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Viele wollen nicht bis zum regulären Rentenalter arbeiten – Zahlen der Rentenversicherung zeigen deutlichen Trend

Immer mehr Menschen in Deutschland 👥 nutzen die Chance, früher ohne Abschläge in Rente zu gehen 🕒. Fast 270.000 Versicherte haben 2024 als besonders langjährig Versicherte diesen Weg gewählt. Die Deutsche Rentenversicherung blickt mit Sorge auf die Entwicklung 📈, denn steigende Beiträge könnten die Folge sein. Was das für Arbeitnehmer, Arbeitgeber und die Zukunft der Altersvorsorge bedeutet, erklärt dieser Beitrag von Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e. V.

Immer mehr Beschäftigte entscheiden sich bewusst gegen ein Arbeiten bis zum regulären Renteneintrittsalter. Die neuen Zahlen der Deutschen Rentenversicherung zeigen eine klare Entwicklung: Vor allem die abschlagsfreie Rente für besonders langjährig Versicherte wird stark nachgefragt. Doch während diese Möglichkeit vielen Arbeitnehmenden attraktiv erscheint, wächst zeitgleich die Sorge um die Finanzierbarkeit der gesetzlichen Rentenversicherung.


Frühere Rente ohne Abschlag: Was besonders langjährig Versicherte wissen müssen

Die sogenannte „Rente für besonders langjährig Versicherte“ ermöglicht einen früheren Rentenbeginn ohne die sonst üblichen Kürzungen. Anspruch haben diejenigen, die mindestens 45 Beitragsjahre in der Rentenversicherung nachweisen können. Bereits ab 64 Jahren können diese Personen regulär in den Ruhestand treten – die individuelle Altersgrenze steigt zwar stufenweise, bleibt jedoch deutlich unter dem gesetzlichen Regelalter für die Regelaltersrente.

Für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist das ein Ausweg aus körperlich belastenden Jobs oder der Möglichkeit, den Ruhestand früher zu genießen. Dennoch empfiehlt sich ein persönliches Beratungsgespräch bei der Deutschen Rentenversicherung, um individuelle Ansprüche und finanzielle Auswirkungen einer früheren Rente ohne Abschläge im Detail zu prüfen.

Zahlen im Überblick – fast 270.000 entschieden sich für den frühen Ruhestand

Nach Angaben von Jens Dirk Wohlfeil, Co-Vorstandschef der Deutschen Rentenversicherung Bund, haben im vergangenen Jahr rund 270.000 Menschen diesen Weg gewählt. Damit bleibt die Zahl auf einem hohen Niveau, auch wenn der demografische Druck auf das Rentensystem zunimmt.

Vergleicht man die Entwicklung über die letzten Jahre, so zeigt sich: Der Trend zur früheren Rente stabilisiert sich und reflektiert zugleich den Wunsch vieler älterer Beschäftigter, nicht bis 66 oder 67 arbeiten zu müssen.

Finanzielle Folgen: Drohen steigende Beiträge?

In der Rentenversicherung wird die wachsende Nutzung dieser Rentenoption kritisch bewertet. Denn: Je mehr Menschen früher in Rente gehen, desto weniger Beitragszahler stehen zur Finanzierung der laufenden Rentenleistungen zur Verfügung. Gleichzeitig steigt die Rentenbezugsdauer.

Die Deutsche Rentenversicherung warnt, dass dieser Trend die Beitragssätze langfristig belasten könnte. Schon heute ist klar: Ohne zusätzliche Finanzierungsquellen droht ein Anstieg der Beiträge. Das betrifft nicht nur Beschäftigte, sondern auch Arbeitgeber, die jeweils zur Hälfte am Beitrag beteiligt sind.

Gesellschaftlicher Hintergrund: Arbeitsmarkt, Gesundheit, Belastung

Dass viele Versicherte die Möglichkeiten einer Frühverrentung nutzen, hat mehrere Ursachen:

  • Gesundheitliche Gründe: Physisch anstrengende Tätigkeiten verschleißen Arbeitnehmer oft, bevor das gesetzliche Rentenalter erreicht wird.
  • Arbeitsmarktentwicklung: Fachkräftemangel und steigende Belastungen in bestimmten Branchen erhöhen den Wunsch früher auszusteigen.
  • Generationseffekt: Viele dieser Rentengänger gehören Babyboom-Jahrgängen an, die in den kommenden Jahren verstärkt in den Ruhestand gehen werden.

