Anspruch und Berechnung: Mit Bürgergeld aufstocken – so geht’s!

Anspruch und Berechnung: Mit Bürgergeld aufstocken – so geht’s!
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Arbeit lohnt immer – das ist richtig. Aber auch in Deutschland haben manche Arbeitnehmer nicht genug Lohn bzw. Verdienst, um den eigenen Lebensunterhalt oder den ihrer Kinder und Familie sicherzustellen. Hier hilft das Bürgergeld, denn dieses kann auch ergänzend, also aufstockend, zu einem Erwerbseinkommen beim Jobcenter beantragt werden.

Was bedeutet Aufstocker bzw. Aufstockung beim Bürgergeld?

Aufstocken bedeutet: es ist ein Erwerbseinkommen vorhanden, aber dieses reicht nicht aus, um den Lebensunterhalt zu decken. Es kann ergänzend Bürgergeld beantragt werden, dieses wird auf das Einkommen bis zur Bedarfsobergrenze aufgestockt. Das Bürgergeld ergänzt somit den Lohn bzw. stockt ihn bis zu einer Höhe auf, die den Lebensunterhalt sichern kann.

Etwa 30 Prozent  der Bürgergeldempfänger haben eine Erwerbstätigkeit. Diese reicht nicht zur Deckung des Lebensunterhalts aus. Das ist häufig bei einem Minijob oder Midijob der Fall, oder dann, wenn nur der Mindestlohn gezahlt wird.

Aufstocker sind also diejenigen Bürgergeld Bezieher, die das Bürgergeld ergänzend zu ihrem Arbeitseinkommen beziehen, weil dieses die Bedarfsgrenze des Bürgergeld Gesetzes nicht erreicht.


Wer kann Bürgergeld aufstockend bzw. ergänzend beantragen?

Diejenigen erwerbstätigen Menschen, die so wenig verdienen, dass ihr Lohn oder Gehalt nicht ausreicht, um den Lebensbedarf ihrer Familie sicherzustellen, können einen Antrag auf aufstockendes Bürgergeld beim Jobcenter stellen.

Es sind also die erwerbstätigen Geringverdiener, die den Antrag auf aufstockendes Bürgergeld stellen können. Dazu zählen nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch Selbstständige. Zudem können Beschäftigte in Kurzarbeit oder auch Bezieher von Arbeitslosengeld einen Antrag auf aufstockendes Bürgergeld stellen, wenn Einkommen, Gewinn oder Arbeitslosengeld nicht zur Sicherung des Lebens ausreichen.  Dabei muss immer die Familie im Blickpunkt bleiben, denn der Verdienst muss auch für Partner und Kinder reichen. Die Familienmitglieder bilden im Rahmen des Bürgergeldes eine Bedarfsgemeinschaft. Das bedeutet zum einen, dass im Rahmen des Bürgergeldantrags geprüft wird, wie hoch der Lebensbedarf der Familie ist. Zum anderen wird aber auch das gesamte Einkommen der Familie zusammengerechnet und bei der Bedarfsermittlung nach dem Bürgergeld Gesetz berücksichtigt.

Was zählt zum anrechenbaren Einkommen beim Bürgergeld?

Wird der Bürgergeld Antrag beim Jobcenter gestellt, so muss selbstverständlich sämtliches Einkommen der gesamten Bedarfsgemeinschaft dem Jobcenter gegenüber angegeben werden. Das gilt insbesondere für folgendes Einkommen:

  • Lohn / Gehalt / Arbeitsentgelt
  • Verdienst aus Minijob
  •  Verdienst aus Midijob
  • Kurarbeitergeld
  • Arbeitslosengeld
  • Elterngeld
  • Unterhaltszahlung
  • Gewinne aus selbständiger Tätigkeit
  • Renten, insbesondere aus teilweiser Erwerbsunfähigkeit

Antragsformular: Wie ergänzendes Bürgergeld beantragen?

