Das Ausmaß der Wohnungsnot in Westdeutschland
Laut einer frischen Modellrechnung des Pestel-Instituts fehlen allein in Westdeutschland heute etwa 1,2 Millionen Wohnungen – deutlich mehr als frühere Schätzungen angenommen hatten. Die Analyse berücksichtigte explizit nur solchen Wohnraum, der auch tatsächlich vermietungsfähig ist. Wohnungen, die bereits seit über einem Jahr leer stehen – etwa wegen schwerer Mängel oder schlechter Lage –, zählen gar nicht zum Angebot und verschärfen den Mangel noch.
Besonders prekär ist die Lage in großen Städten wie München, Frankfurt, Hamburg und Köln: Gerade dort steigt der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum parallel zu stark wachsenden Mieten drastisch an.
Wer muss am meisten leiden? – Die Schwächsten trifft es härter
Der Wohnungsmangel trifft nicht alle gleichermaßen: Besonders ältere Menschen, die auf eine kleine Altersrente angewiesen sind, und Bürgergeld-Empfänger stehen im Zentrum der Krise.
- Rentner sind oft nicht mehr in der Lage, einen Mangel an Wohnraum durch Umzug oder Arbeitssuche auszugleichen. Sie sind auf ein stabiles Umfeld, barrierefreie Wohnungen und bezahlbare Mieten angewiesen. Steigen die Kosten, können viele sich ihr Zuhause schlicht nicht mehr leisten. Die Rente ist oft wesentlich niedriger als der letzte Arbeitlohn.
- Bürgergeld-Empfänger wiederum sind auf den ohnehin geringen Wohnstandard und „angemessene Kosten der Unterkunft“ angewiesen. Doch diese staatlichen Obergrenzen sind vielerorts weit unter dem realen Mietniveau, so dass Notlagen und Armut weiter zunehmen.
Aktuelle Daten zeigen, dass im Jahr 2025 jeder achte Haushalt mit Bürgergeld monatlich im Schnitt rund 116 Euro aus eigener Tasche für die Miete zulegen muss – aus dem ohnehin zu knappen Regelsatz: Wohnkostenlücke Bürgergeld
Warum ist die Wohnungsnot so groß geworden?
Die Ursachen sind vielfältig und strukturell bedingt:
- Jahrzehntelang wurde zu wenig Sozial- und günstiger Wohnraum gebaut.
- Regelungen und bürokratische Hürden bremsen den Neubau.
- Der demografische Wandel sorgt für eine alternde Bevölkerung, die vermehrt auf kleinere, barrierefreie und bezahlbare Wohnungen angewiesen ist.
- Die Eingliederung von Schutzsuchenden und Migranten erhöht den Druck auf den unteren Wohnungsmarkt zusätzlich.
Zugleich sorgt die Wirtschaftsentwicklung für einen regen Zuzug in Ballungsräume – während dort kaum neue Wohnungen im preisgünstigen Segment entstehen.
Folgen der Wohnungsnot für Rentner und Bürgergeld-Empfänger
- Existenzielle Unsicherheit: Steigende Mieten bedrohen die soziale Teilhabe und sorgen für Angst, die eigene Wohnung oder gar das Dach über dem Kopf zu verlieren.
- Verdrängung: Viele Rentner müssen aus ihren angestammten Quartieren wegziehen, weil sie sich die steigenden Mieten nicht mehr leisten können. Auch die soziale Infrastruktur – Ärzte, Apotheke, Nachbarschaft – geht damit verloren.
- Gesundheitliche Risiken: Fehlende Barrierefreiheit und prekäres Wohnen verschärfen altersbedingte oder gesundheitliche Einschränkungen. Für Menschen mit Behinderung ist der Zugang zu angemessenem Wohnraum oft nahezu unmöglich.
- Armutsschere: Besonders bei Bürgergeld-Empfängern bleibt häufig zu wenig Geld zum Leben übrig, da sie die Miete aus dem Regelsatz mitfinanzieren müssen.
Politische und gesellschaftliche Folgen
Der dramatische Wohnungsmangel hat auch weitreichende gesellschaftliche Konsequenzen:
- Arbeitsmärkte erstarren, weil Umzüge für neue Stellen scheitern.
- Junge Menschen und Familien lehnen Arbeitsangebote in Städten ab – schlichtweg, weil sie dort keine Wohnung finden.
- Soziale Ausgrenzung und Segregation nehmen zu: Wer wenig Einkommen hat, landet oft in heruntergekommenen Vierteln, wo Perspektiven und Lebensqualität fehlen.
Lösungsansätze und Forderungen
Fachleute und Verbände drängen auf einen starken Kurswechsel in der Wohnungsbaupolitik:
- Mehr Sozialwohnungsbau: Staatliche Förderprogramme müssen ausgebaut werden, um neuen, bezahlbaren und barrierefreien Wohnraum zu schaffen.
- Abbau von Bürokratie: Schnellere Genehmigungen und weniger Hürden beim Neubau sind nötig.
- Gezielte Förderung für Seniorenhaushalte und Transferempfänger: Wohnungen müssen alters- und behindertengerecht sowie für Menschen mit niedrigem Einkommen zugänglich sein.
- Überarbeitung der Mietzuschuss-Richtwerte: Die staatlich definierten Kosten für Unterkunft müssen an das reale Mietniveau angepasst werden, damit Transferempfänger nicht in die Armut abrutschen.
Fazit zum Wohnungsmangel in Deutschland
Westdeutschland steht vor einer akuten sozialen Herausforderung: Der Wohnungsnotstand eskaliert und trifft besonders verletzliche Gruppen – Rentner und Bürgergeld-Empfänger – am härtesten. Nur mit entschlossenen politischen Maßnahmen kann verhindert werden, dass immer mehr Menschen am Wohnungsmarkt abgehängt werden. Solidarität, neue Ideen für bezahlbaren Wohnraum und eine konsequente Sozialpolitik sind gefragt, um die Schieflage zu beheben und soziale Teilhabe für alle zu sichern.