbezug aus.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Bürgergeld und Wohngeld können nicht gleichzeitig bezogen werden.
  • Das Wohngeld ist vorrangig – erst wenn dieses nicht zum Lebensunterhalt reicht, prüft das Jobcenter den Anspruch auf Bürgergeld.
  • Ein „Aufbessern“ des Bürgergeldes durch Wohngeld ist rechtlich ausgeschlossen.

Alternativen bei zu niedriger Mietübernahme

Wenn das Jobcenter die volle Miete nicht übernimmt und Sie die Differenz nicht aus eigener Tasche zahlen können, gibt es dennoch Wege, Ihre finanzielle Situation zu verbessern:

  • Karenzzeiten nutzen: Im ersten Jahr nach Antragstellung muss das Jobcenter in der Regel die tatsächlichen Mietkosten übernehmen, auch wenn sie zunächst unangemessen sind.
  • Kinderzuschlag & Bildungs- und Teilhabepaket: Für Familien mit Kindern gibt es ergänzende Leistungen, die in Anspruch genommen werden können. Kinderzuschlag gibt es aber nur, wenn kein Bürgergeld Anspruch besteht; es gilt das gleiche wie beim Wohngeld!
  • Höherer Aufwand beim Jobcenter: Sie können mit Unterstützung von Anwälten oder Sozialberatungen prüfen, ob die festgesetzten Mietobergrenzen im Einzelfall rechtssicher sind oder ob individuell eine höhere Miete übernommen werden kann (zum Beispiel bei drohender Obdachlosigkeit).
  • Wohngeld statt Bürgergeld prüfen: Wer durch eigenes Einkommen knapp über dem Bürgergeld-Satz liegt, sollte Wohngeld und Kinderzuschlag prüfen lassen, da diese Leistungen vorrangig sind und mehr Eigenverantwortung ermöglichen.

Zusammenfassung: Wohngeld, wenn Jobcenter nicht die volle Miete zahlt?

Wenn das Jobcenter die Miete nicht in voller Höhe übernimmt, kann Wohngeld das Bürgergeld nicht ergänzen. In solchen Fällen sind Betroffene gezwungen, die Mietdifferenz vom ohnehin niedrigen Regelsatz zu begleichen. Alternativen gibt es nur, wenn vorrangig Wohngeld (und zusätzlich evt. Kinderzuschlag) statt Bürgergeld beansprucht werden kann – aber nicht in Kombination.

Tipp: Lassen Sie Bürgergeld- oder Wohngeldansprüche immer individuell von Experten bzw. von den jeweiligen Ämtern prüfen und holen Sie sich im Zweifel rechtliche Unterstützung, damit Ihnen kein Geld entgeht.

Quelle

https://www.arbeitsagentur.de/arbeitslos-arbeit-finden/buergergeld/wohnen

    Redakteure

    • ik

      Sozialrechtsexperte und Redakteur

      Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an. Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen. Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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    • Peter Kosick
      Experte:

      Jurist und Redakteur

      Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen. Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein. Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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