Experten betonen: Ohne eine Ausweitung betrieblicher Altersvorsorge, privater Ersparnisse oder eine Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung könnte sich das Problem verschärfen.

Politische Lösungen im Gespräch

Die Bundesregierung diskutiert bereits über Reformen, die langfristig für mehr Stabilität sorgen sollen. Dazu gehören:

  • Eine Ausweitung der Erwerbstätigkeit älterer Menschen, etwa durch flexible Modelle.
  • Zusätzliche Bundeszuschüsse, um die Rentenkassen zu stabilisieren.
  • Diskussionen über eine Reform der Beitragsbemessungsgrenze, um höhere Einkommen stärker einzubeziehen.

Klar ist: Der Trend zur Frühverrentung wird nicht kurzfristig abreißen – entsprechend muss die Rentenpolitik Antworten finden.

FAQ zur abschlagsfreien Frühverrentung

Wer kann früher ohne Abschläge in Rente gehen?

Früher in Rente ohne Abschläge können Personen, die mindestens 45 Jahre Beitragszeit in der gesetzlichen Rentenversicherung nachweisen. Dazu zählen auch Zeiten wie Kindererziehung, Pflege oder längere sozialversicherungspflichtige Beschäftigung.

Ab welchem Alter ist die abschlagsfreie Rente möglich?

Das Eintrittsalter liegt derzeit zwischen 64 und 65 Jahren, abhängig vom Geburtsjahrgang. Für ältere Jahrgänge kann der frühere Renteneintritt bereits mit 63 möglich sein, für jüngere verschiebt sich die Grenze schrittweise nach oben.

Welche Nachteile hat die frühe Rente für besonders langjährig Versicherte?

Es gibt keine Rentenminderungen, allerdings zahlen die Betroffenen weniger lange in die Rentenversicherung ein und beziehen gleichzeitig länger Leistungen. Das kann für das Gesamtsystem problematisch sein. Für den Einzelnen bedeutet es: Man verzichtet auf einige mögliche zusätzliche Entgeltpunkte durch weiteres längeres Arbeiten.

Wie unterscheiden sich die Frühverrentung für besonders langjährig Versicherte von der Rente für langjährig Versicherte?

Die Rente für „langjährig Versicherte“ erfordert nur 35 Beitragsjahre, allerdings mit Abschlägen von bis zu 14,4 Prozent, wenn jemand schon mit 63 Jahren geht. Dagegen sind es bei der Rente für „besonders langjährig Versicherte“ mindestens 45 Beitragsjahre – dafür aber ohne Abschläge.

Wie wirkt sich die steigende Nutzung der Frühverrentung auf die Rentenbeiträge aus?

Da mehr Menschen früher Rente beziehen, steigen die Ausgaben der Rentenkasse, während gleichzeitig die Zahl der Beitragszahler sinkt. Experten befürchten daher in den kommenden Jahren einen Anstieg der Beitragssätze, sofern keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden.

Lohnt sich der Antrag für die abschlagsfreie Rente?

Ja, insbesondere für Versicherte mit körperlich belastenden Tätigkeiten und ausreichend Beitragsjahren. Dennoch empfiehlt sich ein Beratungsgespräch bei der Deutschen Rentenversicherung, um individuelle Ansprüche und finanzielle Auswirkungen zu prüfen.

Fazit

Die neuen Zahlen der Deutschen Rentenversicherung machen deutlich: Viele Menschen wollen nicht bis zum regulären Rentenalter arbeiten. Fast 270.000 Versicherte haben sich im vergangenen Jahr für den früheren Start in den Ruhestand entschieden – ohne finanzielle Abschläge, aber mit klaren Folgen für das System.
Während für Arbeitnehmer diese Option eine wertvolle Entlastung sein kann, wächst die Herausforderung für die Stabilität der Rentenkassen. Politik und Gesellschaft stehen deshalb vor der Aufgabe, neue Lösungswege zu schaffen, damit die Balance zwischen individueller Wahlfreiheit und langfristiger Finanzierbarkeit der Rente gesichert bleibt.

Redakteure

  • Peter Kosick

    Jurist und Redakteur

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen. Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein. Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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  • ik
    Experte:

    Sozialrechtsexperte und Redakteur

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an. Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen. Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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