Wie muss nun der Antrag auf ergänzendes Bürgergeld, auf Bürgergeld Aufstockung gestellt werden? Hinsichtlich der Antragstellung ergeben sich keine Besonderheiten im Vergleich zu einem „normalen“ Bürgergeld-Antrag. Es müssen die gleichen Formulare benutzt werden, wie bei einem gewöhnlichen Bürgergeld Antrag. Die Antragstellung an sich kann auch digital, also online auf der Internetseite der Bundesagentur für Arbeit erfolgen. Eine fristwahrende Antragstellung per Email ist ebenfalls notwendig. Anschließend müssen die üblichen Antragsformulare ausgefüllt werden. Sie finden Sie hier: Bürgergeld Antragsformulare zum Pdf-Download.

Dem Antrag müssen die Einkommensnachweise beigefügt werden, also insbesondere Arbeitsvertrag und Gehalts-/ Lohnabrechnungen. Auch die Kontoauszüge der letzten drei, manchmal sogar der letzten 6 Monate sind als Nachweis des Einkommens erforderlich.

Weitere Nachweise, die das Jobcenter zur Prüfung der Höhe des Bürgergeld Anspruchs benötigt, sind üblicherweise folgende:

  • Mietvertrag
  • Betriebskostenabrechnung
  • Heizkostenabrechnung

Nachweise zum Einkommen

Wird ein Mehrbedarfs beansprucht, etwa bei Schwangerschaft oder Schwerbehinderung, müssen auch hierzu Nachweise vorgelegt werden, beispielsweise ein ärztliche Attest oder der Schwerbehindertenausweis.


Bearbeitungsdauer: Wie lange muss man auf die Auszahlung des Bürgergelds warten?

Die Dauer der  Bearbeitung des Antrags auf Bürgergeld ist unterschiedlich lang. Es hängt von den individuellen Verhältnissen ab und auch davon, wie rasch eingeforderte Nachweise vorgelegt werden. Auch die Belastung des Jobcenters entscheidet mit über die Bearbeitungsdauer.

Bei manchen Jobcentern dauert die Bearbeitung nur wenige Tage, andere benötigen einige Wochen. Innerhalb von 6 Monaten muss das Jobcenter jedoch entschieden haben und einen Bürgergeld Bescheid erlassen, egal, ob einen Bewilligungsbescheid oder einen Ablehnungsbescheid. Nach Ablauf der 6 Monate kann eine Untätigkeitsklage beim Sozialgericht eingereicht werden.

Gestaffelte Freibeträge: Wie wird das Einkommen auf das Bürgergeld angerechnet?

Bürgergeld Bezieher sollen ermutigt werden, eine  Erwerbstätigkeit trotz Bürgergeldbezug aufzunehmen bzw. beizubehalten. Aus diesem Grund sieht das Bürgergeld Gesetz Freibeträge bei Erwerbseinkommen vor. Das Einkommen innerhalb dieser Freibeträge wird teilweise nicht auf das Bürgergeld angerechnet. So haben Bürgergeld Aufstocker mehr Geld in der Tasche, also Bürgergeld Bezieher, die nicht arbeiten. Die Einkommensfreibeträge bei Erwerbstätigkeit sind in § 11 b SGB II (Bürgergeld Gesetz) geregelt.  Die Freibeträge bei Erwerbseinkommen sind wie folgt gestaffelt:

Einkommen-Freibetrag bis einschließlich 30.06.2023

    Grundfreibetrag von 100 Euro

    20 % vom Einkommen zwischen 100 Euro und 1.000 Euro

    10 % vom Einkommen zwischen  1.000 Euro  und 1200 Euro (1500 Euro bei Kind oder Kindern in Bedarfsgemeinschaft )

Einkommen Freibetrag ab 01.07.2023

Ab 1. Juli 2023 werden die Einkommen-Freibeträge neu geregelt. Es gibt Verbesserungen für Bürgergeld Aufstocker.

