Die Bundesregierung und die EU haben gemeinsam eine der größten Verwaltungsreformen unserer Zeit beschlossen: Ab spätestens 2028 werden der Schwerbehinderten- und Rentenausweis als sichere Digitalnachweise verfügbar sein, vollständig integriert in eine mobile Wallet-App und über Landesgrenzen hinweg in ganz Europa anerkannt-
Das Ende der Papiernachweise – ein Paradigmenwechsel
Bisher mussten Betroffene oft umständlich ihre Rechte auf diversen Papierausweisen, Nachweisen und Formularen dokumentieren, wenn sie Nachteilsausgleiche wie Steuererleichterungen, Zuschüsse oder Fahrpreisermäßigungen in Anspruch nehmen wollten. Künftig genügt eine App auf dem Smartphone, und alle notwendigen Nachweise stehen digital und datensicher bereit – zum Beispiel beim Ticketkauf, der Beantragung von Steuervergünstigungen oder bei Mobilitätsdiensten.
Mehr Gerechtigkeit und Teilhabe durch digitale EU-Anerkennung
Neu ist das EU-weite Prinzip: Bis spätestens zum 5. Juni 2028 muss jeder EU-Staat die neuen digitalen Ausweise offiziell anerkennen – das wurde vom Europäischen Parlament und Rat kürzlich beschlossen.
(vgl. BMAS, Informationsportal zur Digitalen Identität 2024; Infoportal der Europäischen Kommission, 2024)
Die gesetzlichen und technischen Vorarbeiten laufen bereits. Damit können Menschen mit Behinderung und Rentner ihre Rechte überall in der EU unkompliziert geltend machen: Beispielsweise erhält eine Rollstuhlfahrerin aus Deutschland dieselben Ermäßigungen für Begleitpersonen im Nahverkehr in Österreich, Rumänien oder Frankreich wie im Heimatland. Künftig sind besondere Fahrpreisvorteile, Ermäßigungen beim Eintritt zu Veranstaltungen, Steuervergünstigungen oder Parkrechte für Menschen mit Behinderung auch bei längeren Aufenthalten (zum Beispiel im Auslandsstudium oder während Arbeitsaufenthalten) elektronisch belegt und gewährt.
Modernste Technik sorgt für Sicherheit und Datenschutz
Die technische Umsetzung setzt auf die sogenannte EUDI-Wallet, die das Authentifizieren und Identifizieren nach höchsten EU-Datenschutzstandards sowie die sichere, fälschungssichere Speicherung von personenbezogenen Nachweis-Dokumenten erlaubt. Staatlich zertifizierte Sicherheit, starke Kryptografie und die Interoperabilität mit bestehenden E-ID-Systemen (wie dem deutschen E-Personalausweis) sind dabei Kernelemente.
Alle Nachteilsausgleiche künftig auf Knopfdruck
Für Menschen mit anerkanntem Schwerbehindertenstatus oder einer Rentenberechtigung bringt das weitreichende Vorteile:
- Steuererleichterungen und Freibeträge können direkt abgerufen werden.
- Fahrpreisermäßigungen, Freifahrtberechtigungen und vergünstigte Tickets im ÖPNV und grenzüberschreitend im EU-Raum sind digital nachweisbar.
- Parkberechtigungen, Zusatzleistungen und Ermäßigungen bei Kultur- und Freizeitangeboten stehen sofort bereit.
- Der Zugang zu Nachteilsausgleichen ist nicht mehr von Papier, sondern unmittelbar und mobil möglich – inklusive Hilfsangebote und persönliche Assistenzberechtigungen im EU-Ausland.
Welche Herausforderungen bestehen noch?
Die Entwickler und die Politik müssen Barrierefreiheit in der App sicherstellen, damit auch weniger digitalaffine Nutzer, insbesondere ältere Menschen und Menschen ohne Smartphones, nicht benachteiligt werden. In Deutschland ist deshalb vorgesehen, dass weiterhin Unterstützung vor Ort angeboten wird, sei es in Bürgerämtern oder über Anlaufstellen für Soziales Leben.
Fazit des Vereins Für soziales Leben e. V.
Der Paradigmenwechsel ist ein Meilenstein auf dem Weg zu mehr Teilhabe, Transparenz und Fairness in ganz Europa. Aus Sicht des Vereins Für soziales Leben e. V. ist besonders positiv, dass Rechte von Menschen mit Behinderung und von Rentnern digital stärker geschützt werden und Nachteilsausgleiche endlich unkompliziert, transparent und grenzübergreifend nutzbar sind. Wichtig bleibt, niemanden auf dem Weg dorthin zurückzulassen: Digitale Systeme müssen für alle zugänglich sein – die Unterstützung weniger digitalaffiner Menschen ist und bleibt ein Gebot sozialer Gerechtigkeit.