Die Corona-Pandemie hat den Wandel der Arbeitswelt rasant beschleunigt: Homeoffice und mobiles Arbeiten sind aus vielen Branchen nicht mehr wegzudenken. Auch für Menschen mit Schwerbehinderung bietet der digitale Arbeitsplatz neue Chancen – aber auch zahlreiche Herausforderungen. Obwohl rechtliche Grundlagen zur Inklusion bestehen, steht die praktische Umsetzung noch am Anfang. In diesem Artikel erfahren Sie, wie Inklusion im Homeoffice gelingt, auf welche Barrieren Sie achten müssen und welche Fördermöglichkeiten es für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gibt.
Neue Chancen für Beschäftigte mit Schwerbehinderung
Für viele Arbeitnehmer mit Schwerbehinderung bedeutet Homeoffice mehr Flexibilität und weniger Belastung durch Arbeitswege oder unpassende Arbeitsumgebungen. Digitales Arbeiten kann helfen, individuelle Bedürfnisse besser zu berücksichtigen – vorausgesetzt die Technik stimmt und der Arbeitsplatz ist wirklich barrierefrei gestaltet.
Vorteile von Homeoffice für Menschen mit Schwerbehinderung:
- Individuelle Gestaltung der Arbeitsumgebung (z.B. höhenverstellbarer Tisch, Ruhe)
- Wegfall langer und belastender Arbeitswege
- Bessere Vereinbarkeit mit medizinischen Terminen und Therapiezeiten
- Weniger Stress durch flexible Arbeitszeitgestaltung1
Doch nicht alle profitieren gleichermaßen. Ohne passende technische und organisatorische Anpassungen können neue Hürden entstehen.
Recht auf Homeoffice und Barrierefreiheit
Menschen mit Schwerbehinderung genießen nach §164 SGB IX einen besonderen gesetzlichen Schutz am Arbeitsplatz. Das gilt auch für das Arbeiten von zuhause: Arbeitgeber sind verpflichtet, die Arbeitsplätze – auch im Homeoffice – behindertengerecht zu gestalten, wenn dies zumutbar ist.
Rechtlicher Rahmen:
- Anspruch auf behinderungsgerechte Ausstattung des Heimarbeitsplatzes
- Anspruch auf Hilfsmittel, sofern sie für die konkrete Tätigkeit benötigt werden
- Schutz vor Benachteiligung und Diskriminierung auch beim mobilen Arbeiten
Es besteht kein pauschaler Rechtsanspruch auf Homeoffice, aber bei entsprechender gesundheitlicher Situation und Zustimmung des Arbeitgebers stehen die Chancen gut, flexible Arbeitsmodelle zu vereinbaren.
Technische Hilfsmittel und digitale Barrierefreiheit
Ein barrierefreier Arbeitsplatz im Homeoffice geht über eine ergonomische Ausstattung hinaus: Wichtige Software und Kommunikationsmittel müssen ebenfalls zugänglich sein. Folgende Hilfsmittel und Tools sollten geprüft und ggf. beantragt werden:
- Bildschirmlesegeräte und vergrößernde Software
- Sprachausgabe-Programme (Screenreader)
- Lärmschutz oder spezielle Headsets für Menschen mit Hörbehinderung
- Ermöglichung alternativer Kommunikationsformen wie Untertitel oder Gebärdensprache bei Videokonferenzen
- Barrierefreie Bedienung von Unternehmensplattformen (z.B. Intranet, Kollaborations-Tools)
Der Arbeitgeber muss die entsprechenden Lösungen zur Verfügung stellen beziehungsweise deren Beantragung ermöglichen. Unterstützung gibt es vom Integrationsamt, der Agentur für Arbeit sowie den Krankenkassen. Anträge auf Hilfsmittel sollten stets gründlich dokumentiert und im Zweifel mit ärztlicher Stellungnahme untermauert werden.
Fördermöglichkeiten für Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Die Ausstattung eines barrierefreien Homeoffice kann Kosten verursachen, die viele nicht allein tragen müssen. Es gibt verschiedene Förderprogramme, die sowohl Arbeitgeber als auch Beschäftigte unterstützen:
- Integrationsamt: Bezuschusst technische Arbeitsplatzausstattung, Arbeitsassistenz und Umbaumaßnahmen für Beschäftigte mit anerkannter Schwerbehinderung.
- Agentur für Arbeit: Bietet Förderungen über das Programm „Teilhabe am Arbeitsleben“ – hierzu zählen auch Hilfsmittel fürs Homeoffice7.
- Deutsche Rentenversicherung: Übernimmt unter bestimmten Bedingungen Kosten für Hilfsmittel oder Umbaumaßnahmen am Arbeitsplatz.
- Krankenkassen: Bezahlen Hilfsmittel, die zum Ausgleich der Behinderung benötigt werden, sofern sie nicht bereits von anderer Stelle getragen werden.
Wichtig: Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten sich frühzeitig an das jeweilige Integrationsamt oder die zuständige Reha-Beratung wenden, um Fördermittel zu beantragen, bevor Maßnahmen umgesetzt werden.
Tipps für eine inklusive Homeoffice-Kultur
Neben technischer Barrierefreiheit ist die Unternehmenskultur entscheidend. Erfolgreiches inklusives Arbeiten im Homeoffice verlangt Offenheit und Kommunikation:
- Klare Absprachen zwischen Arbeitgeber und Beschäftigtem
- Sensibilisierung aller Kolleginnen und Kollegen für inklusive Kommunikation (z.B. Rücksicht bei Meetings)
- Ansprechperson im Unternehmen für Fragen zur Barrierefreiheit
- Regelmäßiges Feedback zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen
Neue Arbeitsmodelle wie Job Sharing oder flexible Arbeitszeiten unterstützen zusätzlich die Teilhabe von schwerbehinderten Beschäftigten.
Fazit des Vereins Für soziales Leben e.V.
Barrierefreies Homeoffice eröffnet Menschen mit Schwerbehinderung neue berufliche Möglichkeiten und fördert echte Teilhabe. Der Verein Für soziales Leben e. V. empfiehlt Arbeitgebern und Beschäftigten gemeinsam Lösungen zu suchen, Fördermöglichkeiten zu nutzen und die Digitalisierung als Chance für Inklusion zu verstehen. Nur wenn Barrieren – technisch wie organisatorisch – konsequent abgebaut werden, gelingt die gleichberechtigte Teilhabe aller am Arbeitsleben.
Quellen:
Aktion Mensch: „Homeoffice für Menschen mit Behinderung: Chancen und Herausforderungen“, 2023
SGB IX § 164 – Rechte von Menschen mit Behinderung im Berufsleben
Deutscher Behindertenrat: „Inklusion am Arbeitsplatz – Ihre Rechte“
Deutsches Institut für Menschenrechte: „Digitale Barrierefreiheit am Arbeitsplatz“, 2023
Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH): „Technische Hilfsmittel für den Arbeitsplatz“
Integrationsämter: „Finanzielle Hilfen“, Stand 2024
Bundesagentur für Arbeit: „Teilhabe am Arbeitsleben – Fördermöglichkeiten“