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Grundsicherung: Minderjährigenhaftung – was sich beim Bürgergeld geändert hat!

Wird Bürgergeld zu viel oder Im Bereich des Bürgergeldes bzw. der Grundsicherung für Arbeitsuchende kommt es ab und an zu Überzahlungen von Geldleistungen durch das Jobcenter. Werden Leistungen zu Unrecht erbracht, müssen diese zurückgezahlt werden. Das gilt auch, wenn an Minderjährige zu viel gezahlt wurde. Werden Minderjährige volljährig, haften sie gegenüber dem Jobcenter und können auf Rückzahlung in Anspruch genommen werden. Doch ihre Haftung ist beschränkt. Was sich seit Einführung des Bürgergeldes bzw. der Grundsicherung für Arbeitsuchende an der Minderjährigenhaftung geändert hat und wie die Haftungsbeschränkung funktioniert, erklären wir in unserem Beitrag auf Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e.V.!

Ursprüngliche Regelung zur Minderjährigenhaftung

Bisher mussten junge Menschen, die als Minderjährige in einer Bedarfsgemeinschaft lebten, für zu viel erhaltene Hartz IV Leistungen haften, sobald sie volljährig wurden. Das  galt auch dann, wenn die Überzahlung durch ihre Eltern als gesetzliche Vertreter verursacht worden war. Dies führte oft zu einem hohen Schuldenberg, selbst wenn die jungen Menschen selbst keinen Einfluss auf die fehlerhafte Bewilligung der Leistungen hatten.

Doch auch zu Hartz IV Zeiten war die Haftung der Minderjährigen beschränkt. Gem. § 1629a Ab. 1 S. 1 BGB hafteten sie nur mit ihrem Vermögen in Höhe der Summe, die sie beim Eintritt der Volljährigkeit besessen hatten. Das war keine Besonderheit im Bereich des SGB II.

Beispiel: Hatte der nunmehr Volljährige an seinem 18. Geburtstag nur ein Vermögen von 500 Euro, so musste er nur diese 500 Euro zur Schuldentilgung einsetzen.

Die neue Regelung zur Minderjährigenhaftung bei Grundsicherung bzw. Bürgergeld

Seit dem 1. Januar 2023 greift die neue Regelung zur Beschränkung der Minderjährigenhaftung beim Bürgergeld. Diese besagt, dass junge Menschen, die volljährig werden, nicht mehr mit ihrem gesamten Vermögen für zu viel erhaltene Leistungen haften.

Die neue Regelung im Bürgergeld begrenzt die Haftung auf das Vermögen, das ein junger Mensch bei Eintritt der Volljährigkeit besitzt. Erst ab  einem Vermögen von 15.000 Euro greift die volle Haftung.

Geregelt ist das in § 40 Abs. 9 SGB II (Bürgergeld Gesetz).

Beispiel: Ein junger Mensch hat bei Eintritt der Volljährigkeit ein Vermögen von 10.000 Euro. Er hat zu viel Bürgergeld in Höhe von 2.000 Euro erhalten. Er haftet nur mit dem Betrag, der 15.000 Euro übersteigt, in Beispielsfall haftet er also gar nicht. Die Forderung des Jobcenters verfällt.

Keine Ausnahme von der Beschränkung der Minderjährigenhaftung

Die Beschränkung der Haftung gilt auch dann, wenn der junge Mensch die Leistung durch vorsätzlich oder grob fahrlässig falsche Angaben zu viel erhalten hat.

Haftungsbeschränkung ist eine sog. Einrede

Bei der Haftungsbeschränkung handelt es sich gesetzestechnisch um eine Einrede. Das bedeutet, man muss sich explizit auf die Minderjährigenhaftungsbeschränkung gegenüber dem Jobcenter oder der sonstigen Behörde, die die Forderung geltend macht, berufen. Sonst wird sie nicht berücksichtigt. Ein einfaches Schreiben ist ausreichend.

Zusammenfassung zur Beschränkung der Minderjährigenhaftung bei Grundsicherung / Bürgergeld

Die Beschränkung der Minderjährigenhaftung beim Bürgergeld ist eine wichtige Neuerung, die junge Menschen vor hohen Schuldenbergen schützt. Sie ermöglicht ihnen einen Neustart nach der Volljährigkeit und trägt zu mehr sozialer Gerechtigkeit bei.

Wichtig: Auf die Haftungsbeschränkung muss man sich berufen, es ist eine sog. Einrede.

Quelle

Eigene Recherche Bürger & Geld

Redakteure

  • Peter Kosick

    Jurist und Redakteur

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen.

    Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein.

    Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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  • ik
    Experte:

    Sozialrechtsexperte und Redakteur

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an.

    Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen.

    Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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