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Rente reicht nicht: Kann man zwischen Wohngeld und Grundsicherung wählen?

Viele Rentnerinnen und Rentner stehen nach dem Arbeitsleben vor der schwierigen Frage, wie sie mit einer niedrigen Rente finanziell über die Runden kommen sollen. Staatliche Leistungen wie Wohngeld oder Grundsicherung können hier helfen – doch welche Unterstützung passt zur eigenen Situation, und ist eine freie Wahl überhaupt möglich? In diesem Artikel auf Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e.V., erfahren Sie, wie sich die beiden Leistungen unterscheiden und worauf es bei der Entscheidung ankommt.

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Immer mehr Menschen in Deutschland sehen sich im Ruhestand mit einer zu niedrigen Rente konfrontiert. Die steigenden Lebenshaltungskosten und eine geringe Altersvorsorge führen dazu, dass zahlreiche Seniorinnen und Senioren ihren Lebensunterhalt nicht mehr aus eigenen Mitteln bestreiten können. Neben der gesetzlichen Rente stellt sich dann oft die Frage: Welche staatliche Unterstützung hilft weiter, und kann man frei zwischen Wohngeld und Grundsicherung im Alter wählen?

Wohngeld und Grundsicherung – Die wichtigsten Unterschiede

Wohngeld und Grundsicherung im Alter sind zwei verschiedene Sozialleistungen, die Rentner mit geringem Einkommen in Anspruch nehmen können. Es handelt sich dabei aber um unterschiedliche Instrumente des Sozialstaats:

  • Wohngeld ist ein staatlicher Zuschuss zu den Wohnkosten. Anspruch darauf haben Menschen mit geringem Einkommen, die ihre Miet- oder Belastungskosten für selbst genutztes Wohneigentum nicht allein tragen können. Die genaue Höhe des Wohngeldes wird anhand von Einkommen, Haushaltsgröße und Mietniveau am Wohnort berechnet.
  • Grundsicherung im Alter hingegen ist eine Sozialleistung nach dem Sozialgesetzbuch XII (SGB XII), die allen Personen zusteht, die das Rentenalter erreicht haben und deren Einkommen – selbst mit Wohngeld – nicht für den gesamten Lebensunterhalt ausreicht. Sie deckt neben den Wohnkosten auch den gesamten notwendigen Lebensbedarf sowie weitere Bedarfe wie Krankenversicherung ab.

Kann man zwischen Wohngeld und Grundsicherung im Alter wählen?

Viele Betroffene fragen sich, ob sie nach eigenem Ermessen eine der beiden Leistungen wählen können. Die Antwort darauf ist differenziert:

  • Grundsätzlich besteht kein Anspruch auf gleichzeitigen Erhalt von Wohngeld und Grundsicherung. Wer Grundsicherung bezieht, erhält bereits Leistungen für Miete bzw. Wohnkosten im Rahmen dieser Hilfe – Wohngeld als zusätzlicher Zuschuss entfällt in diesem Fall.
  • Ein Anspruch auf Wohngeld als Ergänzung zur Rente kann aber nur geltend gemacht werden, wenn die Rente plus Wohngeld höher wären, als die Rente plus Grundsicherung.
  • Somit gibt es, entgegen weit verbreiteter Auffassung, tatsächlich ein Wahlrecht zwischen beiden Leistungen, wenn theoretisch Anspruch auf beide Leistungen besteht, die Voraussetzungen somit unterschiedlich erfüllt werden. Rentner*innen können sich (nur in diesem Fall) entscheiden, entweder einen Antrag auf Wohngeld zu stellen oder Grundsicherung zu beantragen – beides zugleich ist nicht möglich.
    • Entscheidet man sich für Wohngeld, verzichtet man auf zahlreiche Zusatzleistungen, die mit der Grundsicherung verbunden wären, wie etwa die Befreiung von der Rundfunkgebühr (GEZ), Sozialticket bei öffentlichen Verkehrsmitteln, günstige Tarife für Telekommunikation oder vergünstigten Zugang zu kulturellen Einrichtungen.
    • Die Grundsicherung hingegen sorgt dafür, dass der komplette Mindestbedarf (einschließlich Wohnkosten, Gesundheitsvorsorge, Mehrbedarf für behinderte Menschen etc.) gedeckt ist und gewährt den Zugang zu den genannten sozialen Vergünstigungen.

Wann steht welche Leistung zu?

Ob nun Wohngeld oder Grundsicherung die bessere Wahl ist, hängt von individuellen Faktoren ab. Hier einige grobe Richtlinien:

  • Wenn Ihre Rente und eventuell andere Einkommen Ihr Existenzminimum übersteigen, aber die Wohnkosten belasten: Dann können Sie Wohngeld beantragen. Typischer Fall: Einkommen ist knapp über der Grundsicherungsschwelle, die Miete aber trotzdem kaum bezahlbar.
  • Wenn das Gesamteinkommen unterhalb des gesetzlichen Existenzminimums liegt (für 2025: ca. 563 € Regelsatz zuzüglich Miet- und Heizkosten) besteht ein Anspruch auf Grundsicherung. Diese hebt das Einkommen auf die Höhe des Regelsatzes an und übernimmt auch die angemessenen Wohnkosten.
  • In Einzelfällen – etwa wenn der Grundsicherungsanspruch nur als Darlehen besteht oder Wohngeld zur Vermeidung von Hilfebedürftigkeit beiträgt – könnten rechtliche Ausnahmen greifen.

Achtung: Viele kommunale Behörden empfehlen, zunächst einen Antrag auf Wohngeld zu stellen, wenn die Erfolgsaussichten bestehen und die Grundsicherung nicht zwingend notwendig ist. Besonders bei noch laufender Prüfung der Rentenansprüche kann das sinnvoll sein. Kommt später heraus, dass doch ein Anspruch auf Grundsicherung bestanden hätte, kann der Antrag rückwirkend gestellt werden; allerdings ist in diesem Fall das zu viel gezahlte Wohngeld zurückzuzahlen.

Tabelle: Wohngeld und Grundsicherung im Vergleich

MerkmalWohngeldGrundsicherung im Alter
Zuschuss zuWohnkostenLebensunterhalt inkl. Wohnkosten
AnspruchsvoraussetzungGeringes Einkommen, Miete zu hochEinkommen/Vermögen unter Existenzminimum
LeistungenZuschuss zur Miete/BelastungRegelsatz + Unterkunft + Mehrbedarfe
NebeneffekteKeine SozialvergünstigungenGEZ-Befreiung, Sozialticket etc.
gleichzeitiger BezugNicht möglich mit GrundsicherungNicht möglich mit Wohngeld
AntragswegWohngeldbehördeSozialamt

Zumsammenfassung: Wohngeld oder Grundsicherung zusätzlich zur Rente

Menschen, deren Rente nicht zum Leben reicht, haben grundsätzlich die Möglichkeit, ihren Lebensabend mit staatlicher Unterstützung zu sichern. Es besteht im Prinzip kein Wahlrecht zwischen Wohngeld und Grundsicherung. Beide Leistungen können auch nicht gleichzeitig bezogen werden.

Wohngeld geht der Grundsicherung vor. Zunächst muss also geprüft werden, ob die Rente zusammen mit dem Wohngeld höher ist als die Rente mit der Grundsicherung.

Nur wenn beides gleich hoch wäre, kann gewählt werden.

Redakteure

  • Peter Kosick

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen. Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein. Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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  • ik
    Experte:

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an. Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen. Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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