Die EU-Kommission hat einen brisanten Gesetzesentwurf vorgelegt. Fahrzeuge, deren Erstzulassung mehr als zehn Jahre zurückliegt, sollen künftig jährlich zur Haupt- und Abgasuntersuchung. Ziel ist mehr Sicherheit und weniger Emissionen – doch sozial schwache Gruppen schlagen Alarm.
Was die Kommission plant
Nach Plänen aus Brüssel soll die EU-Richtlinie über die regelmäßige technische Überwachung überarbeitet werden. Bisher müssen Autos in Deutschland alle zwei Jahre zum TÜV. Dieser Rhythmus soll sich für ältere Fahrzeuge drastisch verkürzen.
Wie aus einem Entwurf hervorgeht, will die EU-Kommission sicherstellen, dass „technische Mängel älterer Fahrzeuge möglichst zügig erkannt und behoben werden“. Hintergrund sei, dass über 35 Prozent aller tödlichen Verkehrsunfälle in Fahrzeugen geschehen, die mehr als zehn Jahre alt sind, wie aus EU-Daten hervorgeht.
Verkehrssicherheit versus soziale Realität
Die Initiative stößt auf geteilte Reaktionen. Während Sicherheitsverbände den Schritt begrüßen, sehen Sozialorganisationen und Politiker eine wachsende soziale Schieflage.
Für viele Senioren, die oft auf ältere Fahrzeuge angewiesen sind, bedeutet die Reform eine erhebliche finanzielle Mehrbelastung.
„Rentnerinnen und Rentner in ländlichen Regionen haben häufig keine Alternative“, erklärte etwa der Sozialverband Deutschland. Viele nutzen ihr altes Auto für Arztbesuche, Einkäufe oder Verwandtenbesuche – all das könnte künftig teurer werden.
So stark steigen die Kosten
Eine jährliche Haupt- und Abgasuntersuchung verursacht laut TÜV-Verband im Schnitt 130 bis 180 Euro Kosten – ohne notwendige Reparaturen. Werden Mängel festgestellt, können schnell mehrere Hundert Euro dazukommen.
Für Menschen mit niedrigen Renten oder kleinem Einkommen sei das kaum tragbar, warnen Verbraucherschützer.
| Jahr | Prüfintervall heute | Geplante Regelung | Zusätzliche Kosten pro Jahr (geschätzt) |
|---|---|---|---|
| 2025 | alle 2 Jahre | keine Änderung | 0 € |
| 2026 | jährlich ab >10 Jahre | neue Regelung in Kraft | +130–180 € |
| 2027 | jährlich | fortlaufend | +130–180 € |
Rentner besonders stark betroffen
Mehr als 4,2 Millionen Fahrzeuge in Deutschland sind älter als zehn Jahre und auf Personen über 65 zugelassen. Viele dieser Autofahrer leben auf dem Land, wo Bus- oder Bahnverbindungen nur eingeschränkt bestehen.
„Für diese Menschen ist das Auto kein Luxus, sondern Lebensnotwendigkeit“, so der Paritätische Gesamtverband.
Zudem trifft die Reform genau jene, die sich schlicht kein neues, umweltfreundlicheres Fahrzeug leisten können. Während wohlhabende Haushalte umsteigen, bleiben Rentner bei ihren alten Autos – mit höheren Prüfkosten als Konsequenz.
Warum Umweltaspekte allein nicht reichen
Die EU-Kommission argumentiert, dass ältere Fahrzeuge eine überdurchschnittliche Menge an Schadstoffen ausstoßen. Experten wie der Umweltökonom Martin Rehbein halten dagegen:
„Statt immer neue Prüfpflichten zu erfinden, sollte die Politik gezielte Förderungen für Austausch und Umrüstung älterer Fahrzeuge anbieten.“
Kritiker fürchten, dass die Maßnahme mehr Wohlstandsgefälle schafft als CO₂ spart.
Wie das Gesetz zustande kommen soll
Bevor der Entwurf Realität wird, müssen zwei Gremien zustimmen: das Europäische Parlament und der Rat der Mitgliedstaaten.
Erfahrungen zeigen, dass ähnliche Verfahren leicht mehrere Jahre dauern können – und oft in abgeschwächter Form enden.
Auch aus Berlin kommen bislang gemischte Signale. Die Bundesregierung prüft, wie hoch die administrativen Kosten ausfallen würden.
Stimmen aus der Automobilbranche
Der Deutsche TÜV-Verband begrüßt grundsätzlich häufigere Prüfungen. „Jährliche Kontrollen könnten technische Mängel frühzeitig abfangen und so Unfälle vermeiden.“
Automobilclubs wie der ADAC warnen hingegen vor Überregulierung: „Mehr Prüfpflicht bedeutet nicht automatisch mehr Sicherheit.“
Laut einem internen ADAC-Briefing entstammen die meisten Unfallursachen menschlichem Fehlverhalten – nicht mangelnder Fahrzeugtechnik.
FAQ: Wichtige Fragen zur geplanten TÜV-Reform
Wann soll die jährliche Prüfung starten?
Frühestens ab 2026. Zunächst müssen EU-Parlament und Rat der Mitgliedstaaten zustimmen.
Gilt das auch für Oldtimer?
Oldtimer mit H-Kennzeichen sollen voraussichtlich weiterhin von der jährlichen Pflicht ausgenommen bleiben.
Wie viel kostet die neue Regelung pro Jahr?
Je nach Fahrzeug und Prüfstelle etwa 130 bis 180 Euro zusätzlich.
Wird Deutschland die Regelung automatisch übernehmen?
Ja, sobald eine EU-Richtlinie beschlossen wird, muss sie innerhalb einer Übergangsfrist national umgesetzt werden.
Fazit
Die geplante jährliche TÜV-Pflicht für ältere Fahrzeuge klingt nach einem Beitrag zu mehr Sicherheit – trifft aber jene am härtesten, die ohnehin kaum finanziellen Spielraum haben.
Gerade Rentner und Geringverdiener werden durch zusätzliche Prüfkosten und potenzielle Reparaturpflichten stark belastet.
Ob die EU-Kommission mit dem Vorstoß tatsächlich mehr Verkehrssicherheit schafft oder nur soziale Ungleichheit vertieft, bleibt abzuwarten.

