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Sucht und Bürgergeld: Warum niemand auf dringend benötigte Beratung verzichten muss

Wer mit Suchtproblemen kämpft, steht oft doppelt vor dem Abgrund – Jobverlust und finanzielle Sorgen prägen das Leben. Auf „Bürger & Geld“, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e. V., liest man heute, wie Bürgergeld-Empfänger auch bei kostenpflichtigen Beratungsstellen rechtlich abgesichert sind, ohne Angst vor horrenden Rechnungen. Alles über neue Ansprüche, Hilfen und die Wahrheit hinter den Ämtern – exklusiv für Menschen, die handeln wollen.

Bürgergeld und Suchtberatung: Anspruch, Kosten, und echte Hilfe

Die Brücken zwischen Sucht und Erwerbslosigkeit sind leider stabil gebaut – wer süchtig ist, bleibt oft nicht lang im Job, und wer arbeitslos ist, greift manchmal aus Verzweiflung zur Flasche oder Tablette. Die Statistiken kennen wenig Erbarmen: 2025 sind rund 2,96 Millionen Menschen in Deutschland als arbeitslos gemeldet, viele davon mit multiplen Vermittlungshemmnissen wie Suchterkrankungen, fehlender Ausbildung oder Langzeitarbeitslosigkeit. Sucht ist dabei nicht nur ein Symptom, sondern oft Ursache für soziale Ausgrenzung und wirtschaftliche Not.

Suchtkrank und arbeitslos – ein Teufelskreis

Sucht und Arbeitslosigkeit sind eine fatale Mischung: Wer joblos ist, verliert soziale Bindungen, Tagesstruktur und Selbstwertgefühl, was bei vielen die Flucht in Alkohol, Drogen oder Medikamentenmissbrauch fördert. Umgekehrt führt eine nicht behandelte Suchterkrankung häufig zum Verlust des Arbeitsplatzes. Besonders betroffen sind Personen im Bürgergeld-System – Menschen, die ohnehin wenig Mittel und Chancen haben und bei denen die Sucht die Erwerbsfähigkeit gefährdet oder verhindert.

Anspruch auf Suchtberatung: Was das Bürgergeld wirklich regelt

Seit Einführung des Bürgergeldes zum 1. Januar 2023 hat sich auch beim Zugang zu Beratungsleistungen einiges verändert. Wer Bürgergeld bezieht und an einer Suchtkrankheit leidet, hat grundsätzlich einen Anspruch auf professionelle Beratung. Das gilt nicht nur für kostenfreie Angebote der Wohlfahrtsverbände wie Caritas oder Diakonie, sondern auch für kostenpflichtige Beratungsstellen, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.

Das Schlüsselwort: Beratungsschein. Ähnlich wie in rechtlichen Fragen können Bürgergeld-Empfänger beim zuständigen Amtsgericht einen Beratungsschein beantragen, um kostenpflichtige Beratung – dazu gehört auch psychosoziale oder suchtbezogene Beratung – in Anspruch zu nehmen. Voraussetzung ist der Nachweis der Bedürftigkeit und, dass keine kostenlosen Alternativen zumutbar sind.

Die Kostenübernahme beim Bürgergeld: Für viele Beratungseinrichtungen fallen Gebühren an, doch über Beratungshilfe- und Härtefallsysteme werden diese in der Regel übernommen. Ein Eigenanteil von 5 bis 15 Euro ist selten, und wer diesen sogar nicht leisten kann, wird im Regelfall dennoch beraten – besonders bei akuter Suchtgefahr, wo Hilfe nicht aufgeschoben werden kann.

Gesetzliche Grundlagen: SGB II und Rechtslage 2025

Die Ansprüche der Bürgergeld-Empfänger auf Beratung gründen sich vor allem auf das Sozialgesetzbuch II (SGB II). Insbesondere die §§ 16ff. regeln die Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben und enthalten explizite Hinweise auf die Integration suchterkrankter Personen. Die Jobcenter sind gehalten, psychosoziale Hilfen aktiv zu vermitteln, das umfasst Suchthilfe, psychiatrische Beratung und ggf. auch Zugang zu stationärer Therapie.

Relevante Neuerungen 2025: Zum 1. Januar 2025 wurden die Regelungen geschärft – die Förderung der beruflichen Rehabilitation ging auf die Agenturen für Arbeit über, dabei wird ausdrücklich auch die Kostenübernahme für Beratungsleistungen mit besonderem sozialtherapeutischem Bedarf geregelt.

Die praktische Umsetzung: So funktioniert die Beratungsbeantragung

  • Bürgergeld-Empfänger wenden sich zunächst ans Jobcenter, das die individuelle Notlage prüft und ggf. einen Beratungsschein für externe, auch kostenpflichtige Beratungsstellen ausstellt.
  • Mit dem Beratungsschein kann die betroffene Person beim jeweiligen Anbieter – etwa einer Sozialberatungsstelle oder einem Suchthilfezentrum – einen Termin vereinbaren und wird dort kostenfrei oder mit minimalem Eigenanteil beraten.
  • Sollte das Jobcenter die Notlage nicht anerkennen, besteht der Weg über das zuständige Amtsgericht, wo die Beratungshilfe förmlich beantragt werden kann.

