Wer Bürgergeld bezieht, erhält monatlich einen Regelsatz überwiesen, mit dem der gesamte Lebensbedarf abgedeckt werden muss. Dabei geht es um Lebensmittel, Busticket oder um Haushaltsgeräte. Geht beispielsweise eine Waschmaschine kaputt, muss die Reparatur oder der Neukauf aus dem Regelsatz finanziert werden. So weit die Theorie! Doch angesichts der Höhe bzw. der Niedrigkeit des Regelsatzes ist es nahezu unmöglich, mit diesem Geld eine neue Waschmaschine zu kaufen. Allerdings enthält der Regelsatz auch einen Anteil, der monatlich anzusparen ist, um Reparaturen oder Neuanschaffungen zu finanzieren.
Näheres zur Höhe und Zusammensetzung des Regelsatzes hier:
Wichtiges Urteil des Sozialgerichts zum Mehrbedarf
Ein Bezieher von Bürgergeld hatte nachgerechnet und dem Sozialgericht vorgerechnet: Für den Kauf einer neuer Waschmaschine mit den Ansparbeträgen des Regelsatzes hätte er fast 21 Jahre sparen müssen, um sich eine neue Waschmaschine kaufen zu können. Er hatte deshalb beim Jobcenter einen Mehrbedarf für die Anschaffung einer Waschmaschine beantragt. Das Jobcenter hatte diesen Antrag abgelehnt – üblicherweise bewilligt das Jobcenter nur ein Darlehen für die Neuanschaffung einer Waschmaschine. Dies wollte der Bürgergeld Bezieher jedoch nicht und hatte deshalb Klage beim Sozialgericht eingereicht.
Das Sozialgericht Kiel hat dem Bürgergeld Kläger Recht gegeben und ihm einen Anspruch auf Mehrbedarf für den Kauf einer Waschmaschine zuerkannt, s. Az: S 35 AS 35/22
Bürgergeld: Anspruch auf Mehrbedarf für neue Waschmaschine
Das Sozialgericht stellte in seinem Urteil zunächst fest, dass die Anschaffungskosten von ca 390 Euro zuzüglich ca 30 Euro Versandkosten für das neue Gerät seien angemessen sind.
Im monatlichen Bürgergeld Regelsatz sind allerdings nur 1,60 Euro für den Kauf von Haushaltsgroßgeräten wie Waschmaschine oder Trockner enthalten, im Jahr also 19,20. Vergleicht man diese Summe mit den Anschaffungskosten von knapp 400 Euro, so sieht man leicht, wie lange die Summe von 1,60 Euro angespart werden muss, ehe man eine neue Waschmaschine kaufen kann. Es liegt auf der Hand und bedarf keiner weiteren Erklärung, dass es Unzumutbar ist, über 20 Jahre auf eine neue Waschmaschine warten zu müssen.
Das Gericht prüfte deshalb, ob ein Anspruch auf Mehrbedarf gegeben ist. Der Anspruch auf Mehrbedarf folgt aus § 21 Abs. 6 SGB II (Bürgergeld Gesetz). Nach dieser Vorschrift kann ein “Mehrbedarf” anerkannt werden, wenn im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht und die Gewährung eines Darlehens für einmalige Aufwendungen nicht möglich oder nicht zumutbar ist.
Mehrbedarf sind notwendige Ausgaben, die nicht vom allgemeinen Bürgergeld Regelsatz umfasst werden. . Das ist dann der Fall, wenn im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht.
Das Sozialgericht sah diesen Tatbestand im Falle des Klägers bei einer defekten und wirtschaftlich nicht mehr reparierbaren Waschmaschine als gegeben an.
Kritik am Regelsatz – 725 Euro sind notwendig
Kritik an der geringen Höhe des aktuellen Bürgergeld Regelsatzes gibt es schon lange. Sie kommt von den Wohlfahrtsorganisationen und auch von der Partei „Die Linke“.
Die Höhe des Regelsatzes wird aus der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe ermittelt. Es wird erfasst, welche durchschnittlichen Ausgaben einkommensschwache Haushalte tätigen. Da jedoch die Stichproben nur über einen Zeitraum von wenigen Monaten erhoben werden, sind die Kosten für den Ersatz von Haushaltsgeräten darin größtenteils nicht enthalten. So kommt es, dass der Regelsatz „kleingerechnet“ wird.
Das ist ein unhaltbarer Zustand – so unsere Meinung. Der Regelsatz muss sofort auf 725 Euro angehoben werden. Die Stromkosten müssen ebenfalls aus dem Regelsatz herausgenommen werden und zu den Kosten der Unterkunft (Kdu) gestellt werden.