Für soziales Leben e. V.

gemeinnützig & unabhängig

Fallstricke beim Bürgergeld – was Sie unbedingt beachten müssen!

Das Bürgergeld bietet finanzielle Unterstützung für Menschen in schwierigen Lebenslagen, birgt aber auch zahlreiche Fallstricke. Wer Fehler bei Antragstellung, Mitwirkung oder Angabe von Einkommen macht, riskiert Kürzungen oder sogar den Verlust der Leistungen. In diesem Artikel auf Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für Soziales Leben e. V., erfahren Sie, worauf Sie beim Bürgergeld besonders achten müssen und wie Sie typische Stolperfallen vermeiden.

Datum:

Autor: Experte:

Das Bürgergeld ist seit seiner Einführung ein zentrales Thema der deutschen Sozialpolitik. Es soll Menschen in finanziellen Notlagen unterstützen und gleichzeitig die Rückkehr in den Arbeitsmarkt fördern. Doch trotz der guten Absichten gibt es zahlreiche Fallstricke, die Antragsteller und Empfänger kennen sollten. In diesem Beitrag haben wir vom Verein Für soziales Leben e.V. die wichtigsten Punkte zusammengestellt und zeigen, welche typischen Fehler beim Bürgergeld auftreten und wie Sie diese vermeiden können.

Was ist das Bürgergeld?

Das Bürgergeld ersetzt seit Januar 2023 das Arbeitslosengeld II („Hartz IV“) und dient als Grundsicherung für erwerbsfähige Menschen, die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen bestreiten können. Auch Berufstätige mit sehr geringem Einkommen („Aufstocker“) können Anspruch haben. Anfang 2026 soll es reformiert werden und “Neue Grundsicherung” heißen.

Anspruchsvoraussetzungen – hier lauern die ersten Stolpersteine

Um Bürgergeld zu erhalten, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Erwerbsfähigkeit: Sie müssen mindestens 15 Jahre alt sein und dürfen die Altersgrenze für die Rente noch nicht erreicht haben.
  • Bedürftigkeit: Ihr Einkommen und Vermögen reichen nicht aus, um Ihren Lebensunterhalt zu sichern.
  • Wohnsitz: Sie müssen sich dauerhaft in Deutschland aufhalten.

Achtung: Wer vorrangige Sozialleistungen wie Wohngeld oder Kinderzuschlag erhalten kann, muss diese zuerst beantragen. Erst wenn diese nicht ausreichen, besteht Anspruch auf Bürgergeld.

Der Antrag – häufige Fehler und wie Sie sie vermeiden

Der Antrag auf Bürgergeld muss beim zuständigen Jobcenter gestellt werden. Dabei gilt es, zahlreiche Angaben und Nachweise einzureichen:

  • Personalausweis oder Reisepass
  • Nachweise über Einkommen und Vermögen (z. B. Lohnbescheinigung, Kontoauszüge, Sparbücher)
  • Mietvertrag sowie Nachweise über Heiz- und Nebenkosten

Fallstrick: Unvollständige oder verspätet eingereichte Unterlagen führen oft zu Verzögerungen oder sogar zur Ablehnung des Antrags. Wichtig ist, alle geforderten Dokumente zeitnah nachzureichen und auf Vollständigkeit zu achten.

Einkommen und Vermögen – was wird angerechnet?

Bevor das Jobcenter Leistungen bewilligt, prüft es Ihr gesamtes Einkommen und Vermögen. Es gibt Freibeträge, aber alles, was darüber hinausgeht, wird angerechnet:

  • Grundfreibetrag beim Einkommen: 100 Euro monatlich bleiben anrechnungsfrei.
  • Staffelung bei Hinzuverdienst: Bei Einkommen zwischen 100 und 520 Euro bleiben 20%, zwischen 520 und 1.000 Euro sogar 30% anrechnungsfrei.
  • Vermögensfreibetrag: Bis zu 40.000 Euro für den Antragsteller, für jedes weitere Haushaltsmitglied 15.000 Euro – allerdings nur im ersten Jahr („Karenzzeit“).

Fallstrick: Wer Einkommen oder Vermögen verschweigt, riskiert Rückforderungen und sogar strafrechtliche Konsequenzen. Auch kleine Beträge aus Nebenjobs, Zinsen oder Mieteinnahmen müssen angegeben werden.

Die Karenzzeit – was bedeutet sie wirklich?

Mit dem Bürgergeld wurde eine einjährige Karenzzeit eingeführt. In dieser Zeit wird das Vermögen großzügiger geschützt und die tatsächlichen Wohnkosten übernommen. Nach Ablauf der Karenzzeit prüft das Jobcenter jedoch strenger:

  • Wohnkosten: Nach einem Jahr müssen die Kosten für Unterkunft und Heizung angemessen sein, sonst droht ein Kostensenkungsverfahren.
  • Vermögen: Nach der Karenzzeit gelten wieder niedrigere Freibeträge.

Fallstrick: Viele Empfänger wiegen sich in falscher Sicherheit und versäumen es, rechtzeitig ihre Wohnsituation oder das Vermögen anzupassen.

Mitwirkungspflicht – Ihre aktive Rolle ist gefragt

Empfänger von Bürgergeld sind verpflichtet, aktiv mitzuwirken:

  • Termine wahrnehmen: Wer unentschuldigt Termine beim Jobcenter versäumt, muss mit Leistungskürzungen rechnen.
  • Unterlagen fristgerecht einreichen: Fehlende Nachweise können zur Versagung der Leistungen führen.
  • Änderungen melden: Jede Änderung der Lebensumstände (Einkommen, Familienstand, Umzug) muss sofort gemeldet werden.

Fallstrick: Wer seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt, riskiert nicht nur Kürzungen, sondern im schlimmsten Fall den vollständigen Verlust des Bürgergelds.

Leistungsminderungen und Sanktionen – das sollten Sie wissen

Bei Pflichtverletzungen kann das Bürgergeld gekürzt werden:

  • Meldeversäumnis: 10% Kürzung des Regelbedarfs für einen Monat.
  • Wiederholte Pflichtverletzungen: Weitere Kürzungen sind möglich.

Wichtig: Bei außergewöhnlichen Härten oder wichtigen Gründen können Sie im Rahmen einer Anhörung Stellung nehmen und Sanktionen abwenden.

Zusammenfassung: So vermeiden Sie die häufigsten Fallstricke beim Bürgergeld

  • Informieren Sie sich gründlich über Ihre Rechte und Pflichten.
  • Reichen Sie alle Unterlagen vollständig und fristgerecht ein.
  • Melden Sie jede Änderung Ihrer Lebensumstände sofort.
  • Nutzen Sie die Karenzzeit, um Ihre Wohn- und Vermögenssituation zu überprüfen.
  • Scheuen Sie sich nicht, bei Unsicherheiten Beratung in Anspruch zu nehmen.

Wer diese Punkte beachtet, kann viele typische Fehler beim Bürgergeld vermeiden und seine Ansprüche sichern. Das Bürgergeld-System ist komplex, aber mit Sorgfalt und Aufmerksamkeit lassen sich die größten Fallstricke umgehen. Das wird auch in den Zeiten gelten, in denen es “Neue Grundsicherung” heißen wird.

Redakteure

  • ik

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an. Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen. Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

    Alle Beiträge ansehen
  • Peter Kosick
    Experte:

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen. Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein. Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

    Alle Beiträge ansehen