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Bürgergeld: Dem Jobcenter Kontoauszüge vorlegen? Was darf man schwärzen?

Wer Bürgergeld beantragt, muss seine Hilfsbedürftigkeit nachweisen – dazu überprüft das Jobcenter Einkommen und Vermögen und verlangt regelmäßig die Kontoauszüge der letzten drei Monate zur Einsicht. Allerdings dürfen auch ältere Kontoauszüge gefordert werden, wenn Zweifel am Anspruch bestehen. Doch darf das Jobcenter alles wissen? Darf man Kontoauszüge schwärzen? Was genau? Die Antwort lesen Sie hier auf Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e.V.!

Rechtliche Grundlage: Warum Kontoauszüge vorlegen?

Das Jobcenter nutzt Kontoauszüge, um Einnahmen, Vermögenswerte und Zahlungsflüsse im Rahmen des Bürgergeldes bzw. der Neuen Grundsicherung nachzuvollziehen. Dies ist durch das SGB II und die Mitwirkungspflicht des Antragstellers gedeckt. Für den Datenschutz gelten dabei die strengen Regelungen der DSGVO und die Vorgaben des Bundessozialgerichts (Urteil B 14 AS 45/07 R).

Recht auf Schwärzung: Was ist erlaubt?

Grundsätzlich dürfen Antragsteller auf ihren Kontoauszügen personenbezogene, besondere Kategorien von Daten schwärzen, sofern sie für die Prüfung des Bürgergeldanspruchs irrelevant sind. Dies betrifft Angaben zu:

  • ethnischer Herkunft
  • politischen Meinungen
  • Religion und Philosophie
  • Gewerkschaftszugehörigkeit
  • Gesundheit und Sexualleben

Typische Beispiele: Spenden an politische Parteien, Kirchenbeiträge oder andere vertrauliche Buchungstexte können geschwärzt werden.

Ergänzung 2025/26: Neue Praxis und Hinweise

Immer häufiger verlangen Jobcenter die Übermittlung von Auszügen per Post oder digital. Hier kommt dem Datenschutz besondere Bedeutung zu: Originale werden nicht gefordert, es reichen Kopien aus. Die Jobcenter müssen Betroffene schriftlich darauf hinweisen, dass Schwärzungen zulässig sind. Das Informationsrecht ergibt sich direkt aus Art. 9 DSGVO.

Die Praxis zeigt: Manche Antragsteller haben Bedenken gegen digitale Übermittlung oder Sammelbearbeitung, da sensible Kontodaten von mehreren Mitarbeitern eingesehen werden können. Gesetzlich ist das Jobcenter bisher berechtigt, die Unterlagen einzuschicken oder zu mailen zu lassen, persönliche Vor-Ort-Termine für eine „Einsicht ohne Übernahme“ werden aber so gut wie nie angeboten. Missbrauch und Datenabhandenkommen sind in der Kritik; ein gezieltes Widerspruchs- oder Beschwerdeverfahren wird empfohlen, wenn der Datenschutz gefährdet scheint (z.B. nach Einbruchvorfällen oder Datenpannen).

Was darf auf Kontoauszügen geschwärzt werden?

Schwärzen dürfen Antragsteller:

  • Ausgaben (Zahlungen, die keine Einnahmen sind)
  • Empfängernamen (geschützt nach Datenschutzrecht, meist irrelevant)
  • Teile des Buchungstextes/verwendungszwecks (wenn sie sensible Daten enthalten)

Vorher immer prüfen: Sind die Informationen für den Anspruch notwendig? Alles, was mit Einkommen, Vermögen oder zu prüfenden Zuflüssen zu tun hat, darf NICHT entfernt werden.

Was darf NICHT geschwärzt werden?

Nicht erlaubt ist die Schwärzung von:

  • Einnahmen (jede Art von Geldeingang, egal welcher Herkunft)
  • Buchungsdatum/Wertstellungsdatum (Zuflussprinzip nach SGB II)
  • Saldenstände auf dem Konto (Kontoguthaben relevant für Vermögensprüfung)

Hier prüft das Jobcenter die Anspruchsvoraussetzungen, daher sind Schwärzungen rechtswidrig und können zur Ablehnung oder Verzögerung der Antragstellung führen.

Originale vs. Kopien: Wie vorlegen?

Kontoauszüge sollten grundsätzlich nur als Kopie und ausschließlich darauf geschwärzt werden. Falls Zweifel an der Echtheit bestehen oder das Jobcenter explizit das Original fordert, muss dieses im Zweifel nachgereicht werden. Tipp: Bei Nutzung von Filzstift immer eine weitere Kopie für die Akten anfertigen, da die Schwärzen auf digitalen Scans oft durchleuchtet werden können.

Besonderheiten und aktuelle Diskussionen

Viele Jobcenter verlangen nach wie vor die Zusendung per Sammelstelle und eine Archivierung – ein umstrittenes Vorgehen, das von Datenschutz-Initiativen kritisiert wird. Eine Vernichtung nach Sichtung der Daten kann nicht garantiert werden. Betroffene sollten Widerspruch einlegen, wenn die Anforderungen unverhältnismäßig sind oder gegen die DSGVO verstoßen. Die Bundesagentur für Arbeit empfiehlt in besonders sensiblen Fällen den direkten Kontakt und klärt im Einzelfall über alternative Vorlagemöglichkeiten auf.

FAQ: Kontoauszüge und Bürgergeld

Kann das Jobcenter auch ältere Kontoauszüge verlangen?

Ja, wenn Zweifel am Anspruch bestehen, sind auch Auszüge älter als drei Monate zulässig.

Darf ich meine Kontoauszüge nur digital einreichen?

Nein, auch Kopien per Post sind möglich – persönliche Vorlage ist aber kaum üblich.

Was passiert, wenn ich wichtige Daten schwärze?

Wenn Einnahmen, Zahlungsdaten oder Vermögensstände geschwärzt werden, kann der Antrag abgelehnt oder gestoppt werden.

Wie werden meine Daten nach Vorlage geschützt?

Das ist umstritten: Jobcenter archivieren oft dauerhaft. Beschwerden und Widerspruch sind möglich – eine garantierte Vernichtung gibt es bisher nicht.

Zusammenfassung: Bürgergeld und Kontoauszüge

| Was muss vorgelegt werden? | Kopien der Kontoauszüge der letzten 3 Monate (bei Bedarf ältere Auszüge) |
| Was darf geschwärzt werden? | Buchungstexte mit sensiblen Daten, Empfängername, Ausgaben |
| Was darf nicht geschwärzt werden? | Einnahmen, Buchungsdatum, Wertstellung, Kontosaldo |
| Muss das Original vorgelegt werden? | Nur bei Zweifeln an der Echtheit der Kopie oder auf explizite Aufforderung |
| Wie vorlegen? | Kopie per Post oder digital (Filzstift, erneute Kopie gegen Durchleuchtung) |

Redakteure

  • Peter Kosick

    Jurist und Redakteur

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen. Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein. Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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  • ik
    Experte:

    Sozialrechtsexperte und Redakteur

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an. Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen. Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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