Welche Beratungsstellen sind relevant?

Die Suchthilfe-Landschaft ist in Deutschland vielfältig: Neben den bekannten Playern wie Caritas, Diakonie, Tacheles e. V., gibt es zahlreiche kommunale und private, teils kostenpflichtige Anlaufstellen. Besonders für sehr spezifische Süchte (Medikamente, Glücksspiel, Drogen) existieren oft nur wenige qualifizierte Beratungsstellen, deren Angebot von Jobcentern anerkannt wird.

Werden wirklich alle Kosten übernommen?

In der Praxis sieht die Kostenübernahme so aus: Der Großteil der Beratungsleistungen ist für Bürgergeld-Empfänger kostenlos, selbst wenn ein externer Beratungsanbieter gewählt wird. Fallen dennoch Kosten an – z.B. bei spezialisierten Therapiezentren – werden diese im Rahmen der Beratungshilfe nach RVG oder über Härtefallregelungen übernommen, sodass Betroffene nicht durch Gebühren von lebensrettenden Angeboten ausgeschlossen sind.

FAQ – Die wichtigsten Fragen zur Suchtberatung für Bürgergeld-Bezieher

Wer hat Anspruch auf Suchtberatung mit Bürgergeld?

Jeder Bürgergeld-Empfänger mit Suchtproblematik, sofern keine kostenlose Beratung verfügbar oder diese nicht ausreicht.

Was kostet die Beratung?

In der Regel kostenlos oder gegen einen geringen Eigenanteil (meist 5–15 Euro), der aber bei Bedürftigkeit weiter reduziert werden kann.

Was ist ein Beratungsschein?

Ein Nachweis, den das Jobcenter oder Amtsgericht ausstellt, um kostenpflichtige Beratungsstellen in Anspruch nehmen zu können.

Wie beantragt man Hilfe?

Antrag über das Jobcenter oder direkt beim Amtsgericht, Nachweis über Bedürftigkeit und das Anliegen genügt.

Welche Beratungsstellen sind zugelassen?

Anerkannte Wohlfahrtsverbände, kommunale und private Beratungsstellen – das Angebot variiert lokal.

Gibt es Beratung auch telefonisch oder digital?

Ja, viele Anbieter wie Caritas und Tacheles e. V. bieten Online- und Telefonberatung an.

Was passiert bei Ablehnung des Beratungsscheins?

Es besteht die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen oder auf freiwillige Beratungsangebote auszuweichen, die oft unbürokratisch beraten.

Das Berufsleben nach der Suchtberatung – Chancen und Grenzen

Ohne professionelle Hilfe bleiben die Jobperspektiven für Suchtkranke düster. Studien zeigen, dass fast die Hälfte der Bürgergeld-Bezieher mindestens zwei Vermittlungshemmnisse aufweist – Sucht ist eines der häufigsten Probleme. Erst nach gelungener Beratung und ggf. erfolgreicher Therapie werden Jobchancen realistisch besser, insbesondere wenn das Jobcenter individuell fördert und die Integration in Arbeitsprojekte oder berufliche Weiterbildung unterstützt.

Kritik und Herausforderungen: Wo hapert es noch?

Trotz rechtlicher Absicherung berichten viele Bürgergeld-Empfänger von Hürden: unklare Zuständigkeiten, schleppende Bewilligung und mangelnde Information vom Jobcenter. Gerade in kleineren Städten und ländlichen Regionen fehlt es oft an spezialisierten Beratungsstellen und schnellen Zugängen zu Therapieangeboten. Dazu kommen hohe Erwartungen an Selbstmotivation und Mitwirkung, die für Suchtkranke zum Stolperstein werden können.

Bürgergeld und Sucht: Schlüssel zur sozialen Teilhabe

Die rechtliche Lage ist klar: Niemand soll durch Sucht oder finanzielle Notlage von Beratung ausgeschlossen werden. Die neuen Bürgergeld-Regelungen ab 2025 setzen deutliche Schwerpunkte auf soziale Teilhabe, Hilfen im psychosozialen Bereich und kostenfreie Beratung als gesellschaftliches Grundrecht.

Fazit: Suchtberatung darf kein Luxus sein – Bürgergeld sichert professionelle Hilfe

Das Bürgergeld garantiert Suchtkranken den Weg in professionelle Beratung – auch über kostenpflichtige Stellen, solange der Bedarf nachgewiesen und kein kostenloses Angebot verfügbar ist. Die Rechtslage und soziale Praxis sichern Betroffenen, auch bei akuter Suchtgefährdung, eine sofortige und kompetente Unterstützung. Wichtig bleibt es, die Erreichbarkeit der Beratungsstellen zu verbessern, Bürokratie abzubauen und die Suche nach dem passenden Hilfeangebot so leicht wie möglich zu machen.

Für Betroffene stellt sich deshalb nicht mehr die Frage, ob sie Beratung bekommen – sondern wie schnell und einfach sie diese erreichen. Der Anspruch ist da, die Hilfe wirksam, und die Kosten sind längst kein unüberwindbares Hindernis mehr.

Redakteure

  • Peter Kosick

    Jurist und Redakteur

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen. Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein. Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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  • ik
    Experte:

    Sozialrechtsexperte und Redakteur

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an. Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen. Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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