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Pflegegrad & E-Trike: Wann übernehmen Pflegekasse oder Krankenkasse die Kosten wirklich?

Ein E-Trike oder Elektromobil kann für pflegebedürftige Menschen den Alltag enorm erleichtern. Es ermöglicht mehr Bewegungsfreiheit, Selbstständigkeit und soziale Teilhabe – wichtige Faktoren für Lebensqualität im Alter. Doch die entscheidende Frage lautet: Besteht mit einem Pflegegrad automatisch Anspruch auf ein E-Trike, und wer übernimmt die Kosten? Die Antworten auf diese Fragen hier auf Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e.V.!

Anspruch auf ein E-Trike: Medizinisches Hilfsmittel, nicht Luxus

Grundsätzlich gilt: Ein E-Trike wird nicht automatisch mit einem Pflegegrad genehmigt. Es zählt zu den sogenannten medizinischen Hilfsmitteln nach § 33 SGB V, die von den Krankenkassen bewilligt werden, wenn sie der Mobilitätssicherung dienen und eine medizinische Notwendigkeit nachgewiesen ist.

Das bedeutet:

  • Ein E-Trike wird nicht als Pflegeleistung, sondern als Hilfsmittel der Krankenversicherung gewährt.
  • Der Pflegegrad ist also nur indirekt relevant – er unterstreicht die eingeschränkte Selbstständigkeit, ersetzt aber nicht die ärztliche Verordnung. Mit dem Pflegegeld hat die Bewilligung erst recht nichts zu tun.
  • Der Arzt muss auf einem Rezept nachweisen, dass das E-Trike zur Sicherung der Mobilität und Wiederherstellung des Bewegungsradius erforderlich ist.

Voraussetzungen für die Kostenübernahme durch die Krankenkasse

Die Krankenkasse kann ein E-Trike oder Elektromobil bezuschussen, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind :

  1. Eingeschränkte Gehfähigkeit
    Die versicherte Person kann Strecken außerhalb der Wohnung nur mit erheblichem Aufwand, Schmerzen oder fremder Hilfe bewältigen.
    Ein Rollator reicht für längere Entfernungen nicht aus.
  2. Selbstständige Nutzung möglich
    Es muss gewährleistet sein, dass der Versicherte das E-Trike eigenständig und sicher bedienen kann – körperlich und geistig.
    Menschen mit starken Lähmungen, fortgeschrittener Demenz oder stark eingeschränkter Orientierung erhalten meist keine Genehmigung.
  3. Ärztliche Verordnung liegt vor
    Das Rezept muss ausdrücklich das Elektromobil oder E-Trike nennen und den medizinischen Zweck erläutern: z. B. Gehbehinderung, Herzinsuffizienz, chronische Gelenkschmerzen.
  4. Hilfsmittelverzeichnis der GKV
    Das beantragte Modell muss in das Hilfsmittelverzeichnis der gesetzlichen Krankenversicherung (Produktgruppe 18 – Kranken- und Behindertenfahrzeuge) passen.
    Nur dort gelistete Modelle gelten als genehmigungsfähig.
  5. Abstellplatz vorhanden
    Ein gesicherter Abstellraum oder Garage ist nachzuweisen, um das Hilfsmittel vor Witterung und Diebstahl zu schützen.

Pflegegrad und E-Trike: Wann der Pflegegrad zur Begründung hilft

Auch wenn das Hilfsmittel über die Krankenkasse läuft, spielt der Pflegegrad eine entscheidende unterstützende Rolle.
Denn in der Pflegebegutachtung nach § 15 SGB XI wird die Mobilität als eigenes Modul bewertet. Sie umfasst :

  • das Aufstehen,
  • eigenständiges Gehen,
  • Positionswechsel im Sitzen und Liegen,
  • Bewegung innerhalb und außerhalb der Wohnung.

Ergibt das Gutachten Einschränkungen in dieser Kategorie, wird die medizinische Notwendigkeit eines Elektromobils oder E-Trikes nachvollziehbarer.
Besonders häufig profitieren Betroffene mit:

  • Pflegegrad 2 bis 3, bei denen „erhebliche Einschränkungen der Selbstständigkeit“ bestehen,
  • chronisch Erkrankten (z. B. Parkinson, Arthrose, Herzschwäche),
  • Menschen mit eingeschränkter Beweglichkeit oder Kurzatmigkeit.

Der Pflegegrad allein ersetzt zwar keine ärztliche Verordnung, stärkt aber das Argument für eine Kostenübernahme.

