Die neue Rechtslage ab 2026
Das Bürgergeld ist bald Geschichte. Die neue Grundsicherung für Arbeitsuchende kommt. Mit dem sogenannten 13. SGB-II-Änderungsgesetz verabschiedet die Regierung voraussichtlich ein verschärftes Sanktionsregime. Besonders relevant: Bereits ein versäumter Jobcenter-Termin kann massive Konsequenzen auslösen.
| Sanktionsstufe | Folge bei nicht wahrgenommenem Termin |
|---|---|
| 1. Versäumter Termin | Verpflichtungsverwaltungsakt: Das Jobcenter schreibt per Verwaltungsakt neue Pflichten verbindlich vor und kann detaillierte Eigenbemühungen, Nachweispflichten und Fristen setzen. |
| 2. Versäumter Termin | 30%-Sanktion des Regelsatzes für drei Monate (~168,90 € monatlich) |
| 3. Versäumter Termin | Vollständiger Entzug des Regelbedarfs; nur noch Miete und Heizung bleiben vorerst erhalten. |
| 4. Versäumter Termin | Totalsanktion: vollständiger Verlust aller Leistungen, einschließlich Unterkunftskosten und Krankenversicherungsschutz – so lange, bis eine Mitwirkung/Kooperation erfolgt. |
Was bedeutet der Verpflichtungsverwaltungsakt?
Nach dem ersten verpassten Termin kann das Jobcenter alle Pflichten – etwa Bewerbungen, Kursbesuche, Arbeitsaufnahme – per Verwaltungsakt einseitig und verbindlich festlegen. Die Mitwirkungspflichten werden verschärft und die Möglichkeit zur kooperativen Beratung fällt weg: Ab diesem Moment sind sanktionsbewährte Maßnahmen grundsätzlich möglich.
Das ergibt sich aus dem Entwurf von § 15b Abs. 1 S. 1 SGB II. Er sieht vor, dass as Jobcenter durch Verpflichtungsverwaltungsakt festlegen kann,
- welche Eigenbemühungen die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person erbringen muss
- in welcher Häufigkeit dies zu geschehen hat und
- in welcher Form und Frist die Eigenbemühungen nachzuweisen sind ( Entwurf § 15b Abs. 4 SGB II).
Verschärfung: Nachweis- und Mitwirkungspflichten
Es reicht nicht nur, Bewerbungen und Eigenbemühungen nachzuweisen. Fehlen Nachweise oder werden sie verspätet eingereicht, folgt eine Sanktion, selbst wenn die Bemühungen tatsächlich erbracht wurden. Die übliche Möglichkeit, Sanktionen durch nachträgliche Mitwirkung oder Nachweise zu beenden, entfällt: Die Sanktion dauert mindestens einen Monat und kann nicht rückwirkend aufgehoben werden.
Folgen für Betroffene
- Bereits ein einziges Maliges Nichterscheinen kann die Grundlage für dauerhafte Sanktionen und weitreichende Verpflichtungen bilden.
- Zwei verpasste Termine führen zu einer empfindlichen Kürzung des Lebensunterhalts für drei Monate.
- Drei versäumte Termine bedeuten den vollständigen Wegfall des Regelbedarfs – das führt schnell zur akuten Armut.
- Mit dem vierten Versäumnis verlieren Betroffene jeglichen Schutz, u.a. für Unterkunft und Krankenversicherung.
- Sozialverbände warnen vor wachsender Obdachlosigkeit, Armut und verfassungsrechtlichen Problemen.
Härtefälle, Nachweismöglichkeiten und Praxisprobleme
Zwar sind Härtefallregelungen (z.B. bei Krankheit, Notfällen) vorgesehen, doch in der Praxis werden diese oft restriktiv beurteilt, mit hohen Hürden für eine Anerkennung. Besonders vulnerabel sind psychisch Erkrankte, Alleinerziehende, sozial Benachteiligte, aber auch Menschen mit Kommunikationsproblemen oder Migrationshintergrund.
Kritik und gesellschaftlicher Ausblick
Fachverbände, Gewerkschaften und Expert*innen wie Tacheles sozialhilfe.de kritisieren die Regelung als klaren Verstoß gegen die verfassungsrechtliche Sicherung des Existenzminimums. Es droht eine sozialstaatliche Spaltung, wobei existenzielle Risiken bewusst in Kauf genommen werden. Die Ausweitung der Sanktionen übertrifft sogar die bisher schärfsten Regelungen und konterkariert die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts.
Was können Betroffene tun?
- Jeden Termin unbedingt wahrnehmen oder rechtzeitig absagen und Nachweise sicher dokumentieren.
- Bei Sanktionsandrohung: Sofort reagieren, Widerspruch einlegen, Rechtsberatung oder Sozialberatung aufsuchen.
- Partnerschaftliche Kommunikation mit dem Jobcenter suchen, um Missverständnisse und unberechtigte Sanktionen zu vermeiden.
Zusammenfassung: Verpflichtungsverwaltungsakt bei Terminversäumnis
Die neue Grundsicherung 2026 setzt auf eine nie dagewesene Härte: Schon ein versäumter Termin kann die Existenzgrundlage nachhaltig gefährden. Für Grundsicherungs-Empfänger wird eine aktive Mitwirkung und genaue Dokumentation lebenswichtig – nur so lassen sich die hohen Risiken der neuen Regelungen begrenzen. Wer betroffen ist, muss die neuen juristischen Vorgaben kennen, auf jede Einladung reagieren und im Zweifel professionelle Hilfe suchen, um gravierende Rechtsfolgen zu vermeiden.


