Für soziales Leben e. V.

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Kein Bürgergeld mehr für Ukrainer – die Folgen

Die Diskussion um die Streichung des Bürgergelds für ukrainische Geflüchtete in Deutschland gewinnt an Brisanz. Welche sozialen, finanziellen und integrationspolitischen Folgen hätte eine solche Maßnahme? Der folgende Artikel auf Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e.V., beleuchtet die Auswirkungen für Betroffene und Gesellschaft. Und: wir sagen unsere Meinung!

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Autor: Chef-Redakteur

Die Forderung, ukrainischen Geflüchteten das Bürgergeld in Deutschland zu streichen und sie stattdessen wieder auf die geringeren Asylbewerberleistungen umzustellen, ist zum zentralen Thema politischer Debatten geworden. Während die schwarz-rote Bundesregierung laut Koalitionsvertrag vorsieht, dass ukrainische Flüchtlinge, die nach dem 1. April 2025 einreisen, kein Bürgergeld mehr erhalten sollen, fordert unter anderem die CSU, diesen Schritt für alle Ukrainer umzusetzen – unabhängig vom Einreisezeitpunkt. Aber was wären die tatsächlichen Folgen einer solchen Änderung?

Rechtliche und finanzielle Auswirkungen

  • Unterschied Bürgergeld vs. Asylbewerberleistungen
    Bürgergeld liegt für alleinstehende Erwachsene aktuell bei 563 Euro im Monat, während Asylbewerberleistungen etwa 20 Prozent darunter liegen (rund 441 Euro). Für Hunderttausende Ukrainer, die bislang Bürgergeld beziehen, würde dies eine spürbare Kürzung der monatlichen Unterstützung bedeuten. Auch der Zugang zu Kranken- und Rentenversicherung ist über das Bürgergeld besser abgesichert als über das Asylbewerberleistungsgesetz.
  • Sparpotenzial und Bürokratie
    Experten sind sich einig, dass die Umstellung kurzfristig geringe Einsparungen bringen würde. Denn nach spätestens 36 Monaten erhalten Geflüchtete in der Regel ohnehin sogenannte Analogleistungen, die sich finanziell am Bürgergeld orientieren. Die Umstellung würde zudem eine erhebliche Mehrbelastung für die Verwaltung bedeuten, da hunderttausende laufende Verfahren neu bewertet und auf ein anderes Leistungssystem umgestellt werden müssten.

Soziale und integrationspolitische Folgen

  • Effekte auf die Integration in den Arbeitsmarkt
    Der ursprüngliche Wechsel der Ukrainer ins Bürgergeldsystem im Jahr 2022 sollte deren Integration in den Arbeitsmarkt fördern. Die Hoffnung: Mehr Unterstützung, Zugang zu den Jobcentern und gezielte Integrationsmaßnahmen. Die Realität zeigt jedoch, dass nur etwa ein Drittel der Ukrainer in Arbeit ist. Vielfach spielt Kinderbetreuung eine Rolle – denn es sind überwiegend Frauen mit Kindern aus der Ukraine in Deutschland, deren Männer meist im Kriegsgebiet bleiben.
  • Gefahr der Isolation und Verarmung
    Eine Kürzung der Leistungen könnte Armut und soziale Ausgrenzung unter den Betroffenen verschärfen. Besonders für Familien mit Kindern würde der geringere Lebensstandard eine stärkere Abhängigkeit von karitativen Angeboten bedeuten.
  • Anreize für Arbeit – Wunschdenken?
    Politische Befürworter argumentieren, geringere Leistungen würden Geflüchtete motivieren, schneller Arbeit zu suchen. Arbeitsmarktexperten bezweifeln das jedoch: Entscheidend für die Arbeitsaufnahme seien Sprachkenntnisse, Qualifikation und Kinderbetreuung. Die Mehrheit der arbeitsfähigen ukrainischen Geflüchteten bemüht sich laut Studien um Jobs, findet aber angesichts der Wirtschaftslage und Sprachbarrieren zu selten passende Stellen.

Politische und gesellschaftliche Debatte

  • Spaltung statt Lösung?
    Die Diskussion um das Bürgergeld für Ukrainer sorgt für Spannungen zwischen und innerhalb der Parteien. Während CSU ( u.a. Markus Söder) und Teile der CDU den Wechsel fordern, warnen SPD und Sozialverbände vor einer „Scheinlösung“ mit großen sozialen Nebenwirkungen und wenig Ersparnis.
  • Vergleich zu anderen Ländern
    Länder wie Polen und Tschechien haben deutlich höhere Integrationsquoten ukrainischer Geflüchteter in den Arbeitsmarkt – allerdings sind die Voraussetzungen und Arbeitsmarktbedingungen dort oft andere.

