Pfändungsfreibetrag bleibt bei mietfreiem Wohnen unverändert – gute Nachricht für Schuldner

Die Pfändungsfreigrenzen der §§ 850c ZPO wollen den Schuldner schützen. Es handelt sich um Pauschalbeträge, die sich auch dann nicht verändern, wenn der Schuldner keine Miete zahlt bzw. zahlen muss. Hierzu gibt es eine aktuelle Entscheidung des Landgerichts Lübeck, über die wir in unserem Artikel berichten.

Die Pfändungsfreigrenzen bestehen unabhängig davon, ob der Schuldner Miete zahlen muss.
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Wer Schulden hat, die tituliert sind, über die also insbesondere ein Gericht entschieden hat, muss damit rechnen, dass der Gläubiger, bei dem die Schulden bestehen,  Einkommen pfändet.  Zum Einkommen zählen unter anderem Arbeitseinkommen, Renten und auch Arbeitslosengeld. Es kann oberhalb von Pfändungsfreigrenzen gepfändet werden.

Doch zählt auch als Einkommen, das man mietfrei wohnt? Kann die Pfändungsfreigrenze entsprechend dem geldlichen Wert des mietfreien Wohnens herabgesetzt werden?

Hierzu gibt es nun eine gerichtliche Entscheidung des Landgerichts Lübeck, über die wir in unserem Artikel berichten.

Mietfreies Wohnen als Einkommen?

Pfändungsfreigrenzen sind unabhängig davon, ob Schuldner Miete zahlt oder zahlen muss.

Das Landgericht Lübeck hat entschieden, dass Pfändungsfreigrenzen unabhängig davon sind, ob der Schuldner Miete zahlt oder nicht. Es sind unveränderbare Pauschalbeträge.

Mietfreies Wohnen ist kein Einkommen, das gepfändet werden kann. Das liegt daran, dass es sich nicht um eine Geldleistung handelt, sondern um eine bloße Vermögensposition. Ein Mieter, der mietfrei wohnt, hat zwar einen Vorteil gegenüber einem Mieter, der Miete zahlen muss. Dieser Vorteil ist zwar  in Geld messbar kann aber dennoch nicht gepfändet werden

Das bedeutet, dass ein Gläubiger, der einen Schuldner pfänden will, auch dann nicht auf das mietfreie Wohnen zugreifen kann, wenn der Schuldner sonst kein oder nur ein geringes Einkommen hat. Der Schuldner kann also weiterhin in seiner Wohnung wohnen, ohne dass der Gläubiger dies verhindern kann.

Keine Verringerung des Pfändungsfreibetrags durch mietfreies Wohnen

Auch der Pfändungsfreibetrag auf sonstiges Einkommen verringert sich nicht um den Wert des mietfreien Wohnens. Das hat das Landgericht Lübeck nunmehr unter dem Az. 7 T 11/24 entschieden. Es befand, dass sich die aus bzw. über § 850c ZPO ergebenden Pfändungsfreigrenzen nicht mit der Begründung abzusenken lassen, dass ein Schuldner keine Miete zahle.

 § 850c ZPO benenne feste Beträge, die den pfändungsfreien Teil des Arbeitseinkommens darstellen.  An sie sei das Vollstreckungsgericht gebunden. Die Kalkulationsgrundlagen in der Gesetzesbegründung seien unerheblich, entscheidend sei nur der im Gesetz genannte Endbetrag. Man könne also nicht von den in bzw. über § 850c ZPO vorgegebenen Beträgen Abschläge vornehmen, wenn ein Schuldner keine Mietaufwendungen habe.

Die erhöhten Pfändungsfreibeträge verlangen nur, dass Unterhalt gezahlt wird  

Zu den nach § 850c Abs. 2 ZPO erhöhten Pauschalbeträgen müsse allerdings hinzukommen, das tatsächlich Unterhalt gezahlt werde. Soweit der Gesetzgeber Abweichungen in den Gesetzesvorschriften zugelassen habe, so etwa in  § 850c Abs. 6 ZPO, trügen diese den Belangen des Gläubigers abschließend Rechnung.

Keine Abänderung des pauschalierten Pfändungsfreibetrages möglich

Der pauschalierte Pfändungsfreibetrag kann nicht abgeändert werden,  wenn ein Schuldner keine Miete zahle. Das ist der Tenor der Gerichtsentscheidung. Dies würde dem Bestreben des Gesetzgebers widersprechen,  die Zwangsvollstreckung praktikabel zu gestalten und die Durchsetzung der Gläubigerrechte nicht unzumutbar zu erschweren. Der Gesetzgeber eine Pauschalierung der pfändungsfreien Beträge gewollt  und ihre Staffelung nach personenbezogenen Elementen ausdrücklich abgelehnt.

Der Gesetzgeber habe nicht gewollt, dass im Zwangsvollstreckungsverfahren  um die Höhe der Pauschalbeträge gestritten werde. Aus der Pauschalierung des Pfändungsfreibetrags folge deshalb, dass es nicht darauf ankomme, ob ein Schuldner Miete zahle oder nicht.

Zusammenfassung zu den Pfändungsfreigrenzen bei mietfreiem Wohnen

Das Wichtigste zum zusammengefasst zum Schluss:

Die Entscheidung des Landgerichts Lübeck ist eine gute Nachricht für Schuldner, die mietfrei wohnen.

Der Pfändungsfreibetrag auf sonstiges Einkommen verringert sich nicht um den Wert des mietfreien Wohnens.

Diese Entscheidung ist aus mehreren Gründen nachvollziehbar:

  • Die Pfändungsfreibeträge sind gesetzlich festgelegt. Sie sollen sicherstellen, dass Schuldner auch bei einer Zwangsvollstreckung noch über ein Minimum an Einkommen verfügen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.
  • Eine Abänderung der Pfändungsfreibeträge aufgrund des mietfreien Wohnens würde die Zwangsvollstreckung unnötig verkomplizieren.

Quelle und weiterführende Infos

SH Landesvorschriften und Landesrechtsprechung

Weitere Informationen und eine Übersicht über die aktuellen Pfändungsfreigrenzen hier:

Pfändungsfreigrenzen