Bürgergeld trotz prall gefülltem Sparbuch: Ist das gerecht?

Bürgergeld trotz 85.000 Euro auf dem Sparbuch – Schonvermögen gerecht?
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Bürgergeld trotz 85.000 Euro auf dem Sparbuch – Schonvermögen gerecht?

Bürgergeld dient der Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums und wird an hilfebedürftige, erwerbsfähige Menschen gezahlt. 85.000 Euro auf dem Sparbuch und einen ungekürzten Anspruch auf Bürgergeld zu haben, ist durchaus möglich – aber auch gerecht?

Schonvermögen und Vermögensfreibetrag beim Bürgergeld

Eine der Neuerungen bei der Einführung des Bürgergeldes zum 1. Januar 2023 war die Erhöhung des Schonvermögens und die Schaffung einer Karenzzeit hinsichtlich des Vermögens.

Schonvermögen bedeutet, dass dieses Vermögen keine Rolle für den Anspruch auf Bürgergeld spielt. Es steht dem Bürgergeld Bezieher weiter zur Verfügung und muss nicht für den laufenden Lebensunterhalt eingesetzt werden.

Das erste Jahr, die ersten 12 Monate des Bezugs von Bürgergeld bildet zudem eine Karenzzeit. In diesem Jahr ist das Schonvermögen für eine Person der Bedarfsgemeinschaft fast verdreifacht worden.


Wie hoch ist das Schonvermögen beim Bürgergeld?

Wie viel Geld darf man auf dem Sparbuch haben, ohne es für dein Lebensunterhalt bei Bezug von Bürgergeld verwenden zu müssen? Man spricht auch von Vermögensfreigrenze oder Vermögensfreibetrag.

Die Höhe der Vermögensfreigrenze hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Geregelt ist sie in § 12SGB II, dem Bürgergeld Gesetz. Danach liegt die Vermögensfreigrenze pro Person einer Bedarfsgemeinschaft bei 15.000 Euro. Eine Bedarfsgemeinschaft ist in der Regel die Familie. Zudem gilt, dass die einzelnen, pro Person bestehenden Vermögensfreigrenzen addiert und die Summe für die gesamte Bedarfsgemeinschaft, sprich: Familie, gilt. Es kommt nicht darauf an, auf wessen Konto sich das Geld befindet.

Beispielrechnung zu Schonvermögen und Vermögensfreibetrag

Nehmen wir eine durchschnittliche Familie, Vater, Mutter und 2 Kinder. Jeder Person, auch die Kinder, haben einen persönlichen Vermögensfreibetrag von 15.000 Euro. Zählt man die einzelnen Freibeträge zusammen, so ergibt das 60.000 Euro für die gesamte Bedarfsgemeinschaft. Auf wessen Sparbuch sich das Geld befindet, spielt keine Rolle. Es kann auf Sparbüchern der Eltern und Kinder verteilt sein,. Der Geldbetrag kann sich aber auch allein auf dem Sparbuch von Mutter oder Vater befinden. Entscheidend ist nur, dass die für die Bedarfsgemeinschaft (Familie) geltende Vermögensfreigrenze von 60.000 Euro nicht überschritten wird.


Schonvermögen während der einjährigen Bürgergeld Karenzzeit

Während der einjährigen Karenzzeit beträgt das Schonvermögen für eine Person der Bedarfsgemeinschaft 40.000 Euro. Für die übrigen Personen verbleibt es bei jeweils 15.000 Euro.

Nehmen wir wieder das Beispiel der vierköpfigen Durchschnittsfamilie, so ergibt sich das in der Überschrift genannte Schonvermögen von 85.000 Euro.

Sinn und Zweck des Vermögensfreibetrages, des Schonvermögens

Man muss sich vor Augen halten, dass nur wenige Bezieher von Bürgergeld solche Summen auf ihrem Sparbuch haben, dass sie die jeweilige Vermögensfreigrenze erreichen. Es kommt aber durchaus vor, dass Familien unverschuldet in Not geraten und auf den Bezug von Bürgergeld angewiesen sind. Im ersten Jahr des Bürgergeld Bezugs ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass eine neue Arbeitsverhältnisse bzw. Erwerbstätigkeiten gefunden werden und so der Bezug von Bürgergeld wieder beendet werden kann.

Es wäre unverhältnismäßig, wenn ein in Not geratener Mensch sofort verpflichtet wäre, sämtliche Ersparnisse aufzubrauchen. Wir leben in Deutschland in einer sozialen Gesellschaft. Auch Bezieher von Bürgergeld haben vor ihrer Notsituation Steuern gezpahlt und geholfen, ein soziales Netz aufzubauen und zu erhalten.


Antwort: Ja, 85.000 Euro auf dem Sparkonto für eine Familie, das ist gerecht

Deshalb lautet die Antwort auf die in der Überschrift gestellte Frage: Ja, es ist gerecht, dass Bürgergeld-Bezieher 85.000 Euro auf dem Sparbuch haben dürfen, ohne diese Summe für den Lebensunterhalt verwenden zu müssen.

Zum einen: Die 85.000 Euro sind der Familie nicht geschenkt worden. Sie sind erarbeitet. Es handelt sich dabei nicht um Bürgergeld, um eine Geldsumme, die der Staat gezahlt hat.

Zum anderen: Jeder kann vom Schicksal getroffen werden und in eine Notsituation geraten.

Eine Besinnung auf die Menschenwürde, auf das Sozialstaatsgebot und auf Mitmenschlichkeit sollten jegliche Missgunst- und Neidgedanken verdrängen bzw. nicht aufkommen lassen.

Das ist unsere Meinung!