  • Grundfreibetrag von 100 Euro
  • 20 % vom Einkommen zwischen 100 Euro bis 520 Euro
  • 30 % vom Einkommen zwischen 520 Euro und 1000 Euro
  • 10 % vom Einkommen zwischen 1000 und 1200 Euro (bzw. 1500 Euro bei Kind / Kindern)

Einkommen, das 1.200 Euro (bzw. 1.500 Euro bei Kindern) übersteigt, wird voll auf das Bürgergeld angerechnet.

Detailinformation zu den Freibeträgen beim Erwerbseinkommen hier: Einkommensfreibetrag


Selbstständigen haben monatlich unterschiedliches Einkommen – wie wird das berücksichtigt?

Bei selbständig Erwerbstätigen ändert sich die Höhe des Gewinns unter Umständen monatlich. Wir wird das bei der Bürgergeld Auszahlung berücksichtigt? Das monatlich unterschiedlich hohe Einkommen von Selbständigen berücksichtigt das Jobcenter folgendermaßen: Es errechnet aus dem Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit der letzten sechs Monate ein Durchschnittseinkommen. Dieses wird der Berechnung des Bürgergeld Anspruchs zugrunde gelegt.

Das Jobcenter erlässt auf dieser Basis einen vorläufigen Bewilligungsbescheid. Der exakte Bürgergeld Anspruch wird erst im Nachhinein festgestellt und ein endgültiger Bescheid erlassen. Daraus kann sich eine Rückforderung zu viel gezahlten Bürgergeldes ergeben. Aber auch eine Nachzahlung an den Bürgergeld Bezieher ist möglich.

Beispielrechnung Bürgergeld-Aufstockung

Nachfolgend eine Bürgergeld Beispielrechnung bei Aufstockung des Erwerbseinkommens und Inanspruchnahme der  Freibeträge für Erwerbseinkommen. Dabei gehen wir von folgender Fallkonstellation aus.

Der Bürgergeld Bedarf einer Familie mit Kindern (Regelsatz bzw. Regelsätze, Kosten der Unterkunft, Mehrbedarfe) nach Abzug von Kindergeld beträgt nach Überprüfung durch das Jobcenter 2600  Euro. Das Bruttoeinkommen eines Elternteils beträgt 1600  Euro. Weiteres Erwerbseinkommen ist nicht vorhanden. Wir berücksichtigen die Rechtslage ab dem 1. Juli 2023

Unter Berücksichtigung der Freibeträge für Erwerbseinkommen ergibt sich folgender Anspruch:

Vom Einkommen ist anrechnungsfrei:

– Grundfreibetrag: 100 Euro

– 20 Prozent vom Einkommen zwischen 100 und 520 Euro: 84 Euro

-30 Prozent vom Einkommen zwischen 520 und 1000 Euro: 144 Euro

– 10 Prozent vom Einkommen zwischen 1000 und 1500 Euro: 50 Euro

Insgesamt dürfen also behalten werden: 378 Euro

Angerechnet auf den Bürgergeld Anspruch werden 1.222 Euro.

Der Bürgergeld Anspruch beträgt dann 1378 Euro.


Zusammenfassung zu Bürgergeld und Aufstockung bei Ewerbseinkommen

Das Wichtigste kurz zusammengefasst:

  • Auch wer Erwerbseinkommen erzielt, kann Bürgergeld beantragen
  • Mit Bürgergeld kann das eigenen Einkommen aufgestockt werden, wenn es nicht ausreicht, um den eigenen oder den Lebensunterhalt der Familie sicherzustellen. Das ist oft der Fall, wenn nur ein Minijob ausgeübt wird.
  • Vom Einkommen kann ein nicht unerheblicher Teil behalten werden, der nicht mit dem Bürgergeld Anspruch verrechnet wird. Das nennt man Einkommensfreibetrag.
  • Die Einkommensfreibeträge beim Bürgergeld sind gestaffelt, je nach Höhe des Einkommens.