Unterschiede zwischen E-Trike, E-Scooter und E-Rollstuhl

Wer ein E-Trike beantragt, sollte den Unterschied zu anderen Mobilitätshilfen kennen :

HilfsmittelDefinitionTypische ZielgruppeKostenübernahme
E-Trike / ElektromobilDreirädriges Fahrzeug, meist 6–15 km/h, für AußenbereicheSehr eingeschränkt Gehfähige mit erhaltenem GleichgewichtssinnKrankenkasse bei medizinischer Notwendigkeit
E-ScooterVier- oder dreirädrig, mit Sitz, breiter BauweiseÄltere Menschen ohne GleichgewichtsproblemeKrankenkasse oder Eigenkauf
ElektrorollstuhlFür Innen- & Außennutzung mit SteuerungseinheitPersonen mit starken körperlichen EinschränkungenIn der Regel Krankenkasse (Pflegegrad unterstützend)

Ein E-Trike ist meist agiler und leichter als ein Rollstuhl, aber erfordert mehr Gleichgewicht und Aufmerksamkeit.
Wer sich unsicher fühlt, sollte vor der Antragstellung ein Probefahren mit einem Sanitätshaus vereinbaren.

Kein Pflegegrad – trotzdem Anspruch möglich

Auch Personen ohne anerkannten Pflegegrad können ein E-Trike über die Krankenkasse erhalten, wenn eine medizinische Beeinträchtigung besteht, die die Gehfähigkeit stark einschränkt.
Der entscheidende Punkt ist das ärztliche Gutachten, nicht der Pflegegradstatus.

Beispiel:
Eine 68-jährige Frau ohne Pflegegrad leidet an Herzschwäche und Kniearthrose. Ihr Hausarzt bescheinigt, dass sie sich nur unter Schmerzen und mit Gehstock fortbewegen kann.
Nach einer positiven Prüfung durch die Krankenkasse wird ein elektrisches Dreirad genehmigt – auch ohne Pflegegrad, da der medizinische Nutzen überzeugend war.

Wann der Antrag abgelehnt werden kann

Selbst bei Pflegegrad 3 oder 4 lehnen Krankenkassen Anträge ab, wenn:

  • der Arzt die Notwendigkeit nicht konkret begründet,
  • das Modell nicht im Hilfsmittelverzeichnis steht,
  • Sicherheitsbedenken bestehen (z. B. Demenz, Schwindel, eingeschränkte Reaktionsfähigkeit),
  • oder bereits andere Mobilitätshilfen (z. B. Rollstuhl, Rollator) ausreichend sind.

Wird der Antrag abgelehnt, kann binnen eines Monats Widerspruch eingelegt werden. Dabei hilft es, ein Zusatzgutachten des Arztes oder eine Mobilitätsempfehlung des MDK (Medizinischer Dienst) nachzureichen.

Praxistipp: So beantragen Sie das E-Trike richtig

  1. Ärztliches Rezept besorgen
    Lassen Sie sich die medizinische Notwendigkeit bestätigen (Diagnosen, Einschränkungen, empfohlene Fahrstrecken).
  2. Kostenvoranschlag beilegen
    Ein Sanitätshaus erstellt einen Preisvergleichs- und Modellvorschlag.
  3. Antrag bei der Krankenkasse stellen
    Am besten schriftlich, mit Begründung des Arztes und Pflegegutachtens (sofern vorhanden).
  4. Rückmeldung abwarten
    Die Krankenkasse prüft in durchschnittlich 4–6 Wochen. Eventuell erfolgt eine Rückfrage oder Hausprüfung.
  5. Probefahrt durchführen
    Nach Bewilligung bietet das Sanitätshaus meist eine Einweisung und Sicherheitsfahrt an.

Versicherung, Verkehr & Sicherheit

Ein E-Trike, das mehr als 6 km/h fährt, benötigt ein Versicherungskennzeichen und damit auch eine Haftpflichtversicherung.
Ein Führerschein ist erst ab 15 km/h Geschwindigkeit erforderlich.
Gurte und Helm sind gesetzlich nicht vorgeschrieben, werden aber dringend empfohlen.

Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz (z. B. bei Demenz) dürfen kein E-Trike fahren, wenn eine Gefahr für sich oder andere besteht.

Fazit zum E-Trike bei Pflegebedürftigkeit

Ein Pflegegrad erleichtert die Beantragung eines E-Trikes, garantiert aber noch keinen Anspruch. Entscheidend bleiben das ärztliche Attest, die medizinische Notwendigkeit und die Fähigkeit zur sicheren Nutzung.
Die Krankenkasse trägt die Kosten, wenn das E-Trike nachweislich hilft, die Selbstständigkeit zu bewahren und die Teilhabe zu sichern.

Wer den Antrag sorgfältig vorbereitet – mit Attest, Pflegegutachten und Kostenvoranschlag – hat gute Chancen auf Genehmigung.
Denn Mobilität ist kein Luxus, sondern eine Grundvoraussetzung für Lebensqualität – gerade im Alter.

Quelle mit weiterführender Info

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Redakteure

  • ik

    Sozialrechtsexperte und Redakteur

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an.

    Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen.

    Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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  • Peter Kosick
    Experte:

    Jurist und Redakteur

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen.

    Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein.

    Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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