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Krankengeld endet – Arbeitslosengeld oder EM-Rente beantragen

Wer längere Zeit arbeitsunfähig ist, erhält von seiner gesetzlichen Krankenkasse Krankengeld. Doch dieses wichtige finanzielle Polster hat ein klares Ablaufdatum: Nach maximal 78 Wochen – also etwa anderthalb Jahren – ist Schluss. Dann stehen Betroffene oft vor der Entscheidung, wie es weitergehen soll: Arbeitslosengeld beantragen oder direkt eine Erwerbsminderungsrente (EM-Rente) anstreben? Was dabei zu beachten ist, für wen was infrage kommt und welcher Antrag wann richtig ist, zeigt dieser Artikel auf Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e.V.!

Wie lange wird Krankengeld gezahlt?

Krankengeld gibt es maximal 78 Wochen (bzw. rund 18 Monate) innerhalb von drei Jahren für dieselbe Erkrankung. Bereits sechs Wochen Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber werden auf diese Frist angerechnet. Die Krankenkasse informiert rechtzeitig schriftlich, sobald das Ende absehbar ist. Dieser Vorgang heißt auch „Aussteuerung“ – der Wechsel aus der Kranken- in die Arbeitslosenversicherung steht bevor.

Was tun, wenn das Krankengeld endet? Übersicht der Optionen

Sobald das Krankengeld ausläuft, haben Betroffene grundsätzlich drei Möglichkeiten:

  1. Arbeitslosengeld beantragen: Wer theoretisch arbeitsfähig ist oder dem Arbeitsmarkt zumindest eingeschränkt zur Verfügung steht, beantragt Arbeitslosengeld bei der Agentur für Arbeit. Voraussetzung: In den letzten zwei Jahren mindestens zwölf Monate sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen.
  2. Nahtlosigkeitsregelung nutzen (§ 145 SGB III): Ist weiterhin eine erhebliche gesundheitliche Einschränkung vorhanden, greift diese Regelung. Sie sorgt dafür, dass auch arbeitsunfähige Personen Arbeitslosengeld erhalten können, bis über ihren Antrag auf EM-Rente entschieden wird.
  3. Erwerbsminderungsrente beantragen: Wer dauerhaft nicht mehr oder weniger als drei Stunden pro Tag arbeiten kann, sollte einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente bei der Deutschen Rentenversicherung stellen.

Arbeitslosengeld nach Krankengeld – das müssen Sie wissen

Das Arbeitslosengeld wird nach der Aussteuerung aus dem durchschnittlichen Nettoverdienst der letzten zwölf Monate vor Beginn der Erkrankung berechnet – und nicht nach dem (in der Regel niedrigeren) Krankengeld.
Wichtig:

  • Anspruch auf ALG besteht in der Regel zwölf Monate (unter 50 Jahre) oder bis zu 24 Monate (ab 58 Jahre).
  • Sie müssen sich spätestens am ersten Tag nach Ende des Krankengeldbezugs bei der Agentur für Arbeit melden – persönlicher Antrag ist notwendig.
  • Auch bei fortbestehender Krankschreibung kann Arbeitslosengeld im Rahmen der Nahtlosigkeitsregelung gezahlt werden, solange noch keine Rentenentscheidung getroffen ist.

Anspruchsvoraussetzungen

  • Sie haben in den letzten zwei Jahren mindestens zwölf Monate Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gezahlt.
  • Sie sind bereit, sich grundsätzlich auf andere – ggf. leichtere – Tätigkeiten vermitteln zu lassen.

Die Nahtlosigkeitsregelung (§ 145 SGB III): ALG trotz Krankheit

Die sogenannte Nahtlosigkeitsregelung schützt erkrankte Menschen vor dem Wegfall von Leistungen in der Übergangsphase zum Rentenbescheid. Sie gilt, wenn:

  • Arbeitsunfähigkeit weiter besteht, eine Rückkehr ins Berufsleben aber dauerhaft nicht mehr zumutbar erscheint.
  • Die Agentur für Arbeit verlangt meist, innerhalb eines Monats einen Antrag auf medizinische Rehabilitation oder Erwerbsminderungsrente zu stellen. Kommen Sie dem nicht nach, wird das ALG unterbrochen.

Achtung: Die Agentur darf Betroffene auch zu Reha-Maßnahmen oder medizinischen Gutachten auffordern. Wer diese verweigert, riskiert Sperrzeiten oder sogar den Verlust des Anspruchs auf Arbeitslosengeld.

Erwerbsminderungsrente – für wen ist sie die richtige Wahl?

Die Erwerbsminderungsrente eignet sich für Personen, die nach ärztlichem Gutachten dauerhaft weniger als drei Stunden täglich arbeiten können. Die Beantragung erfolgt bei der Deutschen Rentenversicherung.
Wichtig:

  • Antrag auf EM-Rente sollte rechtzeitig vor Ablauf des Krankengeldes gestellt werden.
  • Bis zur Bewilligung zahlt oft die Agentur für Arbeit das Nahtlosigkeits-Arbeitslosengeld.

Tipps zur Antragstellung

  • Ärztliche Unterlagen und Reha-Berichte früh sammeln und dem Antrag beilegen.
  • Beratung bei Sozialverbänden oder Rentenstellen nutzen, um keine Fristen zu versäumen.
  • Im Zweifel beide Anträge parallel stellen, da Rentenanträge mehrere Monate Bearbeitungszeit haben können.

Bürgergeld als letzte Option

Ist die Erwerbsfähigkeit so stark beeinträchtigt, dass kein Anspruch auf Arbeitslosengeld I oder EM-Rente besteht, kann ein Antrag auf Bürgergeld (Neue Grundsicherung für Arbeitsuchende) beim Jobcenter gestellt werden. Diese Sicherung greift, wenn kein ausreichendes Einkommen oder Vermögen mehr vorhanden ist.

FAQ: Typische Fragen nach Krankengeld-Ende

Wann sollte ich den Antrag auf Arbeitslosengeld stellen?

Am besten sofort nach Zugang der Krankenkassenmeldung, spätestens am ersten Tag nach Ende des Krankengeldes.

Kann ich auch arbeitslos gemeldet sein, wenn ich noch krank bin?

Ja, mit der Nahtlosigkeitsregelung (§ 145 SGB III) ist das möglich.

Was passiert, wenn der EM-Rentenantrag abgelehnt wird?

Dann läuft das Arbeitslosengeld im Rahmen der Nahtlosigkeitsregelung weiter, gegebenenfalls mit erneuter Prüfung der Vermittlungsfähigkeit.

Was ist mit Reha-Maßnahmen?

Die Agentur für Arbeit kann zu Reha-Maßnahmen auffordern, um die Erwerbsfähigkeit zu prüfen.

Fazit: Was tun, wenn Krankengeld endet? Arbeitslosengeld oder Erwerbsminderungsrente beantragen?

Das Auslaufen des Krankengeldes ist für viele Betroffene ein kritischer Wendepunkt. Wer rechtzeitig handelt, seine Rechte kennt und alle Fristen einhält, kann einen nahtlosen Übergang auf Arbeitslosengeld oder Erwerbsminderungsrente sicherstellen – und so finanzielle Einbußen vermeiden.

Redakteure

  • ik

    Sozialrechtsexperte und Redakteur

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an. Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen. Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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  • Peter Kosick
    Experte:

    Jurist und Redakteur

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen. Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein. Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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