Urteil: Jobcenter muss Notebook für Schüler bezahlen

Das Thema digitale Bildung ist in den letzten Jahren immer wichtiger geworden – nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie und den damit verbundenen Distanzunterricht. Für Familien im Bürgergeld- oder Grundsicherung-Bezug stellt die Anschaffung eines Notebooks oder Laptops für schulische Zwecke jedoch eine erhebliche finanzielle Hürde dar. Verschiedene Sozialgerichte haben in den vergangenen Jahren wegweisende Urteile gefällt, die die Rechte von Schülern auf digitale Teilhabe stärken.

Datum:

Das Sozialgericht Halle hat am 12. März 2025 ein aktuelles, wegweisendes Urteil gefällt: Das Jobcenter muss die Kosten für ein Notebook übernehmen, wenn dieses für den Schulunterricht zwingend erforderlich ist und die Familie die Kosten nicht selbst tragen kann. Das Urteil stärkt die Rechte von Schülern aus einkommensschwachen Haushalten im Bürgergeld Bezug bzw. Bezug der Grundsicherung für Arbeitsuchend und schafft Klarheit über die Ansprüche auf digitale Endgeräte im Rahmen des Bürgergeldes. Einzelheiten zu diesem Urteil, dass für alle Jugendlichen zwischen 14 und 17 Jahren relevant ist, finden Sie hier auf Bürger & Geld, dem Nachrichten-Magazin des Vereins Für soziales Leben e.V.!

Hintergrund des Notebook für Schüler Falls

Im konkreten Fall ging es um eine 15-jährige Schülerin, deren Schule ab der 8. Klasse die Nutzung eines einheitlichen Notebooks für den Unterricht verpflichtend eingeführt hatte. Die Familie der Schülerin bezieht Bürgergeld und konnte die Anschaffungskosten von 249 Euro nicht selbst aufbringen. Nachdem das Jobcenter die Übernahme der Kosten zunächst ablehnte, klagte die Schülerin vor dem Sozialgericht Halle – mit Erfolg.

Das aktuelle Urteil des Sozialgerichts Halle (2025)

Das Sozialgericht Halle entschied im März 2025, dass das Jobcenter die Kosten für ein Notebook übernehmen muss, wenn dieses für den Schulunterricht zwingend erforderlich ist und die Familie die Kosten nicht selbst tragen kann. Die Richter beriefen sich auf den Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II (Bürgergeld Gesetz): Digitale Endgeräte sind dann als unabweisbarer Bedarf anzuerkennen, wenn sie für die schulische Teilhabe notwendig sind und nicht von der Schule gestellt werden. Die Kostenübernahme erfolgt als Zuschuss, nicht als Darlehen, und ist somit nicht zurückzuzahlen.

Das Urteil betont, dass Schüler nicht auf das Ansparen im Regelsatz verwiesen werden können, da der Regelsatz keine ausreichenden Mittel für solche Anschaffungen vorsieht. Die Entscheidung ist zwar noch nicht rechtskräftig, hat aber Signalwirkung für vergleichbare Fälle bundesweit.

Das Urteil des Sozialgerichts Köln (2020)

Bereits im August 2020 hatte das Sozialgericht Köln eine ähnliche Entscheidung getroffen (Az.: S 15 AS 456/2019). In diesem Fall beantragte ein Schüler aus Köln die Übernahme der Kosten für einen Laptop samt Drucker, da diese Geräte für den Unterricht und die Vorbereitung von Präsentationen unabdingbar waren. Das Jobcenter lehnte den Antrag mit Verweis auf den Regelbedarf ab. Der Schüler klagte und bekam Recht: Das Gericht stellte klar, dass die Kosten für einen Schulcomputer weder im Regelbedarf noch in den Bedarfen für Bildung und Teilhabe berücksichtigt sind.

Das Gericht betonte die Bedeutung digitaler Bildung für die gesellschaftliche Teilhabe und die Chancengleichheit. Digitale Endgeräte seien heute elementar für die Vermittlung von Kompetenzen und die Vorbereitung auf die Anforderungen einer digitalisierten Arbeitswelt. Daher handele es sich bei der Anschaffung eines Laptops um einen unabweisbaren Mehrbedarf, der vom Jobcenter zu übernehmen ist. Im konkreten Fall wurden dem Schüler 450 Euro für Laptop und Drucker erstattet.

Weitere Urteile und bundesweite Bedeutung

Auch andere Sozialgerichte, wie das SG Gotha und das SG Mannheim, haben in den letzten Jahren zugunsten von Schülern entschieden, wenn digitale Endgeräte für den Schulbesuch erforderlich waren und keine Leihgeräte von der Schule zur Verfügung standen. Die Bundesagentur für Arbeit hat in einer Weisung klargestellt, dass Jobcenter die Kosten für digitale Endgeräte bis zu 350 Euro übernehmen sollen, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind.

Die rechtliche Grundlage: Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II

Das Gericht berief sich auf die seit dem 1. Januar 2021 geltende Rechtslage: Nach § 21 Absatz 6 SGB II können Jobcenter einen sogenannten Mehrbedarf anerkennen, wenn ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht, der nicht durch den Regelsatz abgedeckt ist. Digitale Endgeräte wie Notebooks oder Tablets gelten als solcher Mehrbedarf, wenn sie für die schulische Teilhabe zwingend notwendig sind und nicht von der Schule gestellt werden.

Argumente des Urteils

  • Das Notebook ist ein zwingender Bestandteil des Unterrichts und damit ein unabweisbarer Bedarf.
  • Die Kostenübernahme erfolgt als Zuschuss und nicht als Darlehen. Das bedeutet, das Geld muss nicht zurückgezahlt werden!
  • Die Schülerin kann nicht darauf verwiesen werden, den Betrag anzusparen, da im Regelsatz keine Mittel für solche Anschaffungen vorgesehen sind.

Bedeutung für andere Schüler und Familien

Das Urteil des Sozialgerichts Halle ist kein Einzelfall. Bereits zuvor haben Gerichte, etwa in Köln und Gotha, ähnlich entschieden: Wenn digitale Endgeräte für den Schulunterricht notwendig sind und die Schule diese nicht zur Verfügung stellt, muss das Jobcenter die Kosten übernehmen. Die Bundesagentur für Arbeit hat dies in einer Weisung vom 1. Februar 2021 klargestellt: Schüler im SGB II-Bezug haben grundsätzlich Anspruch auf einen Zuschuss für digitale Endgeräte bis zu 350 Euro, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind.

Voraussetzungen für die Kostenübernahme für Schul-Notebooks

  • Das digitale Endgerät ist für die schulische Nutzung zwingend erforderlich (z.B. Vorgabe der Schule).
  • Die Schule stellt kein Leihgerät zur Verfügung.
  • Die Schülerin oder der Schüler ist unter 25 Jahre alt und besucht eine allgemein- oder berufsbildende Schule.

So stellen Sie einen Antrag beim Jobcenter

  • Nachweis der Schule über die Notwendigkeit des Geräts einholen.
  • Antrag auf Kostenübernahme beim Jobcenter stellen (mit Nachweis).
  • Bei Ablehnung: Widerspruch einlegen und ggf. rechtliche Beratung in Anspruch nehmen.

Dann besteht kein Anspruch gegenüber dem Jobcenter

Die Gerichte betonen, dass kein Anspruch besteht, wenn die Schule ein Leihgerät zur Verfügung stellt oder wenn der Bedarf nicht ausreichend nachgewiesen wird. Auch die Anschaffung besonders teurer oder markengebundener Geräte wird in der Regel nicht übernommen; es muss ein kostengünstiges, gebrauchstaugliches Gerät gewählt werden.

Zusammenfassung zu: Jobcenter muss Kosten für Notbook für Schüler übernehmen

Die Urteile des Sozialgerichts Halle und des Sozialgerichts Köln markieren einen wichtigen Schritt in Richtung Bildungsgerechtigkeit. Sie stellen klar: Schüler aus einkommensschwachen Familien dürfen nicht vom digitalen Unterricht ausgeschlossen werden, nur weil ihnen das Geld für ein Notebook fehlt. Das Jobcenter ist verpflichtet, die Kosten zu übernehmen, wenn das Gerät für den Schulbesuch notwendig ist und kein Leihgerät zur Verfügung steht – und das als Zuschuss, nicht als Darlehen.

Tipp: Betroffene Familien sollten einen Nachweis der Schule über die Notwendigkeit des Geräts einholen und einen Antrag beim Jobcenter stellen. Bei Ablehnung lohnt sich ein Widerspruch oder die Klage – die Chancen auf Erfolg stehen nach aktueller Rechtsprechung gut.

Weiterführende Infos

Jobcenter bezahlt Smartphone?

Redakteure

  • dt e1691505015533

    Unser Redaktionsmitglied Dirk van der Temme (Jahrgang 1973) hat in Düsseldorf Diplom-Sozialarbeit studiert und erfolgreich  abgeschlossen. Schon als Schüler hat er sich sozial engagiert und die Liebe zu den Menschen beibehalten. Er hat die Entwicklung der Sozialhilfe, die Hartz Gesetze und die Einführung des Bürgergeldes mit großem Interesse verfolgt. Seine Beiträge in unserem Magazin zeigen, dass er weiß, worüber er schreibt.

    Alle Beiträge ansehen
  • Peter Kosick
    Experte:

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen. Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein. Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

    Alle Beiträge ansehen