Familienversicherung: Bruttorente als Maßstab – Urteil Landessozialgericht
Im März 2025 entschied das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil unter dem Az: L 14 KR 189/23 eine Grundsatzfrage zur Familienversicherung für Rentner mit ausländischen Rentenbezügen. Dieses Urteil hat weitreichende Folgen für Personen, die eine Rente aus einem anderen EU-Land beziehen und in Deutschland über den Ehepartner familienversichert sein möchten. Im Kern geht es um die Frage, wie die Einkommensgrenze für die Familienversicherung berechnet wird – und ob dabei der Bruttobetrag der Rente oder der tatsächlich ausgezahlte Nettobetrag zählt.
Der konkrete Streitfall zur Familienversicherung
Die Klägerin ist 2008 aus Polen nach Deutschland gezogen, seit 2011 verheiratet und in der deutschen Familienversicherung ihres Ehemanns krankenversichert gewesen. Sie erhält eine monatliche polnische Rente, von der in Polen Steuern abgezogen werden. Als die Krankenkasse 2020 die Bedingungen prüfte, stellte sie fest: Die umgerechnete Rente überschritt regelmäßig die Einkommensgrenze, die für die Familienversicherung angesetzt wird – damals 445 Euro/Monat, später steigend. Daher erklärte die Kasse die Familienversicherung rückwirkend für beendet und forderte Beiträge zur freiwilligen Versicherung nach.
Rechtslage und Argumente
Entscheidend war, welcher Rentenbetrag als „Gesamteinkommen“ nach § 10 SGB V gilt. Die Klägerin argumentierte, dass für die Berechnung nur der tatsächlich ausgezahlte Betrag relevant sei. Dieser lag nach dem Abzug polnischer Steuern oft unterhalb der deutschen Grenzwerte.
Das Gericht folgte jedoch der Ansicht der Krankenkasse. Maßgeblich sei nicht der Steuerbetrag oder Überweisungsbetrag, sondern der Bruttorentenwert ohne Kindererziehungszeiten. Das soziale Bruttoprinzip ist bindend: Auch bei ausländischen Renten wird – wie bei deutschen Bezügen – nicht der Netto-, sondern der Bruttowert angesetzt. So überstieg die polnische Rente der Klägerin ab März 2019 regelmäßig die Grenzwerte.
Folgen für versicherte Rentner
Das Urteil hat erhebliche praktische Konsequenzen:
- Rentner mit ausländischen Bezügen müssen sich auf eine genaue Prüfung ihrer Bruttorenten einstellen.
- Die Familienversicherung endet kraft Gesetzes, sobald die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind. Ein Bescheid der Krankenkasse ist nur nachgelagert.
- Beitragsnachforderungen können entstehen, wenn das Bruttoeinkommen rückwirkend die jeweiligen Grenzwerte überschritten hat.
- Für die freiwillige Versicherung gelten andere Beitragssätze, die finanziell eine Belastung bedeuten können.
Das Gericht stellte auch klar, dass Sonderzahlungen wie die sogenannte „13. oder 14. Rente“ in Polen als Gesamteinkommen zu berücksichtigen sind, wenn sie tatsächlich gezahlt werden.
Juristische Bewertung
Das Urteil setzt eindeutige Maßstäbe für die Berechnung ausländischer Renten hinsichtlich der Familienversicherung in Deutschland. Es ist eine Bestätigung für das gängige Verwaltungsverfahren, das Einheitlichkeit bei der Berechnung der Einkommensgrenzen sicherstellt. Auch für zukünftige Fälle gibt dieses Urteil Rechtssicherheit für Krankenkassen und Betroffene.
Was sollten Renter mit ausländischer Rente tun?
Wer eine ausländische Rente bezieht und familienversichert ist, sollte rechtzeitig Bruttorentenwerte ermitteln – und sich auf mögliche Änderungen bei Grenzwerten einstellen. Es empfiehlt sich zudem, Beitragsbescheide gründlich zu prüfen und im Zweifel juristischen oder sozialrechtlichen Rat einzuholen.
Quelle
Urteil LSG Berlin Brandenburg, Az: L 14 KR 189/23, auf sozialgerichtsbarkeit.de