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Bürgergeld 2025: Jobcenter verlangt jetzt alle Kontoauszüge – das müssen Sie wissen

Im April 2025 hat die Bundesagentur für Arbeit das neue Weiterbewilligungsantrags-Formular (WBA) veröffentlicht – mit einer entscheidenden Änderung für alle Bürgergeld-Empfänger. Jetzt sind lückenlose Kontoauszüge aller Haushaltsmitglieder für die letzten drei Monate als “erforderliche Anlage” vorgeschrieben. Was bedeutet das für Antragsteller? Der folgende Expertenbeitrag von Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e. V., beleuchtet die Hintergründe, die Rechtslage und gibt wertvolle Hinweise zur sicheren und datenschutzkonformen Einreichung der Unterlagen.

Im April 2025 hat die Bundesagentur für Arbeit das überarbeitete Formular für den Weiterbewilligungsantrag (WBA) zum Bürgergeld veröffentlicht und dabei eine entscheidende Änderung vorgenommen: Die lückenlose Vorlage von Kontoauszügen aller Haushaltsmitglieder über die letzten drei Monate ist nun unmissverständlich als “erforderliche Anlage” genannt. Für viele Bezieher von Bürgergeld bedeutet das erhöhte Anforderungen, stärkere Kontrolle und neuen Handlungsbedarf beim Umgang mit vertraulichen Bankdaten.

Die neue Pflicht zur Vorlage von Kontoauszügen

Mit dem neuen Formular WBA 04/2025 fordert die Bundesagentur für Arbeit ausdrücklich, dass alle Kontoauszüge der letzten drei Monate von sämtlichen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft lückenlos einzureichen sind. Dies gilt für sämtliche Konten – also auch für Gemeinschaftskonten, Online-Konten (beispielsweise PayPal) und Sparkonten, auf denen relevante Transaktionen stattfinden. Die konsequente Einbeziehung ALLER Haushaltsmitglieder ist damit rechtlich und verwaltungstechnisch neu zementiert.

Diese Regelung ist nicht nur eine formale Verschärfung. Sie dient der eindeutigen Prüfung der Hilfebedürftigkeit und soll verschleierte Einkünfte oder Vermögen in der Bedarfsgemeinschaft aufdecken. Die gesammelten Auszüge geben dem Jobcenter Einblick in sämtliche Geldzuflüsse und -abgänge, die für die Berechnung des Leistungsanspruchs relevant sind. Hintergrund ist §60 SGB I (Mitwirkungspflicht), §67a SGB X (Datenerhebung) sowie die genaue Auslegung der Anspruchsvoraussetzungen nach SGB II.

Was Bürgergeld-Bezieher jetzt beachten müssen

  • Lückenlose Dokumentation: Alle Kontoauszüge müssen chronologisch und ohne Lücken für den geforderten Zeitraum (aktuell: drei Monate) eingereicht werden.
  • Alle Konten relevant: Das Jobcenter verlangt Auszüge von jedem Konto – Girokonten, Sparkonten, Online-Konten (z.B. PayPal), ggf. auch von Minderjährigen, sofern sie Teil der Bedarfsgemeinschaft sind.
  • Fristgerechte Einreichung: Fehlende oder unvollständige Unterlagen können zur Ablehnung oder Einstellung der Leistungen führen. Eine Nachforderung ist üblich, aber fristgebunden.
  • Datenschutz: Sensible politische oder religiöse Verwendungszwecke dürfen auf Kontoauszügen laut Rechtsprechung geschwärzt werden. Die Speicherung der Auszüge durch das Jobcenter ist nur zur Prüfung zulässig.
  • Besondere Gruppen (Selbständige): Wer selbständig oder freiberuflich tätig ist, muss darüber hinaus die Anlage EKS ausfüllen und gesonderte Nachweise vorlegen.
  • Online-Upload möglich: Das neue Formular kann einfach online ausgefüllt und samt Anlagen digital übermittelt werden. Das spart Porto und Zeit, erfordert aber eine sichere Datenübertragung und, bei Online-Anträgen, ggf. eID-Verifizierung.

Hintergründe: Warum diese Änderung?

Die massiven Veränderungen im Bürgergeld-Regime ab Januar und April 2025 sollen laut Bundesregierung Hilfebedürftigkeit präziser prüfen, Missbrauch verhindern und die Leistungsgewährung transparenter machen. Parallel zu härteren Sanktionen, verkürzter Karenzzeit und reduzierten Freibeträgen ist die strenge Kontoauszugspflicht ein Baustein der neuen Kontrollinstrumente. Das Ziel: Leistungen nur an tatsächlich Bedürftige.

Praxis-Tipps für Antragsteller

  • Vorab prüfen: Rechtzeitig vor Antragstellung alle Kontoauszüge bereitstellen und auf Richtigkeit prüfen.
  • Schwärzen von sensiblen Buchungen: Politische Mitgliedsbeiträge, Kirchensteuern etc. dürfen auf den Kopien geschwärzt werden. Einkünfte, Überweisungen und Guthaben müssen sichtbar bleiben.
  • Konsequente Nachreichung: Bei Zugang neuer Konten oder nachträglichen Buchungen unbedingt lückenlos nachreichen.
  • Aufbewahrungspflicht: Die Jobcenter dürfen keine Originalbelege behalten. Kopien sind ausreichend. Nach Abschluss der Prüfung müssen Kopien datenschutzkonform gelöscht werden.
  • Beratung: Bei Unsicherheiten empfiehlt sich die (kostenlose) Beratung durch eine Sozialberatungsstelle oder direkt beim Jobcenter.

Rechtliche Grundlagen und Datenschutz

Die Pflicht zur lückenlosen Vorlage der Kontoauszüge resultiert aus der Mitwirkungspflicht nach SGB I und der Datenübertragung nach SGB X. Das Bundessozialgericht hat diese Vorgehensweise in mehreren Urteilen bestätigt, sofern die Datenerhebung verhältnismäßig gestaltet wird. Antragsteller sollen durch Merkblätter und Hinweise umfassend aufgeklärt werden und haben das Recht, personenbezogene Daten zu schwärzen. Mehr dazu lesen Sie im offiziellen Merkblatt zur Anforderung von Kontoauszügen bei der Bundesagentur für Arbeit.

Fazit:
Mit der Anpassung des Weiterbewilligungsantrags im April 2025 schafft die Bundesagentur für Arbeit mehr Transparenz – aber auch höheren Aufwand und Kontrollbedarf für Bürgergeld-Bezieher. Die geforderte lückenlose Vorlage der Kontoauszüge stellt neue Anforderungen an Datenschutz, Nachweisführung und Selbstorganisation. Wer sich rechtzeitig auf die neuen Regeln einstellt, schützt seinen Bürgergeldanspruch und sorgt für einen reibungslosen Antragsprozess.

Redakteure

  • Peter Kosick

    Jurist und Redakteur

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen. Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein. Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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  • ik
    Experte:

    Sozialrechtsexperte und Redakteur

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an. Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen. Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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