Bürgergeld: Fehlender Arbeitsantritt als Grund für Leistungsminderung oder Rückforderung?

Bürgergeld: Fehlender Arbeitsantritt als Grund für Leistungsminderung oder Rückforderung?

Wer Bürgergeld bezieht, muss sich – selbstverständlich – bemühen, so bald als möglich eine Arbeit zu finden, um den Leistungsbezug zu beenden. Wenn nunmehr die Möglichkeit besteht, ein Arbeitsverhältnis zu begründen, der Job aber nicht angetreten wird, welche Konsequenzen drohen dann vom Jobcenter? Leistungsminderung oder Rückforderung von Bürgergeld-Zahlungen. Es gilt schließlich der Grundsatz des Förderns und Forderns im Bürgergeld Gesetz.

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen  hatte vor kurzem darüber zu befinden (Urteil v. 26.1.2023, L 11 AS 336/21 ),  ob die unterlassene Aufnahme einer Arbeit ein sozialwidriges Verhalten darstellt. Aber mit einer Besonderheit: Das Jobcenter hatte  dem Betroffenen  nicht die nötige Hilfe geleistet.

Jobcenter leistet bei Arbeitsantritt keine Hilfestellung

Der Entscheidung des Landessozialgerichts lag folgender Fall zugrunde:

Der langzeitarbeitslose Leistungsbezieher hatte als Buchhalter gearbeitet hatte. Hiernach folgten Zeiten der Arbeitslosigkeit und verschiedene Hilfsarbeiten, z.B. in Lagerwirtschaft, Gebäudereinigung und im Supermarkt. Der Mann hatte sich über Monate ohne Erfolg auf Stellen als Buchhalter beworben. Dann lehnte das Jobcenter ab, Fahrten zu Vorstellungsterminen zu übernehmen. Das Jobcenter wollte einen Strategiewechsel. Bewerbungen als Buchhalter seien nach so langer Zeit ohne entsprechende Berufspraxis nicht mehr erfolgversprechend. Dann kam die Überraschung. Der Leistungsbezieher bekam einen Arbeitsvertrag als Buchhalter bei einer Behörde. Der Job wurde in einer anderen Stadt angeboten, die vom derzeitigen Wohnsitz nicht erreichbar war. Eine Arbeitsaufnahme fand nicht statt, weil das Jobcenter die Übernahme der Mietkaution für eine neue Wohnung ablehnte. Ein Umzug war deshalb nicht möglich.

Unverständliche Forderung des Jobcenters

Das Jobcenter stellte Erstattungsforderung wegen sozialwidrigen Verhaltens auf. Grund: der Leistungsbezieher sei nicht Einstellungstermin erschienen. Somit habe er vorsätzlich das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses verhindert.

Das Jobcenter verlangte Leistungen zurück (heute Bürgergeld). Der Betroffene erhob Klage vor dem Sozialgericht. Er begründete seine Klage damit, dass es nicht sein Verschulden gewesen sei, die Arbeit nicht anzutreten. Er habe den Mietvertrag in der anderen Stadt nicht unterzeichnen könne, da kein Geld für die Mietkaution vom Jobcenter zur Verfügung gestellt worden sei.

Landessozialgericht: kein sozialwidriges Verhalten

Das Landessozialgericht gab dem Kläger Recht. Ein  Nichtantritt einer außerhalb des Bereichs der täglichen Erreichbarkeit gelegenen Arbeitsstelle sei kein sozialwidriges Verhalten. Grund: der Arbeitsuchende kann am künftigen Beschäftigungsort keine Wohnung anmieten,  

– weil er kein Geld für die Mietkaution gehabt habe und

– das Jobcenter die Übernahme der Mietkaution abgelehnt habe.