Anspruch auf ein E-Trike: Medizinisches Hilfsmittel, nicht Luxus
Grundsätzlich gilt: Ein E-Trike wird nicht automatisch mit einem Pflegegrad genehmigt. Es zählt zu den sogenannten medizinischen Hilfsmitteln nach § 33 SGB V, die von den Krankenkassen bewilligt werden, wenn sie der Mobilitätssicherung dienen und eine medizinische Notwendigkeit nachgewiesen ist.
Das bedeutet:
- Ein E-Trike wird nicht als Pflegeleistung, sondern als Hilfsmittel der Krankenversicherung gewährt.
- Der Pflegegrad ist also nur indirekt relevant – er unterstreicht die eingeschränkte Selbstständigkeit, ersetzt aber nicht die ärztliche Verordnung. Mit dem Pflegegeld hat die Bewilligung erst recht nichts zu tun.
- Der Arzt muss auf einem Rezept nachweisen, dass das E-Trike zur Sicherung der Mobilität und Wiederherstellung des Bewegungsradius erforderlich ist.
Voraussetzungen für die Kostenübernahme durch die Krankenkasse
Die Krankenkasse kann ein E-Trike oder Elektromobil bezuschussen, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind :
- Eingeschränkte Gehfähigkeit
Die versicherte Person kann Strecken außerhalb der Wohnung nur mit erheblichem Aufwand, Schmerzen oder fremder Hilfe bewältigen.
Ein Rollator reicht für längere Entfernungen nicht aus. - Selbstständige Nutzung möglich
Es muss gewährleistet sein, dass der Versicherte das E-Trike eigenständig und sicher bedienen kann – körperlich und geistig.
Menschen mit starken Lähmungen, fortgeschrittener Demenz oder stark eingeschränkter Orientierung erhalten meist keine Genehmigung. - Ärztliche Verordnung liegt vor
Das Rezept muss ausdrücklich das Elektromobil oder E-Trike nennen und den medizinischen Zweck erläutern: z. B. Gehbehinderung, Herzinsuffizienz, chronische Gelenkschmerzen. - Hilfsmittelverzeichnis der GKV
Das beantragte Modell muss in das Hilfsmittelverzeichnis der gesetzlichen Krankenversicherung (Produktgruppe 18 – Kranken- und Behindertenfahrzeuge) passen.
Nur dort gelistete Modelle gelten als genehmigungsfähig. - Abstellplatz vorhanden
Ein gesicherter Abstellraum oder Garage ist nachzuweisen, um das Hilfsmittel vor Witterung und Diebstahl zu schützen.
Pflegegrad und E-Trike: Wann der Pflegegrad zur Begründung hilft
Auch wenn das Hilfsmittel über die Krankenkasse läuft, spielt der Pflegegrad eine entscheidende unterstützende Rolle.
Denn in der Pflegebegutachtung nach § 15 SGB XI wird die Mobilität als eigenes Modul bewertet. Sie umfasst :
- das Aufstehen,
- eigenständiges Gehen,
- Positionswechsel im Sitzen und Liegen,
- Bewegung innerhalb und außerhalb der Wohnung.
Ergibt das Gutachten Einschränkungen in dieser Kategorie, wird die medizinische Notwendigkeit eines Elektromobils oder E-Trikes nachvollziehbarer.
Besonders häufig profitieren Betroffene mit:
- Pflegegrad 2 bis 3, bei denen „erhebliche Einschränkungen der Selbstständigkeit“ bestehen,
- chronisch Erkrankten (z. B. Parkinson, Arthrose, Herzschwäche),
- Menschen mit eingeschränkter Beweglichkeit oder Kurzatmigkeit.
Der Pflegegrad allein ersetzt zwar keine ärztliche Verordnung, stärkt aber das Argument für eine Kostenübernahme.
Unterschiede zwischen E-Trike, E-Scooter und E-Rollstuhl
Wer ein E-Trike beantragt, sollte den Unterschied zu anderen Mobilitätshilfen kennen :
Hilfsmittel | Definition | Typische Zielgruppe | Kostenübernahme |
---|---|---|---|
E-Trike / Elektromobil | Dreirädriges Fahrzeug, meist 6–15 km/h, für Außenbereiche | Sehr eingeschränkt Gehfähige mit erhaltenem Gleichgewichtssinn | Krankenkasse bei medizinischer Notwendigkeit |
E-Scooter | Vier- oder dreirädrig, mit Sitz, breiter Bauweise | Ältere Menschen ohne Gleichgewichtsprobleme | Krankenkasse oder Eigenkauf |
Elektrorollstuhl | Für Innen- & Außennutzung mit Steuerungseinheit | Personen mit starken körperlichen Einschränkungen | In der Regel Krankenkasse (Pflegegrad unterstützend) |
Ein E-Trike ist meist agiler und leichter als ein Rollstuhl, aber erfordert mehr Gleichgewicht und Aufmerksamkeit.
