Nicht selten endet ein Antrag auf Feststellung einer Behinderung mit Enttäuschung: Statt des erhofften Schwerbehindertenausweises bescheinigt das Versorgungsamt einen Grad der Behinderung (GdB) von 30 oder 40.
Was viele Betroffene dann nicht wissen: Ein Widerspruch kann sinnvoll sein – aber nur unter bestimmten Voraussetzungen. Und wer zudem plant, vorzeitig in Rente zu gehen, sollte die finanziellen Folgen sehr genau kalkulieren.
Wann der Schwerbehindertenausweis vergeben wird
Ein Schwerbehindertenausweis wird ab einem GdB von 50 ausgestellt. Diese Schwelle entscheidet über zahlreiche Nachteilsausgleiche – vom erweiterten Kündigungsschutz über Steuererleichterungen bis zu früherem Rentenbeginn.
Liegt der GdB knapp darunter, lohnt es sich, genau hinzusehen. Laut Sozialrechtsexperte Christian Schultz vom Sozialverband Deutschland (SoVD) Schleswig-Holstein melden sich häufig Menschen mit einem GdB von 30 oder 40 und fragen, ob sich ein Widerspruch lohne. „Oft sind es fehlende medizinische Unterlagen oder eine zu enge Bewertung des Gesundheitsamtes“, berichtete Schultz.
Wann sich ein Widerspruch tatsächlich lohnt
Ein Widerspruch ist sinnvoll, wenn neue ärztliche Diagnosen, Befundberichte oder Atteste vorliegen, die bislang nicht berücksichtigt wurden. Auch eine fehlerhafte Bewertung einzelner Funktionsbeeinträchtigungen kann korrigiert werden.
Die Frist: Innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheids. Wird der Widerspruch abgelehnt, kann anschließend Klage beim Sozialgericht erhoben werden – kostenfrei.
Vorteile eines höheren GdB
Ab GdB 50 gelten Betroffene als schwerbehindert und können mehrere Vergünstigungen nutzen. Besonders häufig relevant ist der Rentenvorteil – sie dürfen zwei Jahre früher in Altersrente gehen, teilweise mit geringeren Abschlägen.
| Vorteil | GdB 30–40 | GdB ab 50 |
|---|---|---|
| Kündigungsschutz | nein | ja |
| Steuerfreibetrag | begrenzt | deutlich höher |
| Zusatzurlaub | nein | ja (5 Tage pro Jahr) |
| Freifahrt im Nahverkehr | nein | möglich |
| Frühere Altersrente | nicht möglich | möglich (ab 63) |
Frühere Altersrente: klare Grenzen beachten
Wer drei Jahre vor dem regulären Rentenalter in Rente gehen möchte, sollte genau prüfen, welche Sonderregeln gelten. Denn nicht alle Versichertengruppen profitieren gleichermaßen.
Menschen mit einem anerkannten GdB von mindestens 50 können unter Umständen früher in Rente gehen, während andere Gruppen Abschläge von bis zu 10,8 Prozent in Kauf nehmen müssen. Ein Rentenberater oder die Deutsche Rentenversicherung kann individuelle Berechnungen durchführen.
Was tun bei einem GdB von 30 oder 40?
Liegt der GdB bei 30 oder 40, ist es wichtig, die Begründung im Bescheid genau zu lesen. Fehlen wesentliche gesundheitliche Einschränkungen, sollte ein ausführliches ärztliches Gutachten nachgereicht werden.
Eine Gleichstellung mit Schwerbehinderten kann bei einem GdB von 30 beantragt werden, wenn dadurch der Arbeitsplatz gesichert werden soll. Dies erfolgt über die Agentur für Arbeit und bringt zumindest den erweiterten Kündigungsschutz.
So geht der Widerspruch Schritt für Schritt
- Bescheid genau prüfen (innerhalb von 4 Wochen).
- Ärztliche Unterlagen ergänzen und medizinische Diagnosen aktualisieren.
- Begründung formulieren und Widerspruch beim Versorgungsamt einreichen.
- Entscheidung abwarten – meist innerhalb von 2–3 Monaten.
- Wird abgelehnt: Beratung beim Sozialverband oder Fachanwalt für Sozialrecht.
FAQ
Wann ist man schwerbehindert?
Ab einem festgestellten Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50.
Lohnt sich ein Widerspruch immer?
Nur, wenn neue medizinische Unterlagen oder nachvollziehbare Bewertungsfehler vorliegen. Reine Unzufriedenheit genügt nicht.
Was bringt die Gleichstellung bei einem GdB von 30?
Kündigungsschutz wie Schwerbehinderte, aber keine steuerlichen Vorteile oder Rentenvergünstigungen.
Welche Rentenvorteile gelten für Schwerbehinderte?
Die Altersrente für schwerbehinderte Menschen kann bis zu zwei Jahre früher beansprucht werden – mit geringeren Abschlägen als bei anderen Frührentenarten.
Wer berät kostenlos?
Sozialverbände wie der SoVD oder der VdK beraten kostenlos oder kostengünstig zu Widerspruch und Rentenfragen.
Fazit
Ob sich ein Widerspruch lohnt, hängt von fundierten medizinischen Nachweisen ab – nicht von Hoffnung oder Enttäuschung. Wer seinen Anspruch gut belegt, hat realistische Chancen auf eine höhere Einstufung.
Gleichzeitig ist der GdB für viele mehr als eine Zahl: Er kann über finanzielle Sicherheit, Rentenvorteile und gesellschaftliche Teilhabe entscheiden. Fachkundige Unterstützung ist in diesem Prozess unverzichtbar.


