Darf Jobcenter Bürgergeld-Zahlung bei vorhandenem Anspruch auf Wohngeld verweigern?

Wohngeld und Kinderzuschlag gehen dem Bürgergeld vor. Das gilt jedoch nicht, wenn Wohngeld verspätet gezahlt wird.

Darf Jobcenter Bürgergeld-Zahlung bei vorhandenem Anspruch auf Wohngeld verweigern?

Ein Anspruch auf Bürgergeld besteht, wenn der Lebensunterhalt nicht ohne Unterschreitung des Existenzminimums sichergestellt ist. Hat man also Einkommen, das oberhalb des Bürgergeld Satzes liegt, so besteht kein Anspruch auf die Leistungen nach dem Bürgergeld Gesetz. Was aber, wenn das Einkommen nicht ausreicht, man aber neben dem eigenen Einkommen einen Anspruch auf Wohngeld oder Kinderzuschlag hat und beides zusammen den Bürgergeld Anspruch in der Höhe übersteigen würde? Bürgergeld und Kinderzuschlag sind staatliche Leistungen, die dem Bürgergeld vorgehen. So der Grundsatz. Doch es gibt Ausnahmen. Wir erklären alles in nachfolgendem Beitrag.

Bürgergeld ist das „letzte“ Hilfsmittel

Von der Konzeption des Gesetzes ist der Anspruch auf Bürgergeld das letzte Mittel, um das Existenzminimum sicherzustellen. Nur wenn keine anderes Einkommen vorhanden ist, keine vorrangigen Ansprüche bestehen, greift das Bürgergeld und sichert das Überleben auf Basis eines sozio-kulturellen Existenzminimums.

Wer also über ausreichendes Einkommen oder verwertbares Vermögen verfügt, hat keinen Anspruch auf Bürgergeld. Gleiches gilt, wenn andere Ansprüche gegen den Staat geltend gemacht werden können. Solche anderen Ansprüche sind zum einen das Wohngeld, zum anderen auch der Kinderzuschlag. Wohngeld und Kinderzuschlag sind vor kurzem noch erweitert worden, um viele Menschen, insbesondere Familien mit Kindern, davor zu bewahren, einen Antrag auf Bürgergeld stellen zu müssen. Wird also Wohngeld gezahlt, so besteht kein Anspruch auf Bürgergeld.


Wohngeld geht dem Bürgergeld vor – wenn tatsächlich gezahlt wird

Zu Beginn des Jahres 2023 ist das Wohngeld reformiert worden. Die Anspruchsvoraussetzungen sind vereinfacht worden und auch die Höhe des Wohngeldes ist angehoben worden. Mehr Menschen haben deshalb einen höheren Anspruch auf Wohngeld. Ist ein Wohngeldanspruch gegeben, so besteht kein Anspruch auf Bürgergeld. Doch das gilt nur, wenn das Wohngeld auch tatsächlich gezahlt wird. Solange es nicht fließt, besteht ein Bürgergeld Anspruch und das Jobcenter muss zahlen.

Das ist auch ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Nur eine tatsächlich zugeflossene Einnahme gilt als “bereites Mittel”, den konkreten Bedarf im jeweiligen Monat zu decken. Die Minderung eines Bedarfs anders als durch tatsächlich zufließendes Einkommen (und Vermögen) scheidet aus. Die Anrechnung einer fiktiven Einnahme zur Bedarfsminderung ist nach dem System des SGB II ausgeschlossen. So nachzulesen z. B. im Urteil des Bundessozialgerichts vom 18.2.2010 – B 14 AS 32/08 R.

Ein Anspruch auf Wohngeld ist eine fiktive Einnahme, solange das Wohngeld nicht den Leistungsberechtigten erreicht, sprich: auf seinem Konto gutgeschrieben worden ist. Ist also für einen Monat noch kein Wohngeld – trotz Beantragung – gezahlt worden, so muss das Jobcenter zahlen. Fließt das Wohngeld für den fraglichen Monat dann später, besteht ein Erstattungsanspruch des Jobcenters.

Kinderzuschlag geht dem Bürgergeld vor – wenn tatsächlich gezahlt wird

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Der Kinderzuschlag schließt das Bürgergeld dem Grunde nach aus. Wird der Kinderzuschlag jedoch verspätet gezahlt, besteht in der Überbrückungszeit ein Anspruch auf Bürgergeld.

Was für das Wohngeld hinsichtlich des Vorrangs zum Bürgergeld gilt, gilt auch für den Kinderzuschlag. Das Jobcenter darf das Bürgergeld nicht verweigern, wenn zwar ein Anspruch auf Kinderzuschlag geltend gemacht worden ist und er auch besteht, aber keine Zahlung erfolgt ist.

Wird hinterher nachgezahlt, kann das Jobcenter einen Erstattungsanspruch geltend machen.


Zusammenfassung zu Bürgergeld und Wohngeld -Anspruch

Das Wichtigste kurz am Schluss zusammengefasst:

  • Wohngeld geht dem Bürgergeld vor. Gleiches gilt für den Kinderzuschlag.
  • Dennoch darf das Jobcenter die Zahlung von Bürgergeld nicht verweigern, solange Wohngeld oder Kinderzuschlag nicht auf dem Konto des Antragsstellers eingegangen ist.
  • Das Bundessozialgericht hat entschieden: Die Anrechnung einer fiktiven Einnahme zur Bedarfsminderung ist nach dem System des SGB II ausgeschlossen.