Wer sich unsicher fühlt, sollte vor der Antragstellung ein Probefahren mit einem Sanitätshaus vereinbaren.
Kein Pflegegrad – trotzdem Anspruch möglich
Auch Personen ohne anerkannten Pflegegrad können ein E-Trike über die Krankenkasse erhalten, wenn eine medizinische Beeinträchtigung besteht, die die Gehfähigkeit stark einschränkt.
Der entscheidende Punkt ist das ärztliche Gutachten, nicht der Pflegegradstatus.
Beispiel:
Eine 68-jährige Frau ohne Pflegegrad leidet an Herzschwäche und Kniearthrose. Ihr Hausarzt bescheinigt, dass sie sich nur unter Schmerzen und mit Gehstock fortbewegen kann.
Nach einer positiven Prüfung durch die Krankenkasse wird ein elektrisches Dreirad genehmigt – auch ohne Pflegegrad, da der medizinische Nutzen überzeugend war.
Wann der Antrag abgelehnt werden kann
Selbst bei Pflegegrad 3 oder 4 lehnen Krankenkassen Anträge ab, wenn:
- der Arzt die Notwendigkeit nicht konkret begründet,
- das Modell nicht im Hilfsmittelverzeichnis steht,
- Sicherheitsbedenken bestehen (z. B. Demenz, Schwindel, eingeschränkte Reaktionsfähigkeit),
- oder bereits andere Mobilitätshilfen (z. B. Rollstuhl, Rollator) ausreichend sind.
Wird der Antrag abgelehnt, kann binnen eines Monats Widerspruch eingelegt werden. Dabei hilft es, ein Zusatzgutachten des Arztes oder eine Mobilitätsempfehlung des MDK (Medizinischer Dienst) nachzureichen.
Praxistipp: So beantragen Sie das E-Trike richtig
- Ärztliches Rezept besorgen
Lassen Sie sich die medizinische Notwendigkeit bestätigen (Diagnosen, Einschränkungen, empfohlene Fahrstrecken). - Kostenvoranschlag beilegen
Ein Sanitätshaus erstellt einen Preisvergleichs- und Modellvorschlag. - Antrag bei der Krankenkasse stellen
Am besten schriftlich, mit Begründung des Arztes und Pflegegutachtens (sofern vorhanden). - Rückmeldung abwarten
Die Krankenkasse prüft in durchschnittlich 4–6 Wochen. Eventuell erfolgt eine Rückfrage oder Hausprüfung. - Probefahrt durchführen
Nach Bewilligung bietet das Sanitätshaus meist eine Einweisung und Sicherheitsfahrt an.
Versicherung, Verkehr & Sicherheit
Ein E-Trike, das mehr als 6 km/h fährt, benötigt ein Versicherungskennzeichen und damit auch eine Haftpflichtversicherung.
Ein Führerschein ist erst ab 15 km/h Geschwindigkeit erforderlich.
Gurte und Helm sind gesetzlich nicht vorgeschrieben, werden aber dringend empfohlen.
Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz (z. B. bei Demenz) dürfen kein E-Trike fahren, wenn eine Gefahr für sich oder andere besteht.
Fazit zum E-Trike bei Pflegebedürftigkeit
Ein Pflegegrad erleichtert die Beantragung eines E-Trikes, garantiert aber noch keinen Anspruch. Entscheidend bleiben das ärztliche Attest, die medizinische Notwendigkeit und die Fähigkeit zur sicheren Nutzung.
Die Krankenkasse trägt die Kosten, wenn das E-Trike nachweislich hilft, die Selbstständigkeit zu bewahren und die Teilhabe zu sichern.
Wer den Antrag sorgfältig vorbereitet – mit Attest, Pflegegutachten und Kostenvoranschlag – hat gute Chancen auf Genehmigung.
Denn Mobilität ist kein Luxus, sondern eine Grundvoraussetzung für Lebensqualität – gerade im Alter.