Nach Jahrzehnten im Job markiert der Renteneintritt für viele eine Zäsur – aber nicht zwingend das Ende des Arbeitslebens. Immer mehr Menschen entscheiden sich dafür, über das reguläre Rentenalter hinaus berufstätig zu bleiben – aus finanziellen Überlegungen, aus Freude am Beruf oder um aktiv am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Mit der zum 1. Januar 2023 beschlossenen Aufhebung des sogenannten Anschlussverbots hat der Gesetzgeber eine zentrale Hürde beseitigt und damit ein klares Signal für Flexibilisierung und Erwerbsbeteiligung im Alter gesetzt.
Was ist das Anschlussverbot?
Bis Ende 2022 durfte ein Arbeitsvertrag nach Rentenbeginn nicht einfach verlängert werden – das sogenannte Anschlussverbot verhinderte eine nahtlose Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses. Wollte ein Rentner direkt nach Renteneintritt weiterarbeiten, musste das Arbeitsverhältnis zuvor beendet und gegebenenfalls neu verhandelt werden. Die Hürde war insbesondere für Arbeitgeber und Arbeitnehmer umständlich und konnte dazu führen, dass Weiterbeschäftigungen aus rein formalen Gründen scheiterten.
Lesen Sie hierzu in der Pressemitteilung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.
Die Neuregelung: Was ist jetzt möglich?
Mit der Aufhebung des Anschlussverbots ist es seit 1. Januar 2023 erlaubt, bestehende Arbeitsverträge über das ursprünglich vorgesehene Renteneintrittsdatum hinaus zu verlängern – ein wichtiger Schritt, um Altersarbeit flexibler zu organisieren. Konkret können Arbeitgeber und Arbeitnehmer einvernehmlich vereinbaren, dass das Arbeitsverhältnis fortgeführt wird, ohne dass ein Neuabschluss nötig ist. Das bedeutet auch: Arbeitnehmer müssen sich keinem Bewerbungsverfahren stellen und behalten in der Regel ihre bisherigen Konditionen.
Vorteile für Beschäftigte und Unternehmen
Für Arbeitnehmer bedeutet die Regelung neue Freiheit: Wer fit und motiviert ist, kann im gewohnten Arbeitsumfeld bleiben und die Rente „aufstocken“. Insbesondere, weil für Altersvollrentner die Hinzuverdienstgrenzen seit 2023 komplett entfallen sind. Das bedeutet, es kann in unbegrenzter Höhe hinzuverdient werden, ohne Abzüge bei der gesetzlichen Rente befürchten zu müssen.
Auch Unternehmen gewinnen: Sie können von erfahrenen Mitarbeitern weiter profitieren, lange Einarbeitungszeiten entfallen und wertvolles Know-how bleibt erhalten. Gerade vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels ist dies eine zentrale Entlastung insbesondere für kleinere Betriebe.
Worauf sollten Beschäftigte achten?
Trotz der Flexibilisierung gibt es Regeln und Fallstricke:
- Befristung: Die Verlängerung muss vor Erreichen der Altersgrenze (i.d.R. 67 Jahre) vereinbart werden und kann auch mehrfach erfolgen.
- Sozialversicherung: Wer als Altersvollrentner weiterarbeitet, zahlt auf das Arbeitsentgelt weiterhin Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, aber keine Arbeitslosenversicherung mehr. Rentenversicherungsbeiträge werden zwar weitergezahlt, führen aber auf Wunsch zu zusätzlichen Rentenpunkten („Flexi-Rente“).
- Steuern: Der Hinzuverdienst aus Arbeit ist zu versteuern. Eine überschlägige Steuer- bzw. Sozialversicherungsprüfung vor Vertragsverlängerung ist ratsam.
- Vertragsgestaltung: Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten die Verlängerung schriftlich festhalten und klare Regelungen zu Arbeitszeit und Aufgaben treffen.
Fazit
Die Aufhebung des Anschlussverbots bringt mehr Flexibilität, Eigenverantwortung und finanzielle Spielräume für ältere Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Sie eröffnet neue Perspektiven für die Arbeitswelt der Zukunft und ist ein wichtiger Beitrag zur Gestaltung des demografischen Wandels. Wichtig bleibt, die vertraglichen und sozialversicherungsrechtlichen Details sorgfältig zu prüfen und sich gegebenenfalls fachlich beraten zu lassen.