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Krankschreibung: 5 teure Irrtümer, die deinen Job und Urlaub kosten können

Krank zuhause, aber Angst vor Ärger mit dem Chef? Viele glauben, sie müssten das Bett hüten, dürften im Urlaub nicht krank werden – oder seien mit AU sicher vor Kündigung. Die Wahrheit: Kleine Fehler bei der Krankschreibung können dich Urlaubstage, Gehalt oder sogar den Job kosten. Erfahre, was wirklich erlaubt ist – und welche Mythen du heute noch vergessen solltest.

Krankschreibung heißt nicht Hausarrest, aber auch nicht Narrenfreiheit. Wer krank zu Hause bleibt oder im Urlaub flachliegt, hat viele Rechte – aber auch Pflichten, die schnell über Kündigung oder verlorene Urlaubstage entscheiden können.​

Die größten Irrtümer bei der Krankschreibung

Rund um die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) kursieren hartnäckige Mythen – vom angeblichen Bettzwang bis zum „Kündigungsschutz auf Rezept“. Juristisch gilt: Krank ist, wer seine Arbeit wegen der Erkrankung nicht mehr zumutbar ausüben kann und sich damit auch nicht verschlechtern darf. Gleichzeitig bleibt die AU nur ein Beweismittel – kein Freifahrtschein für jede beliebige Aktivität.

Besonders heikel wird es, wenn Krankheit und Urlaub zusammenfallen. Dann geht es schnell um bares Geld: Fortzahlung des Gehalts, Nachgewährung von Urlaubstagen oder sogar Vorwürfe des Betrugs.​

Mythos 1: „Mit Krankenschein darf ich das Haus nicht verlassen“

Wer krankgeschrieben ist, muss nicht den ganzen Tag im Bett liegen. Erlaubt ist alles, was den Heilungsprozess nicht verzögert oder verschlechtert – etwa Arztbesuche, Einkäufe, ein Spaziergang oder ein kurzer Restaurantbesuch. Selbst der vorübergehende Wechsel des Aufenthaltsortes, etwa zu Partner, Eltern oder in einen Luftkurort, kann die Genesung sogar fördern.​

Gefährlich wird es, wenn Aktivitäten offensichtlich im Widerspruch zur attestierten Krankheit stehen. Wer mit schwerer Grippe die Nächte im Club durchtanzt oder mit frischem Bänderriss beim Hallenfußball auffällt, riskiert Abmahnung, gestrichene Lohnfortzahlung oder sogar fristlose Kündigung wegen genesungswidrigen Verhaltens.

Mythos 2: „Ich muss dem Chef sagen, was ich habe“

Die konkrete Diagnose bleibt Privatsache. Arbeitgeber haben nur Anspruch auf Informationen über Beginn und voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit, nicht aber auf die Art der Erkrankung. Auf der elektronischen AU, die seit 2023 direkt zwischen Arzt, Krankenkasse und Arbeitgeber läuft, steht keine Diagnose, sondern nur der Zeitraum.

Wer freiwillig mehr preisgibt, sollte wissen: Das kann das Vertrauensverhältnis entlasten, aber rechtlich ist dazu niemand verpflichtet. Nur wenn der Arbeitgeber den Beweiswert der Krankschreibung erschüttert – etwa wegen massiver Zweifel – muss der Arbeitnehmer im Prozess genauer zu seiner Erkrankung vortragen.

Mythos 3: „Eine AU brauche ich erst ab dem 4. Tag“

Gesetzlich gilt: Die AU ist spätestens am vierten Krankheitstag vorzulegen. Aber viele Beschäftigte übersehen, dass der Arbeitgeber per Arbeitsvertrag oder Betriebsvereinbarung schon ab Tag 1 ein Attest verlangen darf – und dieses Recht von der Rechtsprechung ausdrücklich bestätigt ist.

Unabhängig davon muss die Krankmeldung selbst immer unverzüglich, also am ersten Krankheitstag, beim Arbeitgeber eingehen. Wer diese Frist reißt oder ein gefordertes Attest zu spät bringt, riskiert Abmahnung und im Wiederholungsfall sogar eine verhaltensbedingte Kündigung.

Mythos 4: „Während der Krankschreibung kann mir nicht gekündigt werden“

Ein weit verbreiteter Irrtum: Die AU bietet keinen speziellen „Kündigungsschutz wegen Krankheit“. Arbeitgeber dürfen auch während einer laufenden Krankschreibung kündigen – etwa aus betriebsbedingten Gründen oder bei lang anhaltenden oder ständig wiederkehrenden Erkrankungen, wenn eine negative Gesundheitsprognose besteht.

Allerdings sind die Hürden hoch: Es braucht eine erhebliche Störung des Betriebsablaufs, meist mit Fehlzeiten von deutlich mehr als sechs Wochen pro Jahr, und eine sorgfältige Interessenabwägung. Wer dagegen nachweislich seine Krankheit nur vortäuscht, begeht eine schwere Pflichtverletzung bis hin zum Betrug – hier droht fristlose Kündigung ohne Abmahnung.

Mythos 5: „Im Urlaub darf ich nicht krank werden“

Die Rechtslage ist klar und für Beschäftigte überraschend arbeitnehmerfreundlich: Erkrankt jemand im Urlaub arbeitsunfähig, zählen diese Tage nicht als Urlaub, sondern werden nach § 9 Bundesurlaubsgesetz gutgeschrieben – vorausgesetzt, die Arbeitsunfähigkeit wird durch ein ärztliches Attest nachgewiesen. Das gilt auch im Ausland, solange die Bescheinigung den deutschen Anforderungen entspricht und die Arbeitsunfähigkeit klar begründet.​

Pflicht ist aber eine schnelle Meldung an Arbeitgeber und Krankenkasse mit Hinweis auf Krankheit, voraussichtliche Dauer und Aufenthaltsort. Wer das versäumt oder nur „irgendeine“ Bescheinigung ohne klare Arbeitsunfähigkeit einreicht, riskiert, dass die Urlaubstage trotzdem verbraucht werden und keine Entgeltfortzahlung fließt.​

Redakteure

  • Peter Kosick

    Jurist und Redakteur

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Nachrichtenmagazins Bürger & Geld, das der Verein herausgibt und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen.

    Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein.

    Seine Arbeit im Redaktionsteam von Bürger & Geld gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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  • ik
    Experte:

    Sozialrechtsexperte und Redakteur

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins "Für soziales Leben e.V.", der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an.

    Ingo Kosick ist zudem Autor und Redakteur beim Nachrichtenmagazin Bürger & Geld, das der Verein "Für soziales Leben e.V." herausgibt. Ingo hat sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen.

    Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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