Meinungsäußerung des Vereins Für soziales Leben e.V. zur Streichung des Bürgergeldes für Ukrainer

Die geplante oder geforderte Streichung des Bürgergeldes für ukrainische Geflüchtete betrachten wir vom Verein Für soziales Leben e.V. mit großer Sorge und klarer Ablehnung.

Aus unserer Perspektive geht es nicht nur um finanzielle Zahlen oder vermeintliche Anreize, sondern um die Grundwerte von Humanität, Solidarität und sozialer Verantwortung. Die aktuellen politischen Vorschläge, das Bürgergeld für Ukrainer pauschal abzuschaffen und sie auf das niedrigere Niveau der Asylbewerberleistungen zurückzustellen, sind vor allem aus populistischen und haushaltsorientierten Motiven angetrieben – und nicht, weil die soziale Wirklichkeit es erforderte.

Folgen für Integration und gesellschaftlichen Zusammenhalt

Die Integration von Geflüchteten gelingt nicht durch Leistungskürzungen, sondern durch gezielte Förderung, Sprachkurse, psychologische und gesellschaftliche Begleitung sowie eine faire Chance am Arbeitsmarkt. Das Bürgergeld-System eröffnet Zugang zu besseren Integrationsmaßnahmen, eine Betreuung durch die Jobcenter und damit realistische Wege in Richtung Selbstständigkeit. Eine Leistungsabsenkung trifft vor allem Frauen mit Kindern, bereits verletzliche Familien und Menschen mit erhöhtem Unterstützungsbedarf. Die Folge wären Armut, gesellschaftliche Ausgrenzung und noch größere Hürden auf dem Weg zu echter Teilhabe, wie eine Vielzahl von Expertinnen und Experten bestätigen.

Gerechtigkeit und Gleichbehandlung

Oft wird argumentiert, eine Rückkehr zu den Leistungen nach dem Asylbewerbergesetz diene der „Gerechtigkeit“ gegenüber anderen geflüchteten Gruppen. Doch gerechte Politik misst sich an der Lebensrealität der Menschen und an der Würde jedes Einzelnen – sie darf nicht zum Wettbewerb im Nivellieren nach unten werden. Statt Sozialstandards abzusenken, sollte Deutschland einen integrativen Ansatz mit menschenwürdigen Lebensverhältnissen für alle verfolgen.

Solidarität – gerade jetzt

Die Menschen aus der Ukraine sind vor einem brutalen Krieg geflohen. Viele Frauen und Kinder sind ohne ihre Männer im Land, häufig traumatisiert und vor Herausforderungen stehend, die sich kaum jemand in unserer Gesellschaft vorstellen kann. In dieser Lage als reiches Land Solidarität zu zeigen, ist nicht nur unsere ethische Verpflichtung, sondern ein Zeichen von Anstand und Mitmenschlichkeit, auf das wir als Gesellschaft stolz sein sollten.

Verwaltung und Bürokratie

Die Umstellung auf niedrigere Leistungen bedeutet zudem einen enormen bürokratischen Aufwand für die Verwaltung, was die vermeintlich erhofften Einsparungen schnell relativiert. Weder der Arbeitsmarktintegration noch der öffentlichen Hand wäre mit einer solchen Maßnahme geholfen – im Gegenteil: der soziale Frieden stünde auf dem Spiel.

Unser Appell

Wir fordern die politisch Verantwortlichen auf, auf dem Boden der sozialen Gerechtigkeit zu bleiben, die Integration und den Zusammenhalt in den Mittelpunkt zu stellen und nicht zugunsten populistischer Stimmungsmache oder kurzfristiger Einsparungen die Lebensperspektive Hunderttausender Menschen in Frage zu stellen. Unsere Gesellschaft darf Geflüchtete nicht gegeneinander oder gegen sozial Schwache ausspielen, sondern muss humanitäre Grundsätze und Solidarität wahren.

Aus Sicht des Vereins Für soziales Leben e.V. wäre die Streichung des Bürgergeldes für ukrainische Geflüchtete ein sozialpolitischer und moralischer Rückschritt, den wir entschieden ablehnen.

Zusammenfassung: Kein Bürgergeld mehr für Ukrainer – die Folgen!

Die Streichung des Bürgergelds für Ukrainer würde kurzfristig vor allem zu erhöhtem bürokratischem Aufwand, sinkender finanzieller Sicherheit für die Betroffenen und vermutlich einer erschwerten Integration führen. Die tatsächlichen Einsparpotenziale sind gering, während das Risiko für soziale Spaltung und Verarmung steigt. Langfristig ist die Integration in Arbeitsmarkt und Gesellschaft vor allem von strukturellen Investitionen in Sprachförderung, Qualifikationen und Kinderbetreuung abhängig – nicht in erster Linie von Leistungskürzungen.

Redakteur