Reform: Von Bürgergeld zurück zur Grundsicherung
Die Bundesregierung plant, das Bürgergeld ab 2026 durch eine moderne Grundsicherung zu ersetzen – das Ende einer Reform, die erst 2023 in Kraft trat. Ziel ist eine vereinfachte, effizientere und stärker auf Arbeitsmarktintegration ausgerichtete Leistung. Doch Kernpunkt der Reform sind strengere Sanktionen und verschärfte Mitwirkungspflichten: Wer wiederholt Termine schwänzt oder sich verweigert, muss mit Kürzungen von bis zu 60 Prozent oder kompletten Streichungen rechnen. Auch die bisherige Karenzzeit bei der Vermögensprüfung wird abgeschafft; künftig zählt vorhandenes Vermögen sofort – Schonvermögen orientiert sich stattdessen am Alter und an der Lebensleistung.
Warum revoltiert die SPD-Basis gegen die neue Grundsicherung?
Der Protest kommt aus der Mitte der Sozialdemokratie: Jusos, Europaabgeordnete und der Arbeitskreis Migration und Vielfalt wenden sich in einem Mitgliederbegehren offen gegen die geplanten Verschärfungen. Im Mittelpunkt steht die Sorge, dass die Partei alte Fehler wiederholt und vulnerable Gruppen erneut stigmatisiert – mit radikalen Sanktionen und symbolpolitischen Maßnahmen gegen vermeintliche „Sozialschmarotzer“.
Die Initiatoren des Begehrens fordern:
- Keine Verschärfung der Sanktionen beim Bürgergeld.
- Mehr Unterstützung statt sozialer Härte.
- Stopp populistischer Narrative über Arbeitslose.
- Fokus auf die Ursachen von Armut – nicht deren Bestrafung.
Laut dem Papier seien Sanktionen, die das Existenzminimum gefährden, ein Angriff auf die Menschenwürde und widersprechen den Grundwerten der SPD.
Mitgliederbegehren: Ablauf und Einfluss
Ein Mitgliederbegehren innerhalb der SPD braucht zunächst Unterstützung von einem Prozent der Mitglieder. Wird das Quorum erreicht, folgt eine dreimonatige Frist für weitere Unterschriften – mindestens 20 Prozent der Basis müssen zustimmen. Dann entscheidet der Parteivorstand, ob er den Wünschen der Basis folgt oder es zu einem Mitgliederentscheid kommt. Zu den Unterzeichnern zählen prominente SPD-Linke und Vorstandsmitglieder, die ein Wiederaufleben der „Agenda 2010“-Politik verhindern wollen.
Was ist konkret an der neuen Grundsicherung anders?
| Merkmal | Bürgergeld (bis Ende 2025) | Neue Grundsicherung (ab 2026) |
|---|---|---|
| Sanktionen | Eingeschränkt, Rücksicht auf Mindestbedarf | Verschärft, schnelle Leistungskürzungen bis auf Null |
| Vermögensprüfung | Karenzzeit (Vermögen bleibt anfangs geschützt) | Sofortige Prüfung, Schonvermögen alters- und leistungsbezogen |
| Vermittlungsvorrang | Ausgesetzt, Fokus auf Weiterbildung | Rückkehr, Arbeitsaufnahme steht wieder an erster Stelle |
| Unterstützung | Fokus auf Coaching, Beratung | Stärkere Kontrollmechanismen, weniger Ermessensspielraum |
| Soziale Teilhabe | Stärker gefördert | Gefahr sozialer Isolation bei Sanktionen |
Die Koalition proklamiert mit der Reform eine „neue Sozialstaatsmodernisierung“, stellt aber Sozialstandards und Sicherheit für Empfänger stärker infrage. Besonders betroffen sind junge Erwachsene, Familien und Langzeitarbeitslose.
Stimmen aus der SPD: Kritik und Verteidigung
Konservative SPD-Vertreter loben die Reform als nötigen Schritt gegen Missbrauch – nach dem Motto „Wer nicht mitmacht, bekommt kein Geld“. Sie argumentieren, dass es innerhalb von fünf Millionen Leistungsempfängern nur wenige „Totalverweigerer“ gebe, an denen der Sozialstaat gescheitert sei. Der linke Flügel hingegen warnt: Das Existenzminimum darf nicht verhandelbar sein, sonst droht eine neue soziale Spaltung und Stigmatisierung – besonders angesichts steigender Armut und wachsender Ungleichheit.
Ist die SPD-Basis wirklich kurz vor einer Revolte?
Die Unzufriedenheit ist groß, vor allem unter jungen und urbanen Mitgliedern sowie in Landesverbänden mit hohen Arbeitslosenzahlen. Der Protest hat durch die prominente Erstunterzeichnerliste Einfluss auf die öffentlichen Debatten. Ob daraus eine echte Revolte gegen die Reform der Grundsicherung wird, hängt von der Bereitschaft des Parteivorstands ab, basisdemokratische Prozesse zuzulassen – und vom Druck der Medien und Gewerkschaften auf die SPD.
Fazit: Reform im Gegenwind – die SPD im Dilemma
Die neue Grundsicherung soll das Bürgergeld durch striktere Regeln und mehr Sanktionen ablösen. Kaum beschlossen, wächst in der SPD der Widerstand gegen die eigene Politik – getrieben von Angst vor sozialem Abbau und Stigmatisierung. Die Mitgliederbasis fordert eine Rückkehr zu solidarischen Werten und mehr Fokus auf echte Armutsbekämpfung. Ob die Revolte Erfolg hat, entscheidet sich in den kommenden Monaten – und könnte die deutsche Sozialpolitik weit über 2026 hinaus prägen.

