Das Bürgergeld ist das zentrale soziale Sicherungsinstrument in Deutschland. Es soll im Herbst 2025 reformiert werden. Besonders der Vorwurf des Leistungsmissbrauchs steht regelmäßig im Mittelpunkt der politischen Debatten. Wir denken: wichtig sind deshalb fundierte Zahlen, Trends und Hintergründe. Nachfolgend finden Sie deshalb eine umfassende Analyse der aktuellen Lage rund um Missbrauchsfälle bei Bezug von Bürgergeld (Stand Juli 2025).
Was versteht man unter Leistungsmissbrauch beim Bürgergeld?
Unter Leistungsmissbrauch werden alle Handlungen verstanden, durch die zu Unrecht Sozialleistungen bezogen werden. Im Fokus steht gegenwärtig der bandenmäßige Missbrauch. Hierbei werden – oft in organisierten Strukturen – Arbeitsverhältnisse oder selbstständige Tätigkeiten nur vorgetäuscht, um den Anspruch auf Bürgergeld künstlich herbeizuführen. Auch gefälschte oder erschlichene Aufenthaltsrechte, Sammelunterkünfte als Meldeadressen und Scheinväterschaften zählen zu den bekannt gewordenen Methoden.
Aktuelle Zahlen der Bundesregierung 2024/2025
- Deutlicher Anstieg der registrierten Fälle:
Im Jahr 2024 wurden bundesweit 421 Fälle bandenmäßigen Leistungsmissbrauchs beim Bürgergeld festgestellt. Das bedeutet eine fast Verdoppelung gegenüber 2023, als noch 229 Fälle gemeldet wurden. - Strafanzeigen:
Von den 421 Fällen im Jahr 2024 führten 209 Fälle zu einer Strafanzeige. Im Vorjahr waren es von 229 dokumentierten Fällen lediglich 52 mit Strafanzeige. - Erster Trend für 2025:
Bereits bis Mai 2025 sind 195 neue Fälle bekannt geworden, die bisher zu 96 neuen Strafanzeigen geführt haben. Expertinnen und Experten vermuten eine weiter steigende Tendenz im laufenden Jahr. - Bürgergeld-Empfänger gesamt:
Insgesamt beziehen derzeit etwa 5,5 Millionen Menschen Bürgergeld in Deutschland.
Die Zahlen wurden einem Artikel von Die Zeit entnommen.
Dunkelziffer höher, aber Missbrauch kein Massenphänomen
Wichtig ist in diesem Zusammenhang: Die Bundesregierung und unabhängige Arbeitsmarktexperten gehen davon aus, dass die tatsächliche Zahl unerkannt gebliebener Fälle (Dunkelziffer) deutlich höher liegt. Dennoch sprechen selbst diese jüngsten Zahlen dafür, dass Leistungsmissbrauch beim Bürgergeld kein Massenphänomen ist. Im Verhältnis zur Gesamtzahl der Empfänger nehmen „bandenmäßige“ Missbrauchsfälle nur einen sehr, sehr kleinen Anteil ein.
Typische Methoden und Beispiele für Betrug
- Schein-Arbeitsverhältnisse und Schein-Selbstständigkeiten, oft organisiert von kriminellen Netzwerken
- Vortäuschung von Familienverhältnissen / Vaterschaften, um Aufenthaltsrechte und Bürgergeld zu erschleichen
- Gruppenanmeldungen (z. B. viele Personen auf einer Meldeadresse) mit anschließender Weiterleitung der Zahlungen an Drahtzieher
Maßnahmen der Bundesregierung gegen Leistungsmissbrauch
Die Reaktion der Regierung auf den deutlichen Anstieg:
- Intensivierung der Ermittlungen in Jobcentern, u. a. engere Zusammenarbeit mit dem Zoll
- Einführung neuer Sanktionsmöglichkeiten: Seit Frühjahr 2024 kann das Bürgergeld bei beharrlicher Arbeitsverweigerung für bis zu zwei Monate komplett gestrichen werden
- Die Bundesregierung hat angekündigt, „mafiöse Strukturen“ gezielt bekämpfen zu wollen; dies soll im Rahmen einer Reform des Bürgergeldes geschehen, das künftig “Neue Grundsicherung” heißen soll.
Mäßigung ist gefragt
- Die gestiegenen Zahlen sind kein Grund für drastische Kürzungen und einen Systemwechsel. Mehr Sachlichkeit statt polemischer Stimmungsmache ist notwendig.
- Nicht jede Bürgergeld beziehende Person darf unter Verdacht gestellt werden. Fälle von Leistungsmissbrauch nehmen nur eine verschwindend geringe Zahl der Bürgergeld Leistungsfälle ein.
Zusammenfassung: Leistungsmissbrauch beim Brgeld
Leistungsmissbrauch beim Bürgergeld existiert und ist zuletzt deutlich angestiegen – insbesondere was organisierte, bandenmäßige Strukturen angeht. Dennoch bleibt der Anteil an der Gesamtzahl der Leistungsbezieher sehr gering. Die Politik nutzt dies zu einer Generaldebatte und will mit harten Maßnahmen und verschärften Kontrollen reagieren. Stichwort: Neue Grundsicherung. Experten fordern jedoch einen differenzierten Umgang mit den Zahlen.
Klar ist: Missbrauchsfälle müssen konsequent verfolgt werden, sollten jedoch nicht pauschalisiert werden, da die meisten Bürgergeld-Empfänger (zu weit über 90 Prozent) rechtstreu sind und auf Unterstützung angewiesen sind!