Wie entstehen Heimkosten überhaupt?
Ein Platz in einem deutschen Pflegeheim kostet im Schnitt 3.000–3.500 Euro monatlich, je nach Pflegestufe kann das auch deutlich mehr sein. Die Pflegeversicherung übernimmt nur einen Teil der Kosten. Den sogenannten Eigenanteil (oft 2.000–3.000 Euro/Monat) müssen Bewohner und deren Familien selbst tragen. Wenn Rente und eigenes Vermögen nicht reichen, kommt das Sozialamt ins Spiel.
Gut zu wissen: Pflegebedürftige müssen zuerst Rente, Pflegegeld und ihr Vermögen einsetzen. Erst danach springt der Staat ein.
In welcher Reihenfolge werden Heimkosten bezahlt?
- Eigene Einkünfte und Vermögen der pflegebedürftigen Person (z.B. Rente, Sparguthaben)
- Ehepartner müssen – soweit wirtschaftlich möglich – auch zahlen
- Erst danach prüft das Sozialamt, ob Kinder zu Zahlungen verpflichtet sind (§94 SGB XII)
Nur wenn alle oberen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, kommt die Pflicht zum “Elternunterhalt” der Kinder ins Spiel.
Elternunterhalt: Das ist seit 2020 anders
Das Angehörigen-Entlastungsgesetz hat die finanzielle Verantwortung für Kinder drastisch reduziert:
- Kinder müssen erst ab einem Jahresbruttoeinkommen von mehr als 100.000 Euro (pro Kind) zahlen (§ 94 Abs. 1a SGB XII).
- Das Vermögen der Kinder bleibt geschützt; nur das Jahreseinkommen zählt. Immobilien und Erspartes müssen nicht angetastet werden (Ausnahmen: Schenkungen, § 528 BGB).
- Ehepartner des Kindes werden nicht mehr herangezogen – nur das Einkommen des leiblichen/des Adoptivkindes zählt.
- Liegt das Einkommen unter 100.000 €, verlangt das Sozialamt keine Unterlagen und keine Zahlung für Heimkosten.
Beispiel: Hat eine Familie drei Kinder und alle verdienen jeweils weniger als 100.000 €, muss keines der Kinder zahlen, auch nicht anteilig!
Was zählt zum Einkommen der Kinder?
- Jahresbrutto aller Arbeits-, Vermietungs-, Kapitaleinkünfte (§16 SGB IV)
- Zum Brutto dürfen Werbungskosten (Pauschalen) abgezogen werden
- Einkommen des Ehepartners bleibt außen vor
- Erst oberhalb von 100.000 € prüft das Sozialamt die “Leistungsfähigkeit” genauer (Selbstbehalt, Unterhaltslasten, besondere Belastungen)
Was genau prüft das Sozialamt?
- Hat ein Kind oder mehrere ein Einkommen vo mehr als 100.000 €? Dann wird ein Teil des Überschusses (nach Abzug von Selbstbehalt und eigenen Verpflichtungen) verlangt.
- Selbstbehalt: Allen Zahlungspflichtigen bleibt monatlich ein Freibetrag zum “eigenen Lebensunterhalt”. Dieser liegt aktuell bei mindestens 2.650 € für Alleinstehende, 3.600 € für Verheiratete – je nach Gericht und aktueller Düsseldorfer Tabelle.
- Weitere Kinder haften anteilig, falls mehrere Kinder über 100.000 € brutto verdienen.
Was ist mit dem Vermögen der Kinder?
- Das Vermögen der Kinder bleibt unangetastet und wird – anders als früher – nicht für Elternunterhalt eingesetzt.
- Lediglich “Luxusvermögen” (wie größere Immobilienportfolios, Yachten etc.) kann in Extremfällen relevant werden.
- Auch Schenkungen an die Kinder können vom Sozialamt zurückgefordert werden, wenn sie in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Sozialhilfe erfolgten (§ 528 BGB).
Wann springt das Sozialamt für Heimkosten ein?
Das Sozialamt übernimmt die “Hilfe zur Pflege”, wenn Rente, Vermögen und gesetzliche Pflegeversicherung nicht ausreichen. Erst dann wendet es sich an Kinder, deren Einkommen für Elternunterhalt herangezogen werden könnte.
Tabelle: Wer zahlt was bei Heimkosten?
Zahler | Wann muss gezahlt werden? | Ausnahme/Details |
---|---|---|
Pflegebedürftiger selbst | Immer zuerst: Rente, eigenes Vermögen | Schonvermögen bleibt erhalten |
Ehepartner | Erst, wenn selbst ausreichend Einkommen/Vermögen | eigenes Schonvermögen bleibt |
Kinder | Erst ab 100.000 € Jahresbrutto – sonst nie | Vermögen der Kinder bleibt geschützt |
Sozialamt | Wenn alle anderen Mittel nicht ausreichen | Prüft ggf. Elternunterhalt (siehe oben) |
Häufige Fragen und Irrtümer (FAQ)
Muss ich Infos zu meinem Einkommen abgeben?
Können Ersparnisse oder Immobilien meines Partners/meiner Partnerin herangezogen werden?
Nein, ausschließlich das Einkommen des unterhaltspflichtigen Kindes zählt.
Was ist, wenn ich viele eigene Kinder, hohe Miete oder Schulden habe?
Mein Bruder verdient mehr als ich, muss ich trotzdem zahlen?
Können auch Enkel haften?
Nein, nach deutschem Recht kann nur die unmittelbare nächste Generation, also die Kinder, für Elternunterhalt herangezogen werden. Enkel müssen nicht zahlen.
Praxistipps für Familien
- Klärt frühzeitig in der Familie, wie Pflege im Alter organisiert und finanziert werden soll
- Prüft, ob eine rechtzeitige private Pflegezusatzversicherung sinnvoll ist
- Vermögen und Einkommen klar dokumentieren
- Lasst euch beraten, insbesondere bei neuem Sozialhilfebescheid oder bevorstehenem Heimaufenthalt
Fazit: Haften Kinder für Heimkosten?
Kinder müssen für die Heimkosten ihrer Eltern grundsätzlich nur dann aufkommen, wenn sie selbst mehr als 100.000 € brutto jährlich verdienen. Die große Mehrheit liegt heutzutage unter dieser Schwelle und ist seit 2020 durch das Angehörigen-Entlastungsgesetz geschützt. Erst wenn die gesetzliche Einkommensgrenze übeschritten ist, prüft das Sozialamt eine Zumutbarkeit und zieht dabei Selbstbehalt, Familie und sonstige Belastungen großzügig ab. Das Risiko, bei Heimkosten finanziell ruiniert zu werden, ist damit heute gering – und transparente Beratung hilft, die Rechte zu sichern.
FAQ – Kinder haften für Heimkosten: Die häufigsten Fragen
1. Ab wie viel Einkommen müssen Kinder für Elternunterhalt zahlen?
2. Muss ich mein Vermögen einsetzen, wenn mein Einkommen unter der Grenze bleibt?
3. Was ist mit Ehepartnern? Müssen sie auch zahlen?
4. Gilt die Einkommensgrenze für jedes Kind gesondert?
5. Sind Enkel oder Schwiegerkinder ebenfalls verpflichtet?
Antwort: Nein, nach deutschem Gesetz haften nur die eigenen Kinder, nicht Enkel oder andere Verwandte.
6. Kann das Sozialamt auf Schenkungen zugreifen?
7. Wird das Einkommen im Ausland auch geprüft?
8. Wie berechnet das Sozialamt genau die Höhe der zu zahlenden Summe?
Übersichtstabelle: Wann haften Kinder für Heimkosten?
Zahler | Voraussetzung zur Zahlung | Freibeträge/Selbstbehalt | Besonderheiten |
---|---|---|---|
Pflegebedürftiger | Immer – zuerst eigenes Geld | Schonvermögen (10.000–20.000 €) | Muss zuerst alles eigene ausschöpfen |
Ehepartner | Nur bei eigenem Vermögen | Eigener Selbstbehalt | Ehepartner vor Kindern verpflichtet |
Kind (Elternunterhalt) | Ab 100.000 € Jahresbrutto | Mind. 2.650 € (Alleinstehend), 3.600 € (Verh.) | Nur Einkommen, nicht Vermögen |
Sozialamt | Wenn alle anderen Quellen erschöpft | — | Kann ggf. Schenkungen fordern |
Praxis-Tipp: Erst wenn alle Möglichkeiten der Eltern (und deren Ehepartner) ausgeschöpft sind und Kinder über der Einkommensgrenze liegen, werden Kinder überhaupt in Anspruch genommen!