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Neues Urteil schützt Vermieter: Jobcenter darf keine kompletten Nebenkostenabrechnungen fordern

Ein bahnbrechendes Urteil stärkt die Rechte von Vermietern – und sorgt für neue Klarheit im Sozialrecht. Dieser Artikel stammt vom Nachrichtenmagazin „Bürger & Geld“ des Vereins Für soziales Leben e. V.

Wenn Jobcenter mehr über Betriebskosten, Heizabrechnungen und Verbrauchsdaten wissen wollen, stoßen sie künftig an Grenzen. Ein aktuelles Gerichtsurteil beschränkt die Auskunftspflicht von Vermietern deutlich – und schafft rechtliche Sicherheit in einem bislang umstrittenen Bereich.

Gericht zieht klare Linie bei Datenauskunft

Wie jetzt deutlich wurde, dürfen Jobcenter von Vermietern keine vollständigen Betriebskosten- oder Heizkostenabrechnungen inklusive aller Anlagen einfordern. Diese Entscheidung beruht auf einem jüngsten Beschluss, über den soziale Fachmedien wie „juris“ bereits berichtet haben.

Nur dort, wo ein Betriebs- oder Heizkostenguthaben besteht, das einem Leistungsbeziehenden zusteht, besteht eine gesetzliche Auskunftspflicht der Vermieter gegenüber dem Jobcenter.

Rechtsgrundlage: § 60 SGB II

Die rechtliche Basis liegt im § 60 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II). Dort ist genau geregelt, wer dem Jobcenter welche Daten übermitteln muss.

Nach Auffassung der Richter lässt sich aus dem Gesetz keine Pflicht ableiten, weitergehende Daten – etwa über den Energieverbrauch oder die Höhe monatlicher Abschläge – mitzuteilen. Ebenso dürfen Angaben zur Anzahl der Nutzer oder zum individuellen Heizverhalten nicht verlangt werden.

Datenschutz als Schutzschild

Das Urteil stärkt insbesondere den Datenschutz von Mieterinnen und Mietern. Durch die neuen Grenzen wird verhindert, dass das Jobcenter ungewollt sensible Informationen erhält. Auch Vermieter werden entlastet, da sie keine komplexen Datenpakete mehr aufbereiten müssen.

Wie in mehreren Kommentierungen zu sozialgerichtlichen Entscheidungen berichtet wurde, sei der Schutz personenbezogener Daten „wichtiger Bestandteil der Balance“ zwischen Sozialverwaltungsaufgaben und Privatsphäre.

Praktische Folgen für Vermieter und Jobcenter

Für Jobcenter bedeutet die Entscheidung, dass sie ihre Informationspraxis anpassen müssen. Künftig dürfen sie nur noch Daten verlangen, die unmittelbar zur Leistungsberechnung erforderlich sind.

Vermieter profitieren gleichzeitig von Rechtssicherheit. Sie müssen lediglich dann Auskünfte erteilen, wenn tatsächlich ein Guthaben aus Nebenkosten an den Leistungsbeziehenden fließt.

SituationAuskunftspflicht gegenüber Jobcenter
Betriebskostenguthaben vorhandenJa
Keine Abrechnung / kein GuthabenNein
Angaben zum VerbrauchsverhaltenNein
Höhe monatlicher AbschlägeNein
Zahl der HaushaltsnutzerNein

Stimmen aus der Praxis

Die Entscheidung wird von Vermieterverbänden begrüßt, während Jobcentervertreter auf einen drohenden Mehraufwand bei der Leistungsprüfung verweisen.

Ein Sprecher eines Berliner Wohnungsvereins erklärte, die Rechtsprechung bringe „endlich Klarheit, wo Behördenbefugnisse enden“. Sozialrechtsexperten sehen darin ein „Signal für mehr Augenmaß im Umgang mit Mieterdaten“.

Was Leistungsbeziehende jetzt wissen sollten

Leistungsbeziehende im Bürgergeld-System müssen keine Angst haben, dass ihre privaten Verbrauchsdaten einfach an das Jobcenter weitergegeben werden. Nur bei einem Abrechnungsguthaben kann das Jobcenter die Vermieterseite ansprechen, um Zahlungen korrekt zu verrechnen.

FAQ: Häufige Fragen

Müssen Vermieter dem Jobcenter immer Auskunft erteilen?

Nur, wenn ein Betriebskostenguthaben besteht. In allen anderen Fällen besteht keine Verpflichtung.

Darf das Jobcenter vollständige Abrechnungen verlangen?

Nein. Nur relevante Informationen über ein mögliches Guthaben dürfen übermittelt werden.

Was passiert, wenn ein Vermieter die Auskunft verweigert?

Bei einer bestehenden Pflicht (z. B. Guthaben) kann das Jobcenter Auskünfte einfordern. In allen anderen Fällen ist eine Verweigerung rechtmäßig.

Schützt das Urteil auch Mieterinnen und Mieter vor Datenmissbrauch?

Ja, denn vertrauliche Informationen über Energieverbrauch oder Haushaltsstruktur bleiben geschützt.

Fazit

Mit dieser Entscheidung setzt das Gericht ein deutliches Zeichen: Behördliche Datengier hat Grenzen. Sowohl Vermieter als auch Mietende gewinnen an rechtlicher Sicherheit. Für die Jobcenter beginnt damit eine neue Phase der digitalen Zurückhaltung – im Sinne des Datenschutzes und der Rechtsklarheit.

Redakteure

  • Peter Kosick

    Jurist und Redakteur

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen.

    Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein.

    Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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  • ik
    Experte:

    Sozialrechtsexperte und Redakteur

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an.

    Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen.

    Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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