Das gemeinsame Konto gilt für Millionen Paare in Deutschland als Symbol von Vertrauen und Alltagstauglichkeit. Miete, Strom, Versicherungen, Kita-Gebühren – alles läuft bequem über eine IBAN. Gerade in längeren Beziehungen scheint das Gemeinschaftskonto ein Zeichen: „Wir ziehen an einem Strang.“ Doch was so praktisch klingt, kann im Ernstfall zur finanziellen Falle werden – insbesondere, wenn eine Kontopfändung ins Haus flattert.
Viele ahnen nicht, wie riskant das sein kann. Denn während Singles mit einem einfachen Handgriff ein sogenanntes Pfändungsschutzkonto – kurz P-Konto – einrichten können, ist das bei einem Gemeinschaftskonto schlicht nicht möglich.
Der Alltag läuft perfekt – bis die Bank plötzlich sperrt
Zunächst läuft alles wie geschmiert. Das Gehalt beider Partner fließt auf ein Konto, Daueraufträge zahlen automatisch Miete, Strom und Internet, die Versicherung wird abgebucht, Einkäufe mit der EC-Karte erledigt. Kaum ein Paar denkt darüber nach, wem eigentlich welcher Anteil am Guthaben gehört.
Doch im Ernstfall – etwa, wenn ein Gläubiger bei einem Partner pfändet – kann die Idylle abrupt enden. Denn selbst wenn die Schulden nur eine Person betreffen, wird häufig das gesamte Konto gesperrt. Bankguthaben, Daueraufträge, Lastschriften – alles steht still. Auch der unbeteiligte Partner verliert plötzlich den Zugriff auf sein eigenes Geld.
Das liegt an einem simplen, aber oft missverstandenen juristischen Prinzip: Bei einem Oder-Konto, also einem typischen Gemeinschaftskonto, gilt das Guthaben nicht automatisch als hälftig geteilt. Aus Gläubigersicht gehört das gesamte Guthaben zunächst beiden – bis das Gegenteil bewiesen ist.
Der große Irrtum: „Wir machen einfach ein P-Konto draus!“
Viele Betroffene glauben, sie könnten ihr Gemeinschaftskonto im Ernstfall einfach in ein P-Konto umwandeln, um einen Pfändungsschutz von derzeit mindestens 1.410 Euro (Stand 2025) zu sichern. Doch das ist ein fataler Irrtum.
Denn: Ein Gemeinschaftskonto kann nicht als P-Konto geführt werden. Dieser Schutz gilt ausschließlich für Einzelkonten. Das heißt: Um Gelder zu sichern, müsste das Paar zwei getrennte Einzelkonten führen – und nur dann darf jeder Partner sein Konto in ein P-Konto umwandeln.
Wer diese Regel zu spät erkennt, steht schnell ohne flüssige Mittel da. Lebensunterhalt, Miete und Einkäufe geraten ins Wanken. Selbst der Teil des Guthabens, der klar dem unbeteiligten Partner gehört, wird zunächst eingefroren.
Der bürokratische Albtraum nach der Pfändung
Ist das Konto erstmal blockiert, beginnt ein zähes Ringen um Beweise. Denn der nicht verschuldete Partner muss nachweisen, welcher Anteil des Guthabens ihm tatsächlich gehört. Das kann kompliziert werden, zum Beispiel, wenn beide ihr Einkommen auf das Konto überweisen.
Oft bleibt nur die Möglichkeit, über Kontoauszüge, Gehaltsabrechnungen oder Zweckbelege (z. B. Miete, Versicherungen) nachzuweisen, welcher Anteil wem „zusteht“. Bis die Bank oder das Vollstreckungsgericht die Lage klärt, vergeht aber meist wertvolle Zeit – Tage oder gar Wochen, in denen das Konto gesperrt bleibt.
Gerichte stellen klar: Der bloße Umstand, dass ein Gemeinschaftskonto beiden zusteht, reicht nicht aus, um automatisch einen Schutz zu generieren. Pfändung ist Pfändung, und die Sperrung trifft zunächst beide gleichermaßen.
Wie Paare sich schützen können – bevor es zu spät ist
Das Risiko lässt sich vermeiden – mit der richtigen Kontostruktur. Die wichtigsten Tipps:
- Separate Gehaltskonten führen: Jeder Partner sollte sein eigenes Konto behalten. Nur so kann jeder im Ernstfall ein eigenes P-Konto errichten.
- Gemeinschaftskonto nur für Ausgaben: Ein gemeinsames Konto kann weiterhin für Miete, Einkäufe oder Abos genutzt werden, aber ohne größere Guthaben.
- Guthaben regelmäßig leeren: Das Gemeinschaftskonto sollte nicht als Sparreserve dienen – am besten regelmäßig aufteilen oder abbuchen.
- Notfall-Plan kennen: Wer Schulden hat oder Pfändungsrisiken erkennt, sollte frühzeitig mit der Bank oder Schuldnerberatung sprechen.
So kann man sicherstellen, dass bei einer Pfändung nicht die gesamte Haushaltskasse lahmgelegt wird.
Experten warnen: Der Irrtum hält sich hartnäckig
Geldberater und Schuldnerhelfer berichten, dass kaum ein anderes Thema so oft missverstanden wird wie das Gemeinschaftskonto. Der Glaube, das Konto sei „irgendwie geschützt“, sei weit verbreitet – bis die Realität schmerzhaft zuschlägt.
„Wir haben wöchentlich Paare in der Beratung, die keinen Zugriff mehr auf ihr Geld haben, obwohl nur einer Schulden hat“, sagt eine Schuldnerberaterin aus Köln. „Das Drama beginnt immer gleich: Das Konto ist dicht, und die Bank darf rechtlich nichts tun.“
Viele Banken weisen laut Experten zwar auf das Risiko hin – doch oft erst im Kleingedruckten oder bei Kontoeröffnung. Kaum jemand liest das aufmerksam. Umso größer ist dann der Schock, wenn plötzlich das eigene Geldsystem zusammenbricht.
Wenn aus Liebe plötzlich Stress ums Geld wird
Doch das Finanzdrama betrifft nicht nur das Konto – es belastet auch die Beziehung. Misstrauen, Vorwürfe und Unsicherheit setzen viele Paare zusätzlich unter Druck. Der unverschuldete Partner fühlt sich unfair behandelt; der andere kämpft mit Schuldgefühlen und Angst vor weiterer finanzieller Eskalation.
Darum gilt: Wer ehrlich über Geld spricht, kommt besser durch Krisen. Und wer rechtzeitig seine Konten trennt, erspart sich viel Ärger – selbst, wenn die Liebe stark ist.
Fazit: Doppelt gemeinsames Konto – doppelt Risiko
Ein Gemeinschaftskonto mag praktisch sein, doch im Fall der Pfändung wird es schnell zum Albtraum. Der größte Denkfehler: zu glauben, es sei automatisch geschützt oder könne einfach in ein P-Konto umgewandelt werden. Die Realität ist härter – und teuer.
Wer sich und seinen Partner schützen will, sollte das Thema „Kontenstruktur“ ernst nehmen. Denn wenn die Pfändung einmal da ist, ist es für eine rettende Umwandlung zu spät. Dann hilft nur noch eines: getrennte Konten – und klare Nerven.

