Wie viele Menschen erhalten Bürgergeld?
Im August 2025 bezogen rund 5,3 Millionen Menschen Bürgergeld, die Grundsicherung für Arbeitssuchende. Diese Zahl setzt sich aus 3,9 Millionen erwerbsfähigen Beziehenden und 1,4 Millionen nicht erwerbsfähigen Personen, hauptsächlich Kinder unter 15 Jahren, zusammen. Entscheidend für den Status „erwerbsfähig“ ist die Möglichkeit, mindestens drei Stunden täglich einer Arbeit nachgehen zu können. Diese differenzierte Betrachtung ist wichtig, denn Bürgergeld ist kein reines Arbeitslosengeld, sondern sichert auch Personen im Übergang, Studierende und Aufstocker ab.
Wer bekommt Bürgergeld?
Nicht jeder Bürgergeld-Empfänger ist arbeitslos. Viele sind in Weiterbildung, absolvieren ein Studium oder nehmen an Integrations- und Qualifizierungsmaßnahmen teil. Ein relevanter Anteil stockt den eigenen Lohn mit Bürgergeld auf, um die monatlichen Grundkosten zu decken. Besonders auffällig: Für viele Bezieher bestehen reale Hürden auf dem Weg in den regulären Arbeitsmarkt. Dazu zählen gesundheitliche Einschränkungen, fehlende Berufsabschlüsse, unzureichende Deutschkenntnisse und das Fehlen von Kinderbetreuung. Laut Expertin Dr. Kerstin Bruckmeier vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung sind nur wenige Bürgergeld-Empfänger ohne jegliches Vermittlungshemmnis.
Regionale Unterschiede: Wo wird besonders viel Bürgergeld bezogen?
Die Zahlen zeigen große regionale Unterschiede: Während in manchen Bundesländern der Anteil der Bürgergeld-Beziehenden deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegt, gibt es Regionen mit deutlich weniger Anspruchsberechtigten. Häufig sind diese Unterschiede historisch und wirtschaftlich bedingt. Seite an Seite existieren ostdeutsche Regionen mit allgemein höherem Bürgergeld-Anteil und süddeutsche Kreise mit niedrigeren Werten – abhängig von der lokalen Wirtschaftskraft und Arbeitsmarktlage.
Bürgergeld und Zuwanderung: Gibt es einen Zusammenhang?
Die Debatte um das Bürgergeld ist auch eng mit dem Thema Migration verbunden. Im Jahr 2025 lag der Anteil der Beziehenden mit deutscher Staatsangehörigkeit bei etwa 53 Prozent, während 47 Prozent ohne deutschen Pass Bürgergeld empfingen. Die Arbeitsmarktforscherin Dr. Yvonne Giesing vom ifo-Institut betont: Integration in den Arbeitsmarkt benötigt Zeit. Sprachbarrieren, die fehlende Anerkennung von Abschlüssen und der notwendige Aufbau neuer Qualifikationen verlängern den Prozess. Für viele Zuwanderer ist zudem das Lohnniveau im Vergleich zu Sozialleistungen das entscheidende Argument für die Wahl eines Ziellandes – nicht die Höhe etwaiger Leistungen.
Wie häufig wird Bürgergeld gekürzt?
Ein besonders kontroverses Thema sind die Sanktionen im Bürgergeld-System. Tatsächlich betrifft eine Kürzung im Schnitt nur 0,7 Prozent aller erwerbsfähigen Beziehenden. Das entspricht 27.400 Fällen pro Jahr. Insgesamt wurden im letzten Jahr 369.200 Leistungsminderungen verhängt – die meisten davon wegen verpasster Termine im Jobcenter. Nur in 23.400 Fällen kam es zu Kürzungen, weil eine Arbeitsaufnahme verweigert wurde. Statistiken über wiederholte Arbeitsverweigerungen liegen bislang nicht vor.
Lohnt sich Arbeit – oder ist man mit Bürgergeld besser dran?
Auch beim Bürgergeld stehen Arbeitsanreize auf dem Prüfstand. Laut Dr. Bruckmeier vom IAB liegt das Nettoeinkommen immer über dem Bürgergeld, wenn jemand arbeitet – vorausgesetzt, alle weiteren Sozialleistungen wie Wohngeld und Kinderzuschlag werden beantragt. Das Problem: Bei geringen Lohnsteigerungen bleibt von jedem Euro brutto häufig nur ein Bruchteil als Plus zum Bürgergeld übrig. Das sogenannte Erwerbsanreizproblem betrifft insbesondere Menschen in Niedriglohnsektoren oder mit Teilzeitjobs und hemmt den Wunsch nach breiterer Arbeitsaufnahme.
Was kostet das Bürgergeld den Staat?
Im Jahr 2024 flossen rund 51,7 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt in das Bürgergeld-System – ein starker Anstieg im Vergleich zu den 32 Milliarden Euro, die 2014 noch für das Arbeitslosengeld II aufgebracht wurden. Die Kosten decken nicht nur die Regelleistungen und die Miete, sondern auch Verwaltung, Eingliederungsmaßnahmen und Förderprogramme. Gemessen am gesamten Bundeshaushalt entspricht dies einem ähnlichen Anteil wie vor zehn Jahren beim ALG II – auch, weil der Haushalt insgesamt gestiegen ist. Für die kommenden Jahre ist eine leichte Senkung der Bürgergeld-Ausgaben geplant: 2025 werden rund 52 Milliarden Euro, 2026 knapp 51 Milliarden Euro eingeplant.