Von Bürgergeld zur „Grundsicherung für Arbeitssuchende“: Was sich 2026 ändert
Bereits 2023 wurde das Bürgergeld eingeführt, um das alte Hartz-IV-System durch eine modernere, sozialere Leistung abzulösen. Diese Reform wird nun voraussichtlich zum 1. Juli 2026 grundlegend zurückgedreht: Das Bürgergeld verschwindet, die neue „Grundsicherung für Arbeitssuchende“ übernimmt – mit strengem Blick auf Mitwirkungspflichten und die Bereitschaft zur Arbeitsaufnahme.
Die wichtigsten Änderungen:
- Strengere Mitwirkungspflichten für alle Leistungsbezieher
- Härtere Strafen bei Pflichtverletzungen und Arbeitsverweigerung
- Wegfall der bisherigen Karenzzeiten bei Vermögen und Miete
- Sofortige Anrechnung von Vermögen nach altersgestaffeltem Schonvermögen
Sanktionen ab 2026: So sieht die neue Sanktionskette aus
Wer ab 2026 neu Grundsicherung erhält, muss mit einer deutlich verschärften Sanktionskette rechnen. Schon bei geringfügigen Verstößen können teils massive finanzielle Folgen eintreten. Das Stufensystem im Überblick:
1. Pflichtverletzung: 30 Prozent Kürzung
- Wer grundlos einen Termin beim Jobcenter schwänzt oder eine zumutbare Arbeit ablehnt, verliert sofort 30 Prozent seiner Regel-Leistung – für mindestens einen Monat.
- Die Kürzung gilt auch für Verweigerung von Maßnahmen, fehlende Bewerbungsaktivitäten oder verspätete Meldungen.
2. Wiederholte Pflichtverletzung: Weitere 30 Prozent Kürzung
- Kommt es erneut zum Pflichtverstoß innerhalb weniger Monate, verdoppelt sich die Strafe: Es droht eine Minderung um insgesamt 60 Prozent des Regelsatzes.
3. Erhebliche oder dritte Pflichtverletzung: 100 Prozent Kürzung
- Wer erneut gegen Pflichten verstößt, muss ab 2026 mit der vollständigen Streichung seiner Leistungen rechnen, also einem Komplett-Entzug für 1–3 Monate.
- Das umfasst sowohl Bürgergeld/Grundsicherung als auch Zahlungen für Wohngeld und Heizkosten.
4. Wiederholte Weigerung: Entzug von Mietzahlungen und Heizkosten
- Wird nach mehreren Verstößen trotzdem keine Kooperation gezeigt, stellt das Jobcenter auch Zahlungen für Miete und Energetik ein. Dies kann zu Kündigung oder Obdachlosigkeit führen, wenn keine Hilfe von Dritten erfolgt.
Tabelle: Neue Sanktionsregeln ab 2026
| Pflichtverstoß | Kürzung des Regelsatzes | Zeitraum | Flankierende Folgen |
|---|---|---|---|
| 1. Verstoß | -30% | 1 Monat | – |
| 2. Verstoß | -60% | 1-2 Monate | Härtefallprüfung möglich |
| 3. Verstoß | -100% | 1-3 Monate | Komplette Leistungssperre |
| 4. Weigerung | -100%, inkl. Miete | meist 3 Monate | Einstellung Wohngeld, Heizk. |
Was gilt als Pflichtverletzung?
- Nicht erscheinen zu vereinbarten Jobcenter-Terminen ohne triftigen Grund
- Ablehnung oder Abbruch von zumutbaren Arbeitsangeboten
- Verweigerung von Weiterbildungen, Bewerbungsmaßnahmen oder Integrationskursen
- Unvollständiges oder verspätetes Einreichen von Unterlagen
- Mehrfaches „Krankmelden“ ohne ausreichenden Nachweis
- Manipulation oder Betrugsversuch bei Leistungsanträgen
Das Jobcenter ist angehalten, jeden Einzelfall zu prüfen und Anhörungen durchzuführen. Geringfügige „Versehen“ können weniger schwer geahndet werden, im Regelfall greifen aber die festen Kürzungssätze.
Wichtige Neuerungen ab 2026: Härtefallprüfung wird schwieriger
Im Unterschied zum Bürgergeld können Jobcenter weniger Ausnahmen zulassen:
- Die Härtefallprüfung („besondere Lebensumstände“) soll nur noch bei Obdachlosigkeit, schwerer Krankheit oder Verantwortung für kleine Kinder greifen.
- In allen anderen Fällen wird gekürzt, auch wenn Banken, Vermieter oder Energieversorger im Zahlungsverzug sind.
Sofortiges Vermögen zählt: Das Ende der Karenzzeit
Während bisher eine Karenzzeit von zwölf Monaten für Wohnung, Miete und Vermögen galt, fällt diese zum 1. Juli 2026 weg. Künftig zählt das Vermögen sofort, lediglich ein alters- und lebensleistungsabhängiges Schonvermögen bleibt erhalten. Wer „zu viel“ gespart hat, muss dieses erst aufbrauchen, bevor Leistungen bewilligt werden.
| Lebensalter | Maximales geschütztes Vermögen („Schonvermögen“) 2026* |
|---|---|
| 18–25 Jahre | ca. 10.000 € |
| 26–50 Jahre | ca. 20.000 € |
| 51–65 Jahre | ca. 30.000 € |
| ab 66 Jahre oder Vorerkrankung | ggf. 40.000 € |
* Werte können regional und je nach Lebensleistung variieren
Härteste Sanktionen seit Hartz IV: Kritik und Verfassungsfragen
Die geplanten Leistungskürzungen bis hin zum vollständigen Leistungsentzug gelten als die härtesten Sanktionen seit dem Ende von Hartz IV. Sozialverbände kritisieren, dass damit das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum gefährdet wird [Art. 1 GG: Menschenwürde]. Die Koalition argumentiert mit Gerechtigkeit und Motivation zur Arbeitsaufnahme.
Das Thema Verfassungsmäßigkeit ist offen: Schon 2019 hatte das Bundesverfassungsgericht strenge Auflagen an Sanktionen im SGB II formuliert. Ob die 100%-Streichung 2026 Bestand haben wird, bleibt daher abzuwarten.
Was können Betroffene tun?
- Termine immer wahrnehmen oder rechtzeitig absagen (mit Nachweis)
- Zumutbare Arbeitsangebote nicht pauschal ablehnen – triftige Gründe dokumentieren
- Nachweis über Krankheit oder Pflege von Angehörigen direkt einreichen
- Widerspruch gegen unberechtigte Sanktionen sofort einlegen (Frist: 1 Monat!)
- Sanktionsbescheide über eine Sozialberatung oder einen Anwalt prüfen lassen
- Schonvermögen nachweisen und vor Antrag klären, welche Absicherungen erlaubt sind
Ausblick: Wie geht es mit der Grundsicherung 2026 weiter?
Bundeskanzler Merz und die Regierungskoalition wollen das neue System bis spätestens Sommer 2026 vollständig eingeführt haben. Schon im Frühjahr des Jahres 2026 wird im Bundestag beraten und die endgültige Fassung beschlossen. Die wichtigsten Änderungen betreffen künftig neben strengeren Sanktionen auch die automatische Vermögensprüfung, schärfere Auflagen für Wohnkosten und eine neue Sozialcard für Lebensmittel- und Sachleistungen.
Zusammenfassung: neue Strafen bei neuer Grundsicherung
Die neue Grundsicherung 2026 bringt für Bezieher weitreichende Verschärfungen: Wer gegen Auflagen verstößt, muss mit bis zu 100% Kürzung der Leistungen und dem Wegfall von Wohngeld und Heizkostenzuschüssen rechnen. Die Karenzzeit für Vermögen entfällt, bereits ab dem ersten Antrag wird geprüft. Der Alltag für Leistungsbezieher wird damit spürbar strenger und die Gefahr einer existenziellen Notlage steigt. Schon kleine Pflichtverletzungen können hohe Strafen nach sich ziehen – umso wichtiger ist es, Fristen einzuhalten und Beratung zu suchen.


