Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X – was das ist
Der Überprüfungsantrag (§ 44 SGB X) erlaubt Bürgergeld – Betroffenen, einem Jobcenter-Bescheid, gegen den keine fristgerechte Klage oder Widerspruch mehr möglich ist, eine erneute Überprüfung zu verlangen. So können Fehler und Rechtsverstöße korrigiert werden und nicht bewilligte Leistungen rückwirkend nachgezahlt werden. Dieses Verfahren schützt den Vorrang materieller Gerechtigkeit gegenüber der formellen Bestandskraft eines Bescheides.
Wer kann den Überprüfungsantrag stellen?
Jeder Betroffene eines Leistungsbescheids des Jobcenters kann einen Überprüfungsantrag einreichen, und zwar formlos – oft reicht ein kurzes Anschreiben mit der Bezeichnung des zu überprüfenden Bescheids sowie der Fehlerursachen. Auch Rechtsnachfolger wie Erben können Ansprüche prüfen lassen, falls ihnen Sozialleistungen zu Unrecht verweigert wurden.
Überprüfungsantrag: die Voraussetzungen
- Es muss ein konkreter Verwaltungsakt, also ein bestimmter Bescheid, bezeichnet werden.
- Die Gründe der Überprüfung sollten genannt werden – etwa fehlerhafte Berechnungen, falsche Sachverhaltsannahmen oder rechtliche Irrtümer.
- Es muss dargelegt werden, warum und wie der Bescheid falsch ist, z. B. unberücksichtigtes Einkommen, verdrehte Mietkosten oder falsche Familienzuordnung.
- Ein Antrag auf „Überprüfung aller Bescheide der letzten Jahre“ ist zu ungenau; die einzelnen Bescheide müssen konkret benannt werden.
Frist: ein Jahr!
Für Bürgergeld (künftig: Neue Grundsicherung für Arbeitsuchende) liegt die Frist für rückwirkende Leistungsnachzahlungen durch Überprüfungsantrag nach § 40 Abs. 1 SGB II seit April 2011 bei nur einem Jahr. Allerdings beginnt die Frist zu Jahresbeginn des Antragsjahres. Beispiel: Antragstellung im Oktober 2025 ermöglicht eine Nachzahlung für den Zeitraum ab 1. Januar 2024 (also für das gesamte vorherige Kalenderjahr).
Ablauf und Bearbeitung durch das Jobcenter
Nach Eingang des Überprüfungsantrags hat das Jobcenter nach § 88 SGG sechs Monate Zeit, um über den Antrag zu entscheiden. In dieser Zeit werden die genannten Bescheide geprüft, Nachweise und Dokumente (z. B. Einkommensnachweise) angefordert und der Sachverhalt aufgeklärt. Kommt das Jobcenter bis Fristablauf zu keiner Entscheidung, kann eine Untätigkeitsklage beim Sozialgericht eingereicht werden.
Überprüfungsantrag erfolgreich: was folgt?
Wird ein Fehler im Bescheid festgestellt, hebt das Jobcenter den alten Bescheid auf und erlässt einen neuen Zugunstenbescheid. Die zu Unrecht vorenthaltenen Leistungen für das Vorjahr werden nachgezahlt – oft auch inklusive Neben- und Mehrleistungen. Das kann Nachzahlungen für Miete, Nebenkosten, Alleinerziehendenmehrbedarf oder besondere Krankheitskosten betreffen.
Beispiele für Überprüfungsantrag
Typische Beispiele für einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X in Verbindung mit § 40 SGB II sind Fälle, in denen ein fehlerhafter Jobcenter-Bescheid nach Ablauf der Widerspruchsfrist korrigiert werden soll. Das können z.B. diese Situationen sein:
Beispiel 1: Falsche Berechnung der Unterkunftskosten
Die Leistungen für Unterkunft und Heizung wurden zu niedrig berechnet, weil das Jobcenter eine Mietsteigerung oder erhöhte Nebenkosten erst Monate später berücksichtigt hat. Nach Einspruch und erfolglosem Widerspruch kann per Überprüfungsantrag die Nachzahlung für das Vorjahr gefordert werden.
Beispiel 2: Sanktion wegen versäumtem Termin
Ein Bescheid senkte das Bürgergeld wegen eines angeblich versäumten Termins, den der Betroffene aber nie schriftlich erhalten hat. Die Einladung konnte vom Jobcenter nicht nachgewiesen werden. Nach Ablauf der Widerspruchsfrist wurde ein Überprüfungsantrag gestellt: Die Sanktion wird aufgehoben.
Beispiel 3: Fehlerhafte Einkommensberücksichtigung
Dem Jobcenter wurden Unterlagen über geringes Einkommen oder einmalige Einnahmen rechtzeitig vorgelegt, trotzdem wurden falsche Beträge angerechnet und dadurch Leistungen gekürzt. Nach Monaten merkt das Jobcenter den Fehler, doch die Frist für Widerspruch ist abgelaufen. Ein Überprüfungsantrag sorgt für rückwirkende Nachzahlung.
Beispiel 4: Änderung des Familienstands
Die Geburt eines Kindes, eine Hochzeit oder die Trennung wurde im Bürgergeld-Bescheid falsch oder verspätet berücksichtigt. Die Betroffenen erhalten weniger Leistung, als ihnen zusteht. Erst durch einen Überprüfungsantrag kann das Jobcenter zu einer rückwirkenden Zahlung verpflichtet werden.
Beispiel 5: Nicht bewilligter Mehrbedarf
Ein Alleinerziehenden-Mehrbedarf, Mehrbedarf für Krankheit oder eine Behinderung wurde im alten Bescheid nicht berücksichtigt. Später wird bekannt, dass der Anspruch bestand – ein Überprüfungsantrag bewirkt die Korrektur und Nachzahlung für das zurückliegende Jahr.
Risiken und Nachteile: das kann passieren!
Ein Überprüfungsantrag kann negative Folgen haben: Das Jobcenter prüft den gesamten Bescheid neu und kann dabei auch Fehler aufdecken, die zuvor zugunsten des Antragstellers liefen. Im Extremfall kann daraus eine Rückforderung entstehen, wenn der Antragsteller eigentlich zu viel erhalten hat. Es gilt kein Verschlechterungsverbot!
Rechtsmittel bei Ablehnung
Wird der Überprüfungsantrag abgelehnt, kann der Antragsteller Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid einlegen und bei weiterem Streit eine Klage beim Sozialgericht anstrengen.
Zusammenfassung: Frist für Überprüfungsantrag für letztes Jahr läuft Ende 2025 ab!
Ein Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X in Verbindung mit § 40 SGB II ist das zentrale Mittel, um fehlerhafte, längst bestandskräftige Jobcenter-Bescheide korrigieren zu lassen und Nachzahlungen zu sichern. Die Frist ist begrenzt – es gilt das vorherige Kalenderjahr. Präzise Formulierung und Nachweise erhöhen die Erfolgschancen, eine vorherige rechtliche Prüfung ist bei Unsicherheit ratsam.