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Weihnachtsgeschenke bei Bürgergeld: Was wirklich auf den Regelsatz der Grundsicherung angerechnet wird

Weihnachtsgeschenke für Bezieher von Bürgergeld oder Grundsicherung können den Regelsatz mindern – aber nur unter bestimmten Voraussetzungen und mit wichtigen Freibereichen. Der nachfolgende Artikel auf Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e.V., erklärt, wann Jobcenter Weihnachtsgeschenke auf die Leistung der Grundsicherung anrechnen müssen.

Grundprinzip: Was darf das Jobcenter anrechnen?

Bei Bürgergeld, der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) und Grundsicherung im Alter/bei Erwerbsminderung (SGB XII) wird nur „Einkommen in Geld“ grundsätzlich auf den Regelsatz angerechnet.
Geschenke in Form von Sachen oder Gutscheinen gelten rechtlich als Vermögen und sind daher zunächst nicht als Einkommen zu berücksichtigen, solange die Vermögensfreigrenzen (Schonvermögen) nicht überschritten werden.

Sachgeschenke: Spielzeug, Technik, Kleidung & Co.

Sachgeschenke zu Weihnachten – etwa Kleidung, Spielzeug, Handy, Haushaltsgerät oder auch Wertgegenstände – werden nicht als Einkommen gewertet.
Erst nach dem Zuflussmonat zählen sie als Vermögen; problematisch wird es nur, wenn das gesamte Vermögen die gesetzlich zulässige Vermögensgrenze übersteigt.

Wichtig für die Praxis:

  • Gutscheine (zum Beispiel für den Elektronikmarkt, Drogerie, Baumarkt, Online-Shop) gelten ebenfalls als Sachleistungen und sind daher wie Sachgeschenke zu behandeln.
  • Teure Einmalgeschenke (z.B. Schmuck, Gold, hochwertige Elektronik) können bei ohnehin hohem Vermögen in Grenzbereiche zur Vermögensobergrenze führen – hier empfiehlt sich Beratung.

Geldgeschenke: Wann wird der Regelsatz gekürzt?

Geldgeschenke zu Weihnachten gelten dem Grunde nach als Einkommen und können den Bürgergeld‑ oder Grundsicherungsanspruch im Zuflussmonat mindern.
Relevante Kriterien sind: Höhe des Geldgeschenks, Zweckbestimmung, ob es den gleichen Bedarf deckt wie die Regelleistung (z.B. Lebensunterhalt) und ob die Berücksichtigung „grob unbillig“ wäre.

Bei Bürgergeld werden kleine Geldgeschenke bis zu einem Betrag von 50 Euro jährlich häufig als geringfügig eingeordnet und nicht angerechnet, weil sie die Lage der Leistungsberechtigten nicht so günstig beeinflussen, dass Leistungen entfielen.
Mehrere ältere Entscheidungen und Fachhinweise knüpfen diese 50‑Euro‑Grenze an das Jahr, nicht an jede einzelne Überweisung; höhere Beträge können daher als anrechenbares Einkommen bewertet werden.

Geringwertigkeit, „angemessene“ Geschenke und aktuelle Rechtsprechung

Die Norm zur Geringfügigkeit erlaubt es, Zuwendungen außer Betracht zu lassen, wenn ihre Anrechnung grob unbillig wäre oder sie die Lage der Betroffenen nicht so günstig beeinflussen, dass Leistungen nicht mehr gerechtfertigt wären.
Gerichte haben in neueren Entscheidungen betont, dass Weihnachtsgeldgeschenke gerade nicht der Sicherung des physischen Existenzminimums dienen sollen, sondern der Erfüllung besonderer Wünsche – ihre vollständige Anrechnung könne daher eine besondere Härte darstellen.

So wurde etwa ein Weihnachtsgeldgeschenk von insgesamt 400 Euro für zwei Personen (also 200 Euro pro Kopf) nicht als Einkommen berücksichtigt, weil eine Anrechnung als grob unbillig bewertet wurde.
Gleichzeitig existieren ältere Urteile, die bei Überschreiten von 50 Euro pro Jahr eine vollständige Anrechnung als Einkommen zulassen; dies zeigt, dass es stark auf Einzelfall, Begründung und örtliche Verwaltungspraxis ankommt.

Kinder: Weihnachtsgeld und Geburtstagsgeschenke

Gerade bei Kindern wird der Schutz vor Anrechnung von Geschenkzuwendungen betont.
Geldgeschenke zu Weihnachten und zum Geburtstag in „angemessenem“ Umfang sowie übliche Taschengeldzahlungen werden nicht auf Bürgergeld angerechnet werden.

Entscheidend sind:

  • Anlass: Weihnachten, Geburtstag, Kommunion/Konfirmation etc.
  • Höhe: Beträge im üblichen Rahmen, die nicht ersichtlich der Deckung des laufenden Lebensunterhalts dienen, sondern besonderen Wünschen der Kinder.

Bürgergeld vs. Grundsicherung (SGB II / SGB XII)

AspektBürgergeld (SGB II)Grundsicherung (SGB XII)
Relevante Einkommensnorm§ 11 SGB II – Einkommen, § 11a SGB II – nicht zu berücksichtigendes§ 82 SGB XII – Einkommen, § 84 SGB XII – Nichtberücksichtigung
Sachgeschenke/GutscheineGrundsätzlich kein Einkommen, werden als Vermögen behandelt. Ebenfalls kein Einkommen, nach Zufluss Vermögen.
Kleine GeldgeschenkeGrundsatz der Geringfügigkeit, teils 50‑Euro‑Richtgröße jährlich. Ähnlicher Ansatz über Härteklausel, besondere Härte kann Anrechnung verhindern.​
Härtefall-/Unbilligkeitsregel§ 11a Abs. 5 und 6 SGB II: Zuwendungen können anrechnungsfrei bleiben. § 84 Abs. 2 SGB XII: Zuwendungen bleiben anrechnungsfrei bei besonderer Härte.

Praxis-Tipps für Angehörige und Betroffene

Um Ärger mit dem Jobcenter oder Sozialamt zu vermeiden, bietet sich bei größeren Zuwendungen eher ein Sachgeschenk oder Gutschein anstelle einer Geldüberweisung an.​
Wer dennoch Geld schenken möchte, sollte Beträge im „üblichen Rahmen“ wählen, den Zweck (z.B. Weihnachtswunsch, Freizeit, besondere Anschaffung) klar dokumentieren und Kontoauszüge sowie eventuelle Schenkungsbriefe sorgfältig aufbewahren.

Bei höheren Geldbeträgen oder bereits angespartem Vermögen empfiehlt sich eine individuelle Sozialrechtsberatung, um Anrechnung, Rückforderungen oder Vorwürfe der Bedarfsminderung zu vermeiden.
Betroffene können gegen Anrechnungsentscheidungen des Jobcenters oder Sozialamts Widerspruch einlegen und unter Hinweis auf Härteklauseln und aktuelle Rechtsprechung argumentieren, dass die Weihnachtszuwendung nicht auf den Regelsatz angerechnet werden darf.

Weiterführende Info

Bundessozialgericht zur Anrechnung von Geldgeschenken auf den Regelsatz

Redakteure

  • ik

    Sozialrechtsexperte und Redakteur

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an.

    Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen.

    Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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  • Peter Kosick
    Experte:

    Jurist und Redakteur

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen.

    Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